Re: Der Schlehenversuch - Dokumentation
Verfasst: 09 April 2021 22:16
Mahlzeit,
da wohl doch einige Erklärungen nötig werden habe ich mich entschlossen, die Ergebnisse doch Analyse doch häppchenweise zu veröffentlichen und nicht darauf zu warten, bis ich alle Messungen gemacht habe bzw. alle Ergebnisse vom Labor da sind.
Zunächst ein grundsätzlicher Gedanke: Ich führe die Analyse durch mit Weinproben, die zur Selbstklärung stehen und nicht mit gefiltertem Wein, unmittelbar vor Abfüllung. Man könnte beides machen, ich habe ich aber für diesen Weg entschieden. Warum? Bei der Filtration könnte ich Wein mit Wasser "strecken" oder, wenn ich zwischen den Durchgängen der Ansätze gar nicht wasche (wodurch ich die bestmögliche Ausbeute bekäme), die Weine geringfügig "kreuzkontaminieren". Deshalb messe ich jetzt und nicht später. Das birgt ein Risiko, denn Trübstoffe können die Messergebnisse verfälschen.
Heute habe ich den Farbintensität und den Farbton der vier Weine bestimmt mit Hilfe eines Photometers. Was ist das, was macht das? Das Gerät schickt einen Lichtstrahl definierter Wellenlänge durch eine Flüssigkeitsprobe und misst dabei, wie viel Licht beim Durchgang absorbiert wurde. Das Gerät gibt die sogenannte optische Dichte bzw. Extinktion E aus; je höher der Wert, desto mehr Licht wird geschluckt. Im Labor nutzt man das Gerät beispielsweise zur schnellen Konzentrationsbestimmung von DNA oder Proteinen, diese Substanzen schlucken Licht bei bestimmten Wellenlängen. Aus den jeweiligen Extinktionen lässt sich leicht die Konzentration über das Lambert-Beersche-Gesetz ausrechnen.
Trübstoffe können die Messergebnisse verfälschen, normalerweise werden deshalb nur gefilterte Proben vermessen. Auch wenn der Wein völlig klar erschien, habe ich die Proben zweimal getestet: Einmal ohne Zentrifugation, einmal nach Zentrifugation über 5 min Top speed in einer kleinen Tischzentrifuge. Dabei setzen sich die Trübstoffe Boden des Gefäßes ab, sodass der Überstand als klar angesehen werden kann (auch wenn er nicht filtriert wurde). Vorweg genommen: Die Zentrifugation hat die Messwerte aber kaum beeinflusst, das Sediment am Gefäßboden war klein:
Im Folgenden sind zur Vereinfachung nur die Werte nach Zentrifugation berücksichtig.
Aber zurück zur Messung: Mit einem Photometer kann die Farbintensität eines Weins sowie sein Farbton bestimmt werden. Herr Sudraud hat seine noch heute gängige Vorgehensweise 1958 veröffentlicht: Gemäß seiner Methode wird die Lichtabsorption bei den Wellenlängen 420 nm (hier absorbieren gelbe Farbstoffe) sowie 520 nm (hier absorbieren die pflanzlichen Anthocyane, die verantwortlich sind für die Rotfärbung beim Traubenwein) gemessen. Mit den Werten werden folgende Berechnungen durchgeführt
Farbintensität bzw. Intensity (Sudraud) I = E420 nm + E520 nm
Farbton bzw. Tone T = E420 nm / E520 nm
Nach der Methode von Glories (1984) wird noch eine dritte Messung bei 620 nm durchgeführt, mit dem roten Licht werden zusätzlich blaue Anthocyanformen erfasst, die typischerweise beim jungen Traubenwein auftreten:
Farbintensität bzw. Intensity (Glories) I = E420 nm + E520 nm + E620 nm
Was bedeutet das jetzt alles? Die Farbintensität spricht wohl für sich: Je höher der Wert, desto stärker ist der Wein gefärbt. Der Farbton ändert sich beim Traubenwein im Laufe der normalen Weinalterung: Mit der fortschreitenden Polymerisierung der Anthocyane sinkt normalerweise E520, während E420 zunimmt; der Wein wird zunehmend stärker braun bis orangefarben getönt. Der T-Wert junger Traubenweine liegt daher im Bereich unter 1 (Werte um 0,5 können erreicht werden), alte Traubenweine haben T-Werte über 1 (Werte bis 1,3 sind möglich).
