Tannin

Verwendung der nötigen Zutaten
Birgit
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Tannin

Beitrag von Birgit »

Hallo,

wir haben ja schon des öfteren im Forum über Tannin und seine positiven Eigenschaften im Geschmack und bei der Klärung diskutiert. ich habe in einem Buch einen interessanten Absatz über Tannin gefunden:


Aus einem Buch von Jens Piewe:

Tannin ist ein nobler Inhaltsstoff des Weines. Es läßt die Weine alt werden und gibt ihnen die Möglichkeit, sich auf der Flasche noch zu verfeinern. Chemisch betrachtet ist Tannin ein Gerbstoff, ein Abkömmling der Polyphenole. Man findet es auch in den Traubenstielen und in den Kernen, doch diese Tannine sind wegen ihrer Agressivität unerwünscht. Willkommen hingegen die Tannine aus den Beerenhäuten. Je länger bei der Gärung die Schalen dabei sind, desto stärker werden sie ausgelaugt. Tanninhaltige Weine schmecken pelzig auf der Zunge, herb und rauh. Doch im Laufe der Zeit baut sich das Tannin von selbst ab.
Was passiert: Die molekulare Struktur der Phenole ändert sich. Die Tannin-Moleküle verketten sich miteinander. Sie polymerisieren, werden zu Großmolekülen und gehen damit aromatische Verbindungen ein. Das Tannin wird mürber, der Wein weicher.

Nun kommt noch interessanterweise das Barrique ins Spiel. In den neuen 225 Liter Fässern aus Eiche werden zunächst einmal weitere Tannine in den Wein hineingebracht, der Wein wird weiter mit Gerbstoffen angereichert. Das Tannin des Holzes besitzt jedoch eine andere molekulare Struktur als die Tannine der Beerenhäute. Es besitzt die Eigenschaft, sich relativ schnell mit diesen zu verketten und somit den Wein noch während der Ausbauphase zu entschärfen. Nebeneffekt dieser schnelleren Reifung sind aromatische Stoffe aus dem Holz, die dann auch in den Wein gelangen und nicht immer erwünscht sind.

Darum schmeckt ein gelagerter, reifer Wein einzigartig.

Wobei auch hier beachtet wird das Tannine aus Stengeln und Stielen, nicht gleich zu setzten sind mit Tanninen aus den Früchten selber, im Gegenteil der Verbleib von Stengeln und Stielen im Ansatz führt zu Bitterkeit und Fehltönen. Außerdem entsteht bei der Vergärung von holzigen Bestandteilen Methanol welches für den Menschen giftig ist.

Ich hoffe dieser Beitrag rundet die Beiträge über Tannin ab.

Birgit


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fibroin
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Tannin

Beitrag von fibroin »

Gut zu wissen.
:P
Interssant ist, dass wenn man Tannin im Weinhandel kauft (hier Hefereinzucht Schlag Aalen), bekommt man eine silberne Flachtüte, in der nach Aufschrift 10 g Tannin zur Schönung drin ist.

Innen ist ein okerfarbenes Pulver.

Also nix von was für auch immer Schalen-, Stiele-, Kerne- oder Holztannine. Und auch nur Anwendung zur Schönung.
:(

Nächstes mal bin ich beim Kauf kritischer.

Ich glaube, Tannin ist noch ein weites Feld für uns Fruchtweinbereiter.

Darum Dank an Birgt für diesen interesanten Text
8-)

Fibroin
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Naja, das Tannin ist sicher nicht nur für Schönungszwecke zu gebrauchen, wir haben das bisher auch immer für unsere Honigweine verwendet.
Interessant ist, das es bei Brouwland zwei Sorten Tannin gibt, ein helles und ein dunkles. Gibt laut Text auch dem Bier Charakter :) soviel zur belgischen Antwort auf das deutsche Reinheitsgebot. Naja, wenn es denn schmeckt...
Wir haben die Sorten mal geordert, aber noch nicht ausprobiert. Mal sehen, ob die sich geschmacklich unterscheiden...
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Beitrag von roman »

Hallo, hab mal wieder n paar fragen.hab jetzt nen kiwiwein angesetzt, nach eurem rezept soll da ja auch tannin rein, sind kiwis auch gerbstoffarm? hat tannin auch eine konservierende wirkung oder ist das nur wegen des geschmacks.Bei dem tannin das ich bei vierka bestellt habe steht übrigens grape tannin drauf, ist wohl aus grapefruits.und noch was: vitamin b1 soll ja den schwefelbedarf verringern. weis einer wie viel b1 wie viel schwefel ersetzen oder sollte man einfach beim schwefel bleiben? :schlecht:
Birgit
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Tannin

Beitrag von Birgit »

Hallo,

Grapetannin heiß Traubentannin.

Bei Kiwis setzen wir es aus Geschmacksgründen ein, weil Kiwis wenig Gerbsäure beinhalten und es wirkt sich meist positiv bei der Klärung aus.

In wieweit man mit Vitamin B1 Schwefel einsparen kann, haben wir noch nicht ausprobiert.

Gruß Birgit
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Grüssle,

Schwefeldioxid/SO2 greift Vitamin B1 an, was ein Problem bei Leuten mit Vitamin B1-Mangel sein kann. Vitamin B1 wird beim Wein eigentlich verwendet, um die Gäraktivität von Hefen zu fördern. Dass dadurch Schwefel eingespart werden könnte, ist mir neu. Was ist Deine Quelle?

