Granatapfelwein

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JasonOgg
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Granatapfelwein

Beitrag von JasonOgg »

Der Virus hat mich endgültig gepackt. Da die Schlehen noch eine Woche warten sollen mache ich einen anderen Wein. Eine meiner Lieblingsfrüchte hat gerade Saison, der Granatapfel. Da er laut Wikipedia als als Grenzfall einer Beere anzusehen ist habe ich es hier eingeordnet. (Bitte verschieben, falls notwendig)

Vorweg, es wird mein dritter Wein, die Ami-Rezepte gefallen mir nicht, also versuche ich das hier gelernte anzuwenden und bedanke mich mit meinem Erfahrungsbericht und vielleicht einer Kostprobe bei einem Usertreffen. Denn man los ...

Zuerst zum Granatapfel selber. Er entwickelt sich so langsam zur Modefrucht wegen verschiedener gesundheitlicher Aspekte, mehr dazu im Internet. Zumindest behauptet meine Schwiegermutter, dass ihr Cholesterinspiegel seit regelmäßigem Granatapfel(-Saft) Genuß deutlich gesunken sei. Dafür geht sie sogar in einen Türkenladen. Wir essen ihn weil er uns schmeckt und eine tolle Farbe hat.



Hier ein Bild einer iranischen Frucht. Als Maßstab habe ich einen 5ml Glasballon danebengestellt. :D

Es gibt verschiedene Sorten, meistens kommen sie aus der Türkei oder Spanien. Meistens sind die dunkleren die saureren, aber auch aromatischeren. Die kleineren helleren sind teilweise zu süß um das typische Granatapfel Aroma zu haben.

Die Reife erkennt man an den Resten der Blüte, je weiter offen der Stern ist, desto reifer ist er. Leider sind sie oft abgebrochen, so dass man es schlecht sieht und raten muss. Je reifer er ist, desto besser löst er sich von Schale und Haut. Sie reifen übrigens nicht nach beim Liegenlassen. Frische Granatäpfel sind gleichmäßig rund, wenn sie älter und trockener werden kann man die Segmente von außen erkennen, sie werden kantig. Je älter sie sind , desto größer ist die Gefahr brauner, verderbender Kerne, welche auch in frischen zu finden sind. Wenn ein Granatapfel von außen braune Flecken hat, an denen man die ledrige Haut eindrücken kann, dann würde ich ihn liegenlassen. In den Blütenständen kann schon mal Schimmel sein, aber solange die Schale unverletzt ist, wird man innen nichts finden.

Die Preise bewegen sich zwischen 2,50-5,99€ das Kilogramm beim freundlichem Händler mit Migrationshintergrund. Der auf dem Bild hat 1,80€ gekostet und wiegt 513g, also kein billiges Vergnügen. Für den Wein habe ich 4,7kg der 2,50€ Klasse ausgewählt.

Fortsetzung folgt ...
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JasonOgg
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Beitrag von JasonOgg »

So, wie verarbeite ich die Granaten? Eine Warnung vorweg, der Saft färbt sehr stark, aber nicht unbedingt rot. Man bekommt graue Fingerkuppen, wenn man sich nicht rechtzeitig die Finger wäscht. Im Orient sollen damit sogar Teppiche gefärbt werden.

Sie sind teuer, ich bin geizig, also möchte ich jedes Kernchen haben. Er wird ausgepuhlt. Dabei hat sich folgendes Verfahren bewährt:

1. Man schneide mit einem Spitzen Messer den Stern heraus.
2. Man schneide die ledrige Haut von dem Loch zum Stil hin vorsichtig an.
3. Jetzt kann man die Frucht gut auseinanderbrechen ohne die Samen zu beschädigen, zumindest nicht sehr:



Alles, was nicht Samenkorn mit saftiger roter (oder weißlicher, je nach Sorte) Farbe ist kommt auf den Kompost. Genauso, wie Johannisbeeren entrappen kann man ein Familien-Event daraus machen. Meine Tochter hat zumindest ordentlich genascht, aber dafür war die Testgranate ja auch da.



