Was tun bei 60%iger Milchsäure?

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Xorxus
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Was tun bei 60%iger Milchsäure?

Beitrag von Xorxus »

Hallo,

ich habe mir eine wohl etwas exotische Milchsäure angeschafft, wie es scheint.

Erst ist die Konzentration laut Etikett schon mal 60% und nicht 80%.
Und dann lautet die Dosierungsanleitung (frei übersetzt):
Für Weine mit zu geringem Säuregehalt benutzen Sie 10ml pro 4,5 Liter Wein. Für sehr säurearme Weine nehmen Sie die ganze Flasche (57ml).

Meiner Meinung nach ist das wohl etwas zu lax angegeben. Es wird ja gar kein schon vorhandener Säuregehalt berücksichtig. Und den Endsäuregehalt selbst wählen kann man auf diese Weise schließlich auch nicht.

Es steht ja die Aussage, dass man 12,5 ml 80% Milchsäure hinzufügen muss, um die Säuremenge von 10 l Wein um 1 g/l zu erhöhen.
In einem anderen Beitrag dieses Forums begründet der Administrator "Fruchtweinkeller" dies so:

---------------------------------------------------

Die Dichte der 80%igen Milchsäure beträgt 1,2g/ml

1ml 80%ige Milchsäure enthält also 0,96g reine Milchsäure

damit sind in 1,25ml 80%iger Milchsäure 1,2g reine Milchsäure enthalten

und 1,2g Milchsäure entsprechen ja 1g Weinsäure

----------------------------------------------------

Wüsste ich jetz also die Dichte meiner 60%igen Milchsäure, könnte ich die obige Aussage ganz einfach umrechnen. Dabei ergeben sich aber folgende Fagen:

Ich habe mal nachgeschlagen und im Chemie-Buch steht, dass Milchsäure ein spezifisches Gewicht von 1,209 g/ml hat. Da im Buch zu diesem Wert keine weitere Verdünnung angegeben ist, gehe ich mal davon aus, dass es sich hierbei um reine, 100%ige Milchsäure handelt.
Ja wie? :?:

1. Hat jetzt 80%ige oder 100%ige Milchsäure die Dichte 1,2g/ml?

2. Womit ist die verdünnte Milchsäure überhaupt verdünnt?


Denn wenn man die Dichte 100%iger Milchsäure, die Dichte des Verdünnungsmediums und das Mischungsverhältnis kennt, kann man die Gesamtdichte ja leicht mittels Dreisatz ausrechnen. Aber dann käme mir die obige Aussage, dass die Dichte von 80%iger Milchsäure 1,2g/ml beträgt nur logisch vor, wenn das verdünnende Medium die gleiche Dichte wie Milchsäure hätte.

Das alles stimmt natürlich nur, wenn meine folgende Annahme stimmt:

3. Ich verstehe es doch richtig, dass sich die %-Angabe bei verdünnten Säuren auf das Gewicht bezieht, oder?
Also enthält 1g 80%ige Milchsäure 0,8g reine Milchsäure und 0,2g eines neutralen Mediums?



Noch mehr verwirrt mich, dass mein Acidometer-Set (auch gerade gekauft) laut Anleitung den ermittelten Säuregehalt nicht wie üblich in g/l ausgibt, sondern in ppt (parts per 1000).
Also doch wohl in Volumeneinheiten bezogen aufs Gesamtvolumen, statt der üblichen Gramm-Anzahl bezogen auf einen Liter, oder verstehe ich da was falsch?

Bsp.: Laut Angabe in der Beschreibung ist der Säuregehalt z.B 4,5 ppt, wenn die Farbe bei 4,5 ml zugegebener Lauge umschlägt.

4. Dann bedeutet 4,5 ppt doch nichts anderes, als 4,5 tausendstel meiner Probe sind Säure, oder?

Also z.B 4,5 ml Säure in einem Liter Wein.
Dann müsste ich das nochmal in g/l umrechnen!
Nehme ich dazu die Dichte der Milchsäure?

Das ist ja direkt mal ein guter Start in die Weinherstellung. Naja, wenigstens beschäftige ich mich schon direkt zu Beginn gründlich mit der Materie.

Wer kann mir bei meinen kleinen Verständniss-Problemen weiterhelfen?

Gruß,

Xorxus
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Was tun bei 60%iger Milchsäure?

