Schlehen ohne Frost, oder es geht doch? So aber nicht

firstfacility
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Schlehen ohne Frost, oder es geht doch? So aber nicht

Beitrag von firstfacility »

Hallo liebes Forum,
meine ersten Versuche, waren nicht besonders erfolgreich. Leider war der Wein geschmacklich nicht wie erwartet, mal zu Gerbstoffreich, mal zu sauer, ein anderes mal durch die Verdünnung zu flach. Da spielte es auch keine Rolle, ob nun vor oder nach dem Frost gepflückt. Klar nach Frost gepflückt waren sie besser aber dafür haben sich Vögel oder andere Leute bedient.
Nun haben wir dieses Jahr, ein hervorragendes Schlehen-Jahr, hier sind sie Kirschgroß und tiefblau. Lassen sich einfach vom Kern lösen und das Fruchtfleisch lässt sich rel. einfach vom Kern lösen. Für mich also reif , und zu ernten, wenn der Geschmack nicht wäre. Aber egal ich habe geerntet. Die Analyse brachte dann auch :
Tannin 9,5%
Säure 9,1
Glukose 16 %
Fruktose 14,6 %

Auch wenn der Zuckergehalt vielversprechend erscheint, waren sie weder genießbar noch für die Weinherstellung geeignet. Nach einigen Versuchen habe ich dann aber doch einen Weg gefunden:

1. die Schlehen nur leicht mit kaltem Wasser waschen.
2. Portionen zu max 2 kg in Biomülltüten fest verpacken (wichtig die Schlehen müssen noch feucht sein)
3. die Pakete in das Biofresh Fach des Kühlschranks bei 0 Grad für 48 Std. In den Tüten sollte sich eine rel. Luftfeuchte von 100 % einstellen.
4. die Pakete in den Froster für weitere 48 Std

Dann kann probiert werden, und ich muss sagen sie sind sehr gut geworden, die zweite Analyse bestätigte dann auch die Geschmacksprobe:

Tannin 6,2%
Säure 6,14%
Glukose 10,6%
Fruktose 21,4%

Nun kann aus den Schlehen ein Wein hergestellt werden, hierzu kurz mein Ansatz

10,5 kg Schlehen nur zerdrücken, nicht pressen
keine Säurezugabe
kein Hefenährsalz
40 ml Antigel
Zuckerzugabe bis 110 Grad Oe.
Hefe nach belieben
Wasser auffüllen bis 18l

Maische ansetzen, Antigel 12 Std einwirken lassen, dann den Rest hinzufügen. Nach 4 Tagen die Kerne entfernen ! Nach 8 Tagen die Maische abpressen. Bei mir wird kein weiterer Zucker hinzugegeben.

Mein Ansatz liegt zur Zeit bei 40 Grad Oe. braucht also noch etwas, aber ich kann sagen, geschmacklich sehr gut.

Gruß
Frank
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Re: Schlehen ohne Frost, oder es geht doch

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Wie gemessen?
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Re: Schlehen ohne Frost, oder es geht doch

Beitrag von firstfacility »

Weinlabor meines Vertrauens.
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Re: Schlehen ohne Frost, oder es geht doch

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Ah, danke für die Info. Passt zu der uralten Veröffentlichung die ich mal rausgekramt hatte, die einen Abbau des Tannins (und andere Effekte) beobachtet hatten bei Lagerung knapp unterhalb des Gefrierpunkts. Habe den Link aber gerade nicht parat, den müsste ich nachreichen. Irgendwo in den Untiefen des Forums ist der genannt...
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Re: Schlehen ohne Frost, oder es geht doch

Beitrag von firstfacility »

Die Temperatur ist das Eine, viel wichtiger ist die rel. Luftfeutigkeit. Welche Prozesse da vermutlich ablaufen dürfte klar sein. Auch der Abbau des Tannins ist ok, viel wichtiger ist der Säureabbau. Hierbei ist zu beachten, dass Schlehen verschiedene Säuren mitbringen. Vor allen lässt sich das auf andere säurereiche Früchte übertragen ? Denn ein verdünnen mit Wasser reduziert nicht nur den Säuregehalt, sondern auch den Geschmack.
Ein Thema an dem ich zur Zeit, in diesem Zusammenhang arbeite, ist die schwarze Johannisbeere, sie gilt ja wegen der hohen Säure, als nicht nutzbar. Finde das aber sehr schade, da die Aromen sehr gut für die Weinherstellung geeignet sind. Trotz kleinerer Erfolge geht es (noch) nicht. Aber ich bin optimistisch.
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Re: Schlehen ohne Frost, oder es geht doch

