Neue Hefe in abgeschlossene Gärung.

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Streuobstwiese
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Neue Hefe in abgeschlossene Gärung.

Beitrag von Streuobstwiese »

hi

Neulich habe ich einen Apfelwein (Gärung abgeschlossen, abgefüllt, 10% vol., kein Schwefel jedoch kalte Lagerung als Versuch) mit Apfelkompott und kleingeschnittenen Äpfeln versetzt, um eine Maische zu erhalten. Weil ich annehmen musste, dass die Hefe fertig mit der Welt ist, habe ich das Gemisch mit einer anderen Maische "geimpft"(etwa 1l). Die Gärung ging jedoch unmittelbar nach dem vermischen los, sodas ich davon ausgehe, die Haut Sauternes Hefe hat sich bekrabbelt und futtert munter los.

Inzwischen ist der Brei bei 13% angekommen, Was für Haut Sauternes ja in Ordnung ist. Es schmeckt aber eher bitter als süß, was für die andere spricht.

Ist das jetzt Zufall gewesen, wenn die neue Hefe sich durchsetzt, oder generell machbar. Denn so könnte ich ja aus einer laufenden Gärung eine kleine Menge abnehmen, als Starter für eine Neue.
Hatte immer im Hinterkopf, man solle keine Hefestämme miteinander mischen, warum auch immer. Was könnte passieren?

Hat jemand eine Erklärung, Korrektur oder einfach nur eine Anmerkung?

mfg
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Also wenn ich das richtig verstehe war die eine Hefe ausgehungert und die andere aus einer relativ frischen Maische? Die eine befindet sich in einem Ruhestadium kurz vor dem Tode (melodramatisch ausgedrückt) und braucht sicherlich Zeit um sich an das neue Nahrungangebot anzupassen. Die andere ist bereits voll aktiv Blüte und überwächst die alte Hefe. Das würde ich so erwarten.

Klar kannst Du aus einer laufenden Gärung etwas Hefe abnehmen für einen neuen Ansatz. Ein frischer Gärstarter ist im Prinzip nichts anderes ;)

Wenn man verschiedene Hefestämme mischt kann es vorkommen, dass die eine Hefe die andere mit der Zeit verdrängt und überwächst, was freilich nicht schlimm wäre. Sie können sich aber auch kreuzen, wodurch sich die Hefen theoretisch in ihren Eigenschaften verändern können, was sich womöglich schlecht auf ihre Gäreigenschaften auswirken kann.

Irgendwo habe ich mal aufgeschnappt, dass die Gäraktivität generell abnehmen kann, wenn man die Hefen wiederholt von Ansatz zu Ansatz überimpft. Obs stimmt? Keine Ahnung! Es kann jedenfalls nicht schaden, wenn man sich gelegentlich frische Hefe besorgt. Auf jeden Fall verringert man so die Gefahr, dass die Weinhefen immer stärker mit Wildhefen oder anderen schädlichen Mikroorganismen durchsetzt werden.

[Dieser Beitrag wurde am 08.03.2005 - 21:34 von Fruchtweinkeller aktualisiert]
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Beitrag von Streuobstwiese »

hi

alles klar. danke.

mfg
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fiddler
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Beitrag von fiddler »

"Irgendwo habe ich mal aufgeschnappt, dass die Gäraktivität generell abnehmen kann, wenn man die Hefen wiederholt von Ansatz zu Ansatz überimpft."

Klingt so, als würde das von einem Hefe-Hersteller stammen...

Das Argument mit der Verunreinigung stimmt aber wahrscheinlich. Wir backen selbst Brot aus reinem Sauerteig. Den Sauerteigansatz führen wir fort. Ungefähr alle halbe Jahre gefällt uns aber der Geruch nicht mehr, und wir setzen ihn neu an. Das ist sicher so etwas ähnliches, wobei der Sauerteig durch offene Lagerung noch wesentlich größere Chancen hat, sich "etwas wegzuholen".
Viele Grüße aus Thüringen!
fiddler

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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Ich weiß definitiv dass einige Winzer ihre Hefen alle ein, zwei Jahre auf Sporulationsplatten geworfen haben, weil die Gärfähigkeit hinterher angeblich besser war.
Ich kann jetzt nur Vermutungen anstellen: Man findet viele Veröffentlichungen die berichten, dass industrielle Weinhefen oft genetisch heterogen sind (im Gegensatz zu Laborstämmen). Sie würfeln wohl öfter ihr Genom etwas durcheinander, durch mobile genetische Elemente, Cross-over und Genkonversion. Für die Hefe bringt das den Vorteil, dass sie sich ggf. so schneller verändern und anpassen kann als nur durch spontane und seltene Mutationen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Gärfähigkeit einer Kultur auf langfristig darunter leiden kann.
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Beitrag von Lynx »

Ist wohl auch die Frage ob die Hefen durch den Ethanol-Selektionsdruck nicht irgendwie dorthin gedrängt werden weniger zu gären um länger zu überleben. Also ich denke gelegentlich kann man damit sicher überimpfen aber auf Dauer sollte man wohl auch Mal neue Hefen ins Spiel bringen.

Gruß

Lynx
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Beitrag von Streuobstwiese »

hi

war sehr informativ.
fazit: für reintönigkeit immer neu ansetzen, und dem labor vertrauen. für spontane kleine experimente ist es möglich, das ergebnis kann jedoch leicht verfälscht sein.

danke
mfg
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