Tannine/Gerbsäuren sind generell antimikrobiell. Ich habe versucht, Infos über den Tanningehalt von Kiwis zu bekommen, und habe wiedersprüchliche Angaben gefunden. Mir auch nicht klar, ob das Tannin nur in der Schale oder auch im Fruchtfleisch zu finden ist. Ein Wert für Kiwis, den ich gefunden habe, ist 9 g/kg. Damit liegt die Kiwi im Vergleich zu anderen Früchten im Mittelfeld. Geht alles Tannin in den Wein über, so würde ich also einen Tanningehalt von stolzen 4,5 g/l erwarten. Aber wie gesagt, das ist theoretisch, denn ich habe keine Ahnung, wieviel Tannin in den Schalen ist, die ja nicht mit verwendet werden. Zum Vergleich: Kräftige Rotweine erreichen Werte von über 3 g/l (Maischegärung mit Schalen). Weißweine enthalten so etwa 0,2 g/l Tannin (Saftgärung ohne Schalen).

Vielleicht müssen wir bei Gelegenheit doch mal eine Tanninbestimmung versuchen, damit wir das Rätsel um den Tanningehalt im Kiwiwein lösen können :D Ich kann nur sagen: Mit dem extra Tannin wie im Rezept angegeben hat es uns jedenfalls besser geschmeckt. Die angegebene Menge im Rezept von 0,1 g/l Tannin ist jedenfalls nicht allzu hoch und wird nicht großartig stören, auch wenn der Wein schon viel Tannin enthalten sollte.

Ein weiterer Punkt, zu dem ich nicht viel sagen, ist die geschmackliche Qualität der Tannine. Das ist ja ein Sammelbegriff für eine riesige Stoffgruppe. Ich kann mir vorstellen, dass die Tannine sich je nach Herkunftsplanze geschmacklich unterscheiden.

[Dieser Beitrag wurde am 27.12.2004 - 13:31 von Fruchtweinkeller aktualisiert]
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Beitrag von roman »

klar, ich trottel, grape heist ja traube.
Dass man damit schwefel einsparen kann, stand auf dem tütchen. Meine es aber auch schon ein paar mal auf internet seiten gelesen zu haben, bin mir aber nicht ganz sicher.
roman
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Beitrag von roman »

ausserdem steht das noch im kitzinger weinbuch
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

dann habe ich es da überlesen ;)

Davon abgesehen glaube ich nicht, dass das stimmt. Tannin reagieren zwar mit geringen Spuren Sauerstoff (das ist die Mikrooxidation, bei der die Polyphenole zunehmend polymerisieren, wodurch der Tanningeschmack "weicher" wird). Um diesen Prozess in Gang zu setzten, sind aber nur allerkleinste Mengen Sauerstoff nötig, die mit dem Tannin reagieren. Dabei entsteht Wasserstoffperoxid, was Aromen und Bukettstoffe angreift, insbesonere, wenn der Wein keinen Oxidationsschutz wie Schwefel aufweist. Das ist der Grund, warum auch tanninreiche Weine nicht ohne Schwefel auskommen. Tatsächlich habe ich mal auf der Homepage eines Winzers gelesen, der gänzlich ungeschwefelte Rotweine anbietet (die ja einiges an Tannin enthalten), dass diese nur wenige Wochen im Kühlschrank haltbar wären.



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Beitrag von roman »

ich meinte auch nicht, dass tannin den schwefelbedarf reduziert sondern das vitamin b1 oder verstehe ich da jetzt was falsch :schlecht:
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Ups, da habe ich Deine beiden Fragen nochmal erfolgreich durcheinander gebracht, sorry ;)

Ich habe zum Thema Vit.B1 nochmal nachgeschlagen und habe einen möglichen Hinweis im Buch "Gärprobleme" von Steidl/Renner gefunden. Dort steht, dass zu wenig Vit. B1 im Most zu einer verstärkten Bildung von schwefelbindenden Gärungsnebenproduktion wie Pyruvat und Ketoglutarat führt. Anders herum ausgedückt würde das beeuten, dass Weine mit zu wenig Vitamin B1 eine stärkere Schwefelung erfordern, weil Schwefel weggefangen wird. Nun steht dort aber auch, dass reife und gesunde Trauben normalerweise genügend Vitamin B1 besitzen. Über den Vit. B1-Gehalt der verschiedenen Früchte ist mir nichts bekannt. Unsere Weine gären jedenfalls wie der Teufel auch ohne extra Vit. B1.
Fazit: An der normalen Schwefelung kommt man nicht vorbei, egal ob man das Vitamin extra hinzu gibt oder nicht.

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Beitrag von vladdi78 »

Ich schieb den Tröt mal wieder nach oben, aus einem (für mich) aktuellen Anlaß: Kaki-Wein.

Kakis enthalten schon ordentlich Tannine, zumindest solange sie nicht reif und / oder gefrostet wurden. Beides ist bei meinen Kakis nicht der Fall, wobei sie aber schon die Farbe von Mandarinen haben, und damit demnächst reif zur Verarbeitung sind.

Nun werden Tannine ja durch Frost abgebaut. Da kommt bei mir die Frage hoch, ob man die Kakis vorher mal frosten sollte, um den Tanningehalt zu senken, oder ob man sie so lassen sollte wie sie sind, in Hinblick auf die evtl. lange Laberfähigkeit und das Bouquet, daß sich durch Tannine und lange Lagerzeit aufbaut. Und ob bei der Verdünnung überhaupt die Tannine noch groß ins Gewicht fallen...

Hier bräuchte ich mal Hilfe des Tannin-erfahrenen Publikums! :shock:

Aus einem Teil mach ich Marmelade, die werden sowieso gefrostet. ^^
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