Auf dem Tisch ist aber das entscheidende. Das sind 229g Schalen und Abfall, welches vermuten läßt, dass nur wenig mehr als die Hälfte eines Apfels Samen sind und diese haben auch noch einen Kern. Also werden meine 4,7kg morgen nur 2,5kg Kerne geben. Wieviel oder wie wenig Saft das gibt wage ich nicht zu sagen. Jedenfalls ist er sehr süß und klebrig mit vermutlich doch zu wenig Säure.

Fortsetzung folgt ...
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JasonOgg
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Beitrag von JasonOgg »

Tja, also werde ich mit viel Glück - die anderen haben nicht so eine gute Qualität - aus meinen 2,5kg Samen 2l Saft bekommen? Also nutze ich lieber was ich kriegen kann und mache eine Maischegärung, die ich dann auf 5l auffüllen kann. Vielleicht sogar mehr, denn der Saft ist ziemlich dick, klebrig und süß. Was mir jetzt schon in der Seele weh tut ist, dass ich etwas zum Bestimmen von Säure und Zucker brauche. Ein Refraktometer würde das etwas minimieren ?-|

Rezepte die man in Englisch findet verwenden oft Rosinen und Barley, womit wahrscheinlich Malz gemeint ist. Auf so etwas will ich verzichten, nicht zu viele Zutaten auf einmal. Obwohl ich ein spannendes Rezept gefunden habe, mit Zitronen und Orangen, damit kann man den Saft vielleicht strecken. Nein, ich werde ein Standardrezept versuchen, also Früchte mit Wasser, Hefenährsalz, Zucker, etc.

Ich werde die Kerne zerdrücken und mit Wasser und Zymex (dieses Mal mehr) über Nacht stehen lassen. Da das puhlen eine Weile dauern wird, die Früchte vielleicht doch die eine oder andere Macke haben werde ich etwas schwefeln 1g/5l, Vielleicht auch etwas Vitamin C, Säure brauche ich bestimmt auch noch.

Als Hefe habe ich noch Vinoferm Rouge und Beaujolais. Wahrscheinlich hebe ich mir die erstere für die Schlehen auf.

Sonntag kommt dann die Hefe dazu.

Details schreibe ich morgen, wenn ich es zusammen gemischt habe.
Für heute erstmal gute Nacht.
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fibroin
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Beitrag von fibroin »

Jetzt mal eine Verständigungsfrage:
Wie sind die Kerne beschaffen, dass man die essen kann? Sind die nicht holzig?

Jedenfalls sehen die so auf den Bildern aus. :schlecht:
Wenn du dich wohlfühlst, mache dir keine Sorgen. Das geht wieder vorbei.
sigi
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Beitrag von sigi »

JasonOgg, gute Idee.

Bitte weiter dokumentieren.

Auf den Wein bin ich gespannt... :shock:

Gruss... Sigi
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Ja, halte uns auf dem Laufenden, das ist spannend!
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Beitrag von JasonOgg »

fibroin hat geschrieben:Wie sind die Kerne beschaffen
Ich hoffe auf den Bilder ist etwas zu erkennen. Die Samen haben einen Kern, der von einer saftigen Schale umgeben ist. Diese Schale ist sehr merkwürdig. Einerseits kann man sie zerquetschen, dass es ordentlich spritzt, andererseits kann man sie anschneiden, ohne das sie groß auslaufen. Daher kam ich auf den Maischeansatz.



Hier der Versuch eines Durchsichtfotos gegen den Himmel.
(Leider verfüge ich weder über Birgits Talent noch Equipment, ich bitte die Qualität zu entschuldigen.) ?-|

Auf dem nächsten Bild habe ich - von rechts nach links
- einen unversehrten Kern
- einen zerdrückten mit Spritzspuren
- den abgelutschten Kern ohne Fruchtfleisch.