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Das sind die "normalen" Reifungsprozesse. Johannisbeeren zählen zu den nicht-klimakterischen Früchten, die nach Ernte nicht mehr nachreifen.
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Re: Schlehen ohne Frost, oder es geht doch

Beitrag von 420 »

firstfacility hat geschrieben: 24 Oktober 2020 16:11 Hallo liebes Forum,
....Nach einigen Versuchen habe ich dann aber doch einen Weg gefunden:

1. die Schlehen nur leicht mit kaltem Wasser waschen.
2. Portionen zu max 2 kg in Biomülltüten fest verpacken (wichtig die Schlehen müssen noch feucht sein)
3. die Pakete in das Biofresh Fach des Kühlschranks bei 0 Grad für 48 Std. In den Tüten sollte sich eine rel. Luftfeuchte von 100 % einstellen.
4. die Pakete in den Froster für weitere 48 Std
...Gruß
Frank
Danke Dir für diese echt gute Info.
Zwar friere ich grundsätzlich alle Beeren nach dem Waschen ein, aber die Vorbehandlung bei 0 Grad für 48 Stunden ist total neu für micht.

Das werde ich in Zukunft mal versuchen. Ergebnis müsste ja dann sein, dass der Wasserzusatz erheblich reduziert werden könnte. Gerade bei schwarzen Johannisbeeren, die ich echt gerne mag, wäre es wohl nur von Vorteil.

Berichte bitte weiter davon.

VG
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Re: Schlehen ohne Frost, oder es geht doch

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Nochmal: Bei schwarzen Johannisbeeren rechne ich nicht mit einem positiven Effekt.
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Re: Schlehen ohne Frost, oder es geht doch

Beitrag von firstfacility »

@420
ja gerne, und berichte. Was die schwarzen J,Beeren angeht wird es noch etwas brauchen, wenn es denn geht. Zur Zeit kann ich die Säure um ca. 3 g/l senken, das reicht natürlich noch nicht. Ich muss auch gestehen, dass mir die Beeren für dieses Jahr ausgehen.

@Fruchtweinkeller
es handelt sich nicht um Reifungsprozesse bei der Schlehe. Der Übertrag auf andere Früchte ist zwar mutig, doch ich bin da nicht so pessimistisch.
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Re: Schlehen ohne Frost, oder es geht doch

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Die Fruchtreife geht gemeinhin einher mit der Stärkespaltung/Zunahme von Mono-und/oder Disacchariden, einer Reduktion von Gerbstoffen und einer Abnahme des Säuregehalts.

Wie genau wurden die Werte von dem Weinlabor bestimmt/wie wurden die Früchte extrahiert?
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Re: Schlehen ohne Frost, oder es geht doch

Beitrag von firstfacility »

Fruchtweinkeller hat geschrieben: 27 Oktober 2020 19:13 Die Fruchtreife geht gemeinhin einher mit der Stärkespaltung/Zunahme von Mono-und/oder Disacchariden, einer Reduktion von Gerbstoffen und einer Abnahme des Säuregehalts.
Joh das ist klar soweit, nur wissen das die Schlehen nicht, oder anders gesagt kommt dir bei dem von mir beschriebenen Prozess nicht noch eine andere Idee ?
Fruchtweinkeller hat geschrieben: 27 Oktober 2020 19:13 Wie genau wurden die Werte von dem Weinlabor bestimmt/wie wurden die Früchte extrahiert?
Das ist mir völlig egal, ich weiß aber, dass ich den Ergebnissen uneingeschränkt vertrauen kann.
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Re: Schlehen ohne Frost, oder es geht doch

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Ich drücke es mal überspitzt aus: Wenn die lustlos ein, zwei Früchte ausgepresst und dann irgendwas im Saft gemessen haben könnte man die Werte auch auswürfeln. Und gerade in Bezug auf das Tannin hätte der Messwert wenig zu tun mit dem was man nach einer Maischegärung im Wein erwarten kann. Und deswegen wäre mir die Methodik als Kunde nicht egal.
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