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Also das ganze nachfolgende Gedöhns ist eigentlich für Dich unnötig. Für die 80%ige Milchsäure benötigt man 1,25 ml, um die Säuremenge (bezogen auf Weinsäure) um 1 g/l zu steigern. In der 60%igen Milchsäure ist weniger drin, und zwar um den Faktor 80:60=1,33. Sprich von der 60%igen Milchsäure brauchst Du 1,33x1,25=1,66 ml (statt 1,25).


Hab mir nochmal ein aktuelles Sicherheitsdatenblatt zur Milchsäure gezogen. Darin steht: Dichte von 80%iger Milchsäure beträgt bei 20°C 1,19-1,25 g/cm3. Also können wir die 1,2 g/ml näherungsweise mal stehen lassen. Es handelt sich um ein wässrige Lösung, Lösungsmittel ist also nichts anderes als Wasser.

So eine Lösung setzt man entweder w/v (weight per volume) oder w/w (weight per weight) oder v/v (volume per volume) an. Für eine 80%ige Lösung würde das bedeuteten:

w/v: 0,8 g Milchsäure mit Wasser auffüllen auf 1 ml Endvolumen

w/w: 0,8 g Milchsäure plus 0,2 g Wasser (Endvoluem ist nicht 1 ml)

v/v: 0,8 ml Milchsäure auffüllen mit Wasser auf 1 ml Endvolumen (aufgrund von Volumeneffekten kann die Menge des dafür benötigten Wassers von 0,2 ml abweichen)

Ich bin mir nicht sicher, wie die 80%ige Milchsäure hergestellt wurde und finde dazu leider auf die Schnelle keine konkreten Hinweise.

Die von Dir zitierte Rechnerei geht von der Annahme aus dass die Lösung w/w angesetzt wurde. Aber dessen bin ich mir nicht sicher; vielleicht zufällig kommt das richtige heraus :D Aber, wie gesagt, zum richtigen Einsatz Deiner 60%igen Lösung brauchen wir das gar nicht genauer zu wissen.

Zum Titrieren:

Zu der Angabe in ppt. Die meinen wohl "parts per tausend" also 1:1000? Würde ja Sinn machen (Angabe in Gramm pro Liter, 1 Liter Wasser = 1000 g). Aber vergiß das mal ganz schnell. In der gesamten Restwelt heißt ppt nämlich "parts per trillion" also 1:1000000000000 (müssten 12 Nullen sein für den Fall dass ich mich vertippt habe). Die Angabe ist so also völlig blödsinnig.

Das Ergebnis der üblichen Titrationen bezieht sich immer auf g/l (also w/v) Weinsäure. Da anderen Säuren ein anderes Verhältnis von Molekülmasse zu Säuregruppe haben können als Weinsäure (siehe Beispiel unten) muss man ggf. eben andere Mengen als 1 g/l zugeben um in der Titration eine Veränderung von 1 g/l zu messen. Im Falle der Milchsäure braucht man eben 1,2 g, und die sind in halt in den 1,25 ml Milchsäure enthalten. Ist halt so :)


Beispiel zur Molekülmasse (molare Masse)
Weinsäure: Hat eine Molare Masse von 150 und zwei Säuregruppen pro Molekül. Das entspricht einer molaren Masse von 75 pro Säuremolekül.

Milchsäure: Hat eine molare Masse von 90 und eine Säuregruppe pro Molekül.

Daraus resultiert: 75 g Weinsäure haben ebenso viele Säuregruppen wie 90 g Milchsäure. Oder (gekürzt durch 75): 1 g Weinsäure hat ebenso viele Säuregruppen wie 1,2 g Milchsäure.

Da ja 1,2 g Milchsäure in 1,25 ml 80%iger Milchsäue enthalten sind müsste ich eigentlich ausrechenn können wie die Lösung ursprünglich angesetzt wurde... Aber dafür bin ich jetzt zu müde :?:
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Was tun bei 60%iger Milchsäure?

Beitrag von Tompson »

Oh Gott Andreas :schlecht:

Seinen Wert mit 1,66 ml zur Steigerung der Säuremenge für 1g/l hat er ja nun.
Aber was soll der arme Kerl mit seinem so merkwürdig unterteilten Acidometerset machen? Rückschicken und eins mit vernünftiger Skala kaufen oder kann er die Angabe irgendwie umwurschteln?

