Der Schlehenversuch - Dokumentation
Verfasst: 03 November 2020 09:21
Hier stehe ich, ich kann nicht anders...
Viele beobachten, dass Schlehen nach Frost, angenehmer schmecken, und beobachten das auch wenn die Früchte im Freezer tiefgefroren wurden. Das zunächst nicht verwunderlich, da beim Gefriervorgang Stärke teilweise gespalten wird, somit steigt der Zuckergehalt. Für die Weinherstellung ist das freilich irrelevant, denn die Stärkespaltung ändert nicht die Intensität der Aromen, ändert nicht den Gerbstoffgehalt, und Zucker geben wir ohnehin reichlich dazu. Es gibt aber Hinweise darauf, dass Schlehen bei niedriger Lagertemperatur nachreifen können; diskutiert und verlinkt wurden die Quellen schon mehrfach, siehe
viewtopic.php?t=7346&start=168#p160964
http://www.biodiversitylibrary.org/page ... 5/mode/1up
https://www.gartenakademie.rlp.de/Inter ... 39003428ef?
Schlehenwein wird per Maischegärung hergestellt. Um den Effekt der Schlehenlagerung auf die Weinqualität zu testen muss sinnvollerweise auch eine Maischegärung durchgeführt werden, das ist das Ziel der hier dargestellten Versuchsreihe. Das ganze ist auch garniert mit ein paar Bildern; ich bitte das Ambiente auf den Fotos zu entschuldigen, ich nutze für den Versuch eine temporär leer stehende Wohnung, wo es nicht ganz so hübsch ist; aber dort gibt es einen leeren Kühlschrank und einen leeren Freezer, die ich für den Versuch zwingend brauche. Zudem dokumentiere ich nur mit dem Handy, nicht mit einer ernst zu nehmenden Kamera.
Kurz und knapp sollen parallel vier Schlehenweine hergestellt werden:
Ansatz 1: Schlehen werden nicht gelagert.
Ansatz 2: Schlehen werden zuvor im Kühlschrank gelagert.
Ansatz 3: Schlehen werden zuvor eingefroren.
Ansatz 4: Schlehen werden erst im Kühlschrank gelagert und anschließend eingefroren.
angestrebte Lagerzeit: 1 Woche oder bis die Früchte gammeln
angestrebte Analytik: Ein Dienstleister für die Gerbstoffanalytik, angepeilt sind für jeden Ansatz zwei Messungen: Nach dem Abpressen und vor der Flaschenabfüllung. Keine Ahnung was das kostet und wer das macht, ich frage bei ein paar Weinlaboren nach.
Zur Durchführung bauche ich Schlehen. Viele Schlehen. Und ich habe keine Zeit, und hier in der Gegend gibt zwar ein paar Bäume, aber zu viele Wildpflücker die alles abernten bevor es auch nur annähernd reif ist; so ist das in dicht besiedelten Gegenden. Ich hatte deshalb einen Schlehen-Spendenaufruf gestartet, aber leider kam da praktisch keine Resonanz, was ich enttäuschend fand.
Wie es der Zufall will traf ich am Samstag Dennis von Fruchtweine Schäfer (dein Ingwerwein schmeckt super, den Rest aus der Flasche habe ich Sonntag und Montag Abend ganz gemütlich genossen: Danke für den wunderbaren Tropfen), und er hat mir eine Stelle verraten an der viele, viele Schlehen zu finden sind:
Noch nie habe ich so volle Bäume gesehen, das war einfach zu verlockend.
Kurzerhand haben wir im Baumarkt ein paar Eimer gekauft, und bevor wir uns auf den Heimweg gemacht haben sind wir über die Stelle hergefallen und haben in 7 1/2 Mannstunden, teils im Nieselregen, geerntet:
Die Ausbeute: Laut Füllstand in den Eimern insgesamt 33 Liter, laut Personenwaage 26,6 kg. Andere machen Wellness-Urlaub, vielleicht brauche ich professionelle Hilfe...
Am 02.11 habe ich direkt mit der Verarbeitung begonnen. Zunächst habe ich versucht, die Früchte möglichst schonend zu mischen das Ausgangsmaterial für alle Ansätze möglichst gleich ist. Den ersten Ansatz -nicht gelagerte Früchte- habe ich wie folgt gestartet, analog werden auch die anderen später angesetzt werden:
-6,4 kg Schlehen, mit den Händen zerquetscht
-4 g Hefenährsalz komplex
-20 ml Antigel
-2 kg Zucker
-aufgefüllt mit dest. Wasser auf 10 Liter
-Zugabe von 3 g Trockenhefe (Lalvin EC1118, frisch geöffnete Packung, rehydriert)
Die Temperatur im Raum ist aktuell 21°C.