Die Kerne essen wir immer mit, es knackt beim beißen, aber sie sind eher bitter, wenn man darauf achtet. Daher werde ich auch keinen Pürierstab einsetzen.
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Beitrag von JasonOgg »

Also habe ich heute 11 Granatäpfel mit einem Gesamtgewicht von 4,7kg verarbeitet. Das hat rund 3 1/2 Stunden gedauert und ergab 2,8kg zerquetschte Früchte, also etwas mehr als erwartet.

Das ganze sah dann so aus:



Der Saft alleine ist fast sirupartig dickflüssig. Ich habe ausreichend Saft zum Messen mit der 3-in-1 Tauchspindel genommen und folgende Werte erhalten:

Dichte 1064, entsprechend 170g/l Zucker, also recht ordentlich, aber es wird ja noch verdünnt.

Darauf habe ich knapp 4l Wasser gegeben und jetzt erst die Säure gemessen, weil es jetzt besser abzulesen ist, da es durchscheinender ist. Das Ergbenis ist 4,6 g/l, also zu wenig. Also habe ich noch folgende Mittelchen hinzugefügt, bei den Mengenangaben habe ich mich nach den Brouwlandangaben auf der Verpackung gerichtet - bis auf Zymex, dass habe ich verdoppelt:

4g Zymex
2g Hefenährsalz
15g Säuremix
500g Zucker

Da die Früchte deutlich besser waren als erwartet habe ich nicht geschwefelt, sondern beschlossen lieber auf eine schnelle Gärung zu setzen und nicht über nacht zu warten. Auch bin ich mir nicht mehr ganz so sicher, ob eine Maischegärung viel bringt, den der Saft scheint sich doch ganz gut von den Kernen zu lösen, normales Pressen wäre wohl auch gegangen. Jedenfalls habe ich ein Päckchen Trockenhefe (Beaujolais, die hatte kein Haltbarkeitsdatum) rehydriert und inzwischen im Ballon. Das ganze sah dann wie folgt aus:



Zumindest sollte ich dieses Mal - trotz Zymex - ausreichend Steigraum in dem 15l Ballon haben.
Er steht jetzt im Badezimmer bei rund 22°C bis die Gärung eingesetzt hat.
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Josef
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Granatapfelwein

Beitrag von Josef »

Klingt alles ganz gut,
aber was ist Zymex???
etwa so etwas wie Antigel? das konnte ich in deinem Rezept nämlich nicht finden????
Birgit
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Granatapfelwein

Beitrag von Birgit »

Zymex ist der Produktname für eine Antigel bei Browland.

Gruß Birgit

[Dieser Beitrag wurde am 17.11.2007 - 19:03 von Birgit aktualisiert]
Aus dem Feuerquell des Weines, aus dem Zaubergrund des Bechers,
sprudelt Gift und süße Labung, sprudelt Süßes und Gemeines;
nach dem eig'nen Wert des Zechers, nach des Trinkenden Begabung! (Friedrich von Bodenstedt)

Sorry, aber ich antworte nicht auf PMs, die inhaltlich ins Forum gehören!

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Josef
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Granatapfelwein

Beitrag von Josef »

danke
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JasonOgg
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Granatapfelwein

Beitrag von JasonOgg »

@Josef
Sorry, das hätte ich erwähnen sollen. Zymex habe ich als Antigel genommen. Es scheint aber nicht ganz so wirksam wie das flüssige Antigel zu sein, daher die höhere Dosierung. Birgit hatte mich das letzte Mal schon auf entsprechende Diskussionen hier im Forum aufmerksam gemacht, weshalb ich es mir dieses Mal zu Herzen genommen habe. :P

Rund 18 Stunden später hat die Gärung deutlich sichtbar eingesetzt, allerdings im Vergleich zu Apfel oder Pflaume sehr verhalten. Habe ich doch zu viel Zucker drin? Momentan gibt es 2 Blubbs pro Minute.
[Update]Jetzt nach 24 Stunden ist er bei 4-5 Blubbs pro Minute[/Update]



Bis auf das regelmäßige Schütteln habe ich jetzt bis Samstag Ruhe.

[Dieser Beitrag wurde am 18.11.2007 - 17:28 von JasonOgg aktualisiert]
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