:(
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Wir haben ja eine berechtige Vermutung was das heißen soll (also g Säure pro Liter). Also Acidometer ist brauchbar auch wenn die Beschriftung blödsinnig ist.
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Beitrag von Tompson »

Fruchtweinkeller hat geschrieben: Zu der Angabe in ppt. Die meinen wohl "parts per tausend" also 1:1000? Würde ja Sinn machen (Angabe in Gramm pro Liter, 1 Liter Wasser = 1000 g). Aber vergiß das mal ganz schnell. In der gesamten Restwelt heißt ppt nämlich "parts per trillion" also 1:1000000000000 (müssten 12 Nullen sein für den Fall dass ich mich vertippt habe). Die Angabe ist so also völlig blödsinnig.
Also dieser Absatz heißt dann für mich als rasiermesserscharf nachdenkenden Grundschulabgänger:

Das aufgedruckte ist vollkommen unbrauchbar.
Die Angaben können aber nichts anderes aussagen und somit ist ppt=g/l
:D :schlecht:

Ich fühle mich irgendwie wie Bernd das Brot ?-|
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Alles ist wie immer. Nur schlimmer.

Mist.

:mrgreen: :D
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Was tun bei 60%iger Milchsäure?

Beitrag von fibroin »

Tja.
Wollte ich mich jetzt nicht mit beschäftigen. Ich hoffe, Xorxus hat alles verstanden, denn der hat ja die ungenormte Milchsäure.

Xorxus hast du dein Material aus Deutschland bezogen? nicht dass es uns auch mal so geht wie dir. :schlecht:
Wenn du dich wohlfühlst, mache dir keine Sorgen. Das geht wieder vorbei.
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Was tun bei 60%iger Milchsäure?

Beitrag von Xorxus »

Na... jetzt ratet doch mal, WO ich den Kram gekauft habe?

Es gibt doch wohl nur EIN Land, dass gerne ALLES anders macht. Gerade wenn es um Einheiten geht.
Ich lebe derzeit in Großbritannien und dort habe ich das Zeug auch bestellt.
Da habe ich mich gerade ans Links-Fahren, Zoll-Maße, andere Strom-Stecker, Tanksäulen ohne einrastbaren Zapfhahn, verkehrt herum einzusteckende Schlüssel in Türschlösser, Punkt statt Komma bei Dezimalzahlen, dass eine 7 wie bei uns eine 1 geschrieben wird (hat mich am Anfang ein 3-wöchiges Warten auf einen wichtigen Brief aus Deutschland gekostet) und an die Tatsache gewöhnt, dass JEDER Pup und 23.00 Uhr schliesst... und dann DAS!!!

Ja die Briten sind schon ein eigenes Völkchen! :D

Naja, ihr habt mir auf jeden Fall mal weiter geholfen.
Vielleicht fällt ja jemandem eine "saure Referenz-Flüssigkeit" im Säurebereich von Wein ein, die ich mal mit meinem Säure-Set testen kann, um sicher zu gehen, dass die Messwerte richtig sind.
Mir fällt auf Anhieb nichts passendes ein, von dem man den Säuregehalt schon vorher kennt.

Danke für eure Mühe,

Xorxus

[Dieser Beitrag wurde am 13.10.2005 - 19:56 von Xorxus aktualisiert]
Birgit
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Was tun bei 60%iger Milchsäure?

Beitrag von Birgit »

Nimm Citrat und mach Dir eine Referenzmischung.

Gruß Birgit
Aus dem Feuerquell des Weines, aus dem Zaubergrund des Bechers,
sprudelt Gift und süße Labung, sprudelt Süßes und Gemeines;
nach dem eig'nen Wert des Zechers, nach des Trinkenden Begabung! (Friedrich von Bodenstedt)

Sorry, aber ich antworte nicht auf PMs, die inhaltlich ins Forum gehören!

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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Gute Idee.
Zitronensäure gibt es in zwei Qualtiäten, mit und ohne Kristallwasser. Vom Monohydrat (ein H2O-Teilchen) entspricht 0,993 g einem Gramm Weinsäure; vom Anhydrat (ohne Kristallwasser) entspricht 0,853 g einem Gramm Weinsäure.
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