Verhalten sich die Farbstoffe bei Schlehe ebenso? Hat das überhaupt schon mal einer beim Schlehenwein gemacht? Ich weiß nicht, ich habe einfach mal gemessen.
Hier die Ergebnisse:
Was sieht man, was bedeutet das?
Sieht man sich die E420 und E520-Werte an (Spalten B und C), so sind die Werte der vier verschiedenen Ansätze nicht dramatisch verschieden. Das hat zur Folge dass auch die Intensität nach Sudraud (Spalte E, rot markierte Ziffern) und der Farbton (Spalte G) nicht allzu stark variieren.
Spannend wird es, wenn man die E620-Werte mit in Betracht zieht (Spalte D mit den blauen Datenbalken): Hier zeigen die Messwerte größere Unterschiede. Der höchste Wert von 1,6 wird beim direkt angesetzten Wein beobachtet (Probe 1B), der Ansatz aus den eingefrorenen Schlehen liegt im selben Größenbereich (Probe 3B). Lagerten die Schlehen jedoch 6 Tage im Kühlschrank vor der Verarbeitung, so sinkt der Wert auf immerhin 1,1 ab (Probe 2B); drei Tage im Kühlschrank führen zu einem Messwert von >1,2. Die Lagerung von 3d im Kühlschrank hat also fast denselben Effekt wie die Lagerung über 6 Tage hinweg. Die Varianz der E620-Werte hat zur Folge dass auch die Farbintensitäten nach Glories deutlicher voneinander abweichen: Die Weine aus eingefrorenen und tiefgefrorenen Schlehen zeigen eine fast identische Intensität, wohingegen die Lagerung im Kühlschrank zu einer Verringerung der Farbintensität führt (Spalte F, Werte mit roten Datenbalken).
Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich die Schlehen im Kühlschrank verändert haben, nicht aber die tiefgefrorenen Schlehen. Wenn die Absorption bei 620 nm wie beim Traubenwein auf einen eher "jungen" Wein hindeutet, so könnte man das bei den Schlehen dahingehend interpretieren dass die Schlehen tatsächlich nachgereift sind wodurch der E620-Wert im Wein sinkt.
Das sind doch schöne Ergebnisse Mehr werden folgen.
da wohl doch einige Erklärungen nötig werden habe ich mich entschlossen, die Ergebnisse doch Analyse doch häppchenweise zu veröffentlichen und nicht darauf zu warten, bis ich alle Messungen gemacht habe bzw. alle Ergebnisse vom Labor da sind.
Zunächst ein grundsätzlicher Gedanke: Ich führe die Analyse durch mit Weinproben, die zur Selbstklärung stehen und nicht mit gefiltertem Wein, unmittelbar vor Abfüllung. Man könnte beides machen, ich habe ich aber für diesen Weg entschieden. Warum? Bei der Filtration könnte ich Wein mit Wasser "strecken" oder, wenn ich zwischen den Durchgängen der Ansätze gar nicht wasche (wodurch ich die bestmögliche Ausbeute bekäme), die Weine geringfügig "kreuzkontaminieren". Deshalb messe ich jetzt und nicht später. Das birgt ein Risiko, denn Trübstoffe können die Messergebnisse verfälschen.
Heute habe ich den Farbintensität und den Farbton der vier Weine bestimmt mit Hilfe eines Photometers. Was ist das, was macht das? Das Gerät schickt einen Lichtstrahl definierter Wellenlänge durch eine Flüssigkeitsprobe und misst dabei, wie viel Licht beim Durchgang absorbiert wurde. Das Gerät gibt die sogenannte optische Dichte bzw. Extinktion E aus; je höher der Wert, desto mehr Licht wird geschluckt. Im Labor nutzt man das Gerät beispielsweise zur schnellen Konzentrationsbestimmung von DNA oder Proteinen, diese Substanzen schlucken Licht bei bestimmten Wellenlängen. Aus den jeweiligen Extinktionen lässt sich leicht die Konzentration über das Lambert-Beersche-Gesetz ausrechnen.