Für den Ansatz 3 aus tiefgefrorenen Früchten habe ich die Schlehen portionsweise in Gefrierbeutel und in den Freezer gesteckt:
Ein bisschen Kopfzerbrechen hat mir die geplante Lagerung bei niedrigen Temperaturen. Wahrscheinlich ist eine Belüftung/Sauerstoffkontakt notwendig um die Stoffwechselaktivität zu unterstützen, ich will die also nicht einfach in Gefrierbeutel stecken. Irgendwelche luftdurchlässigen Müllsäcke für den Bioabfall will ich nicht nutzen, die sind nicht zertifiziert für den Kontakt mit Lebensmitteln. Also habe ich alles zusammengesucht was ich an Dosen mit Lüftungslöchern habe, darunter vor allem PrimaKlima-Dosen von Tupper (die haben Belüftungslöcher damit die Früchte länger frisch bleiben sollen), sowie ein kleiner Gäreimer (Spundloch im Deckel). Das letzte Kilo fand keine Dose, das habe ich kurzerhand in einen großen Dosierbecher gesteckt und mit Frischhaltefolie abgedeckt; die hat ein paar Löcher bekommen.
Nach einer Runde Kühlschrank-Tetris sah das wie folgt aus:
Man beachte die Kühlschrankthermometer oben und unten damit ich die Temperatur dokumentieren kann.
Mir ist natürlich klar dass der Aufbau Fehlerquellen liefert: Die Boxen sind unterschiedlich groß, unterschiedlich gefüllt, der Kühlschrank ist oben wärmer als unten. Ich werde das deshalb täglich umbauen, ich sollte ohnehin täglich kontrollieren ob da etwas gammelt. Zudem muss ich alle Früchte nochmals durchmischen wenn ich mit denen weiter arbeite.
Um den Verderb der Früchte nicht zu fördern habe ich sie nicht gewaschen. Erfahrungsgemäß bildet sich in den Tupperdosen sehr rasch Kondenswasser, sodass die Luftfeuchtigkeit in den Dosen recht hoch sein muss. Das war hier auch nach sehr kurzer Zeit sichtbar:
Ich werde berichten wie es weiter geht.
Der besseren Übersicht halber trenne ich die Dokumentation von der Diskussion. Diskussionsbeiträge bitte hier posten: viewtopic.php?f=146&t=14273
Viele beobachten, dass Schlehen nach Frost, angenehmer schmecken, und beobachten das auch wenn die Früchte im Freezer tiefgefroren wurden. Das zunächst nicht verwunderlich, da beim Gefriervorgang Stärke teilweise gespalten wird, somit steigt der Zuckergehalt. Für die Weinherstellung ist das freilich irrelevant, denn die Stärkespaltung ändert nicht die Intensität der Aromen, ändert nicht den Gerbstoffgehalt, und Zucker geben wir ohnehin reichlich dazu. Es gibt aber Hinweise darauf, dass Schlehen bei niedriger Lagertemperatur nachreifen können; diskutiert und verlinkt wurden die Quellen schon mehrfach, siehe
viewtopic.php?t=7346&start=168#p160964
http://www.biodiversitylibrary.org/page ... 5/mode/1up
https://www.gartenakademie.rlp.de/Inter ... 39003428ef?
Schlehenwein wird per Maischegärung hergestellt. Um den Effekt der Schlehenlagerung auf die Weinqualität zu testen muss sinnvollerweise auch eine Maischegärung durchgeführt werden, das ist das Ziel der hier dargestellten Versuchsreihe. Das ganze ist auch garniert mit ein paar Bildern; ich bitte das Ambiente auf den Fotos zu entschuldigen, ich nutze für den Versuch eine temporär leer stehende Wohnung, wo es nicht ganz so hübsch ist; aber dort gibt es einen leeren Kühlschrank und einen leeren Freezer, die ich für den Versuch zwingend brauche. Zudem dokumentiere ich nur mit dem Handy, nicht mit einer ernst zu nehmenden Kamera.
Kurz und knapp sollen parallel vier Schlehenweine hergestellt werden:
Ansatz 1: Schlehen werden nicht gelagert.
Ansatz 2: Schlehen werden zuvor im Kühlschrank gelagert.
Ansatz 3: Schlehen werden zuvor eingefroren.
Ansatz 4: Schlehen werden erst im Kühlschrank gelagert und anschließend eingefroren.
angestrebte Lagerzeit: 1 Woche oder bis die Früchte gammeln
angestrebte Analytik: Ein Dienstleister für die Gerbstoffanalytik, angepeilt sind für jeden Ansatz zwei Messungen: Nach dem Abpressen und vor der Flaschenabfüllung. Keine Ahnung was das kostet und wer das macht, ich frage bei ein paar Weinlaboren nach.