Trübstoffe können die Messergebnisse verfälschen, normalerweise werden deshalb nur gefilterte Proben vermessen. Auch wenn der Wein völlig klar erschien, habe ich die Proben zweimal getestet: Einmal ohne Zentrifugation, einmal nach Zentrifugation über 5 min Top speed in einer kleinen Tischzentrifuge. Dabei setzen sich die Trübstoffe Boden des Gefäßes ab, sodass der Überstand als klar angesehen werden kann (auch wenn er nicht filtriert wurde). Vorweg genommen: Die Zentrifugation hat die Messwerte aber kaum beeinflusst, das Sediment am Gefäßboden war klein:
Im Folgenden sind zur Vereinfachung nur die Werte nach Zentrifugation berücksichtig.
Aber zurück zur Messung: Mit einem Photometer kann die Farbintensität eines Weins sowie sein Farbton bestimmt werden. Herr Sudraud hat seine noch heute gängige Vorgehensweise 1958 veröffentlicht: Gemäß seiner Methode wird die Lichtabsorption bei den Wellenlängen 420 nm (hier absorbieren gelbe Farbstoffe) sowie 520 nm (hier absorbieren die pflanzlichen Anthocyane, die verantwortlich sind für die Rotfärbung beim Traubenwein) gemessen. Mit den Werten werden folgende Berechnungen durchgeführt
Farbintensität bzw. Intensity (Sudraud) I = E420 nm + E520 nm
Farbton bzw. Tone T = E420 nm / E520 nm
Nach der Methode von Glories (1984) wird noch eine dritte Messung bei 620 nm durchgeführt, mit dem roten Licht werden zusätzlich blaue Anthocyanformen erfasst, die typischerweise beim jungen Traubenwein auftreten:
Farbintensität bzw. Intensity (Glories) I = E420 nm + E520 nm + E620 nm
Was bedeutet das jetzt alles? Die Farbintensität spricht wohl für sich: Je höher der Wert, desto stärker ist der Wein gefärbt. Der Farbton ändert sich beim Traubenwein im Laufe der normalen Weinalterung: Mit der fortschreitenden Polymerisierung der Anthocyane sinkt normalerweise E520, während E420 zunimmt; der Wein wird zunehmend stärker braun bis orangefarben getönt. Der T-Wert junger Traubenweine liegt daher im Bereich unter 1 (Werte um 0,5 können erreicht werden), alte Traubenweine haben T-Werte über 1 (Werte bis 1,3 sind möglich).
Verhalten sich die Farbstoffe bei Schlehe ebenso? Hat das überhaupt schon mal einer beim Schlehenwein gemacht? Ich weiß nicht, ich habe einfach mal gemessen.
Hier die Ergebnisse:
Was sieht man, was bedeutet das?
Sieht man sich die E420 und E520-Werte an (Spalten B und C), so sind die Werte der vier verschiedenen Ansätze nicht dramatisch verschieden. Das hat zur Folge dass auch die Intensität nach Sudraud (Spalte E, rot markierte Ziffern) und der Farbton (Spalte G) nicht allzu stark variieren.
Spannend wird es, wenn man die E620-Werte mit in Betracht zieht (Spalte D mit den blauen Datenbalken): Hier zeigen die Messwerte größere Unterschiede. Der höchste Wert von 1,6 wird beim direkt angesetzten Wein beobachtet (Probe 1B), der Ansatz aus den eingefrorenen Schlehen liegt im selben Größenbereich (Probe 3B). Lagerten die Schlehen jedoch 6 Tage im Kühlschrank vor der Verarbeitung, so sinkt der Wert auf immerhin 1,1 ab (Probe 2B); drei Tage im Kühlschrank führen zu einem Messwert von >1,2. Die Lagerung von 3d im Kühlschrank hat also fast denselben Effekt wie die Lagerung über 6 Tage hinweg. Die Varianz der E620-Werte hat zur Folge dass auch die Farbintensitäten nach Glories deutlicher voneinander abweichen: Die Weine aus eingefrorenen und tiefgefrorenen Schlehen zeigen eine fast identische Intensität, wohingegen die Lagerung im Kühlschrank zu einer Verringerung der Farbintensität führt (Spalte F, Werte mit roten Datenbalken).
Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich die Schlehen im Kühlschrank verändert haben, nicht aber die tiefgefrorenen Schlehen. Wenn die Absorption bei 620 nm wie beim Traubenwein auf einen eher "jungen" Wein hindeutet, so könnte man das bei den Schlehen dahingehend interpretieren dass die Schlehen tatsächlich nachgereift sind wodurch der E620-Wert im Wein sinkt.
Das sind doch schöne Ergebnisse Mehr werden folgen.