Zur Durchführung bauche ich Schlehen. Viele Schlehen. Und ich habe keine Zeit, und hier in der Gegend gibt zwar ein paar Bäume, aber zu viele Wildpflücker die alles abernten bevor es auch nur annähernd reif ist; so ist das in dicht besiedelten Gegenden. Ich hatte deshalb einen Schlehen-Spendenaufruf gestartet, aber leider kam da praktisch keine Resonanz, was ich enttäuschend fand.
Wie es der Zufall will traf ich am Samstag Dennis von Fruchtweine Schäfer (dein Ingwerwein schmeckt super, den Rest aus der Flasche habe ich Sonntag und Montag Abend ganz gemütlich genossen: Danke für den wunderbaren Tropfen), und er hat mir eine Stelle verraten an der viele, viele Schlehen zu finden sind:
Noch nie habe ich so volle Bäume gesehen, das war einfach zu verlockend.
Kurzerhand haben wir im Baumarkt ein paar Eimer gekauft, und bevor wir uns auf den Heimweg gemacht haben sind wir über die Stelle hergefallen und haben in 7 1/2 Mannstunden, teils im Nieselregen, geerntet:
Die Ausbeute: Laut Füllstand in den Eimern insgesamt 33 Liter, laut Personenwaage 26,6 kg. Andere machen Wellness-Urlaub, vielleicht brauche ich professionelle Hilfe...
Am 02.11 habe ich direkt mit der Verarbeitung begonnen. Zunächst habe ich versucht, die Früchte möglichst schonend zu mischen das Ausgangsmaterial für alle Ansätze möglichst gleich ist. Den ersten Ansatz -nicht gelagerte Früchte- habe ich wie folgt gestartet, analog werden auch die anderen später angesetzt werden:
-6,4 kg Schlehen, mit den Händen zerquetscht
-4 g Hefenährsalz komplex
-20 ml Antigel
-2 kg Zucker
-aufgefüllt mit dest. Wasser auf 10 Liter
-Zugabe von 3 g Trockenhefe (Lalvin EC1118, frisch geöffnete Packung, rehydriert)
Die Temperatur im Raum ist aktuell 21°C.
Für den Ansatz 3 aus tiefgefrorenen Früchten habe ich die Schlehen portionsweise in Gefrierbeutel und in den Freezer gesteckt:
Ein bisschen Kopfzerbrechen hat mir die geplante Lagerung bei niedrigen Temperaturen. Wahrscheinlich ist eine Belüftung/Sauerstoffkontakt notwendig um die Stoffwechselaktivität zu unterstützen, ich will die also nicht einfach in Gefrierbeutel stecken. Irgendwelche luftdurchlässigen Müllsäcke für den Bioabfall will ich nicht nutzen, die sind nicht zertifiziert für den Kontakt mit Lebensmitteln. Also habe ich alles zusammengesucht was ich an Dosen mit Lüftungslöchern habe, darunter vor allem PrimaKlima-Dosen von Tupper (die haben Belüftungslöcher damit die Früchte länger frisch bleiben sollen), sowie ein kleiner Gäreimer (Spundloch im Deckel). Das letzte Kilo fand keine Dose, das habe ich kurzerhand in einen großen Dosierbecher gesteckt und mit Frischhaltefolie abgedeckt; die hat ein paar Löcher bekommen.
Nach einer Runde Kühlschrank-Tetris sah das wie folgt aus:
Man beachte die Kühlschrankthermometer oben und unten damit ich die Temperatur dokumentieren kann.
Mir ist natürlich klar dass der Aufbau Fehlerquellen liefert: Die Boxen sind unterschiedlich groß, unterschiedlich gefüllt, der Kühlschrank ist oben wärmer als unten. Ich werde das deshalb täglich umbauen, ich sollte ohnehin täglich kontrollieren ob da etwas gammelt. Zudem muss ich alle Früchte nochmals durchmischen wenn ich mit denen weiter arbeite.
Um den Verderb der Früchte nicht zu fördern habe ich sie nicht gewaschen. Erfahrungsgemäß bildet sich in den Tupperdosen sehr rasch Kondenswasser, sodass die Luftfeuchtigkeit in den Dosen recht hoch sein muss. Das war hier auch nach sehr kurzer Zeit sichtbar:
Ich werde berichten wie es weiter geht.
Der besseren Übersicht halber trenne ich die Dokumentation von der Diskussion. Diskussionsbeiträge bitte hier posten: viewtopic.php?f=146&t=14273