Hefe Alkoholtoleranzen Flaschenfüllung

Walhalla_Kandidat
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Hefe Alkoholtoleranzen Flaschenfüllung

Beitrag von Walhalla_Kandidat »

Hallo zusammen,

da ich neu bin, möchte ich mich erstmal vorstellen. Ich heiße Dirk und bin knapp über 40 Jahre alt. Habe
hier schon einiges gelesen und auch verstanden. Bevor ich beginne, tun sich da einige grundsätzliche Fragen auf.
Ich habe auch das Buch von Imkermeister Stückler über die Metbereitung gelesen. Dabei sagt er ja, dass Honigweine
unter 13% warm abgefüllt werden MÜSSEN. Was, wenn ich eine Heferasse habe, die nur bis 10% geht? Spielt da nicht
auch die Alkoholtoleranzgrenze der Hefe eine Rolle?

Nehmen wir mal an, ich möchte einen Honigwein mit sagen wir 12,5% Alkohol herstellen.
Die Steinberghefe geht bis ca. 10%. Mit der Nachzuckermethode bringe ich sie auf die 12,5%.
Ich ziehe den Met ab und schwefle ihn. Dann erfolgt die Restzuckereinstellung.
Wenn ich nun sterilfiltere, muss ich keine Nachgärungen in der Flasche mehr befürchten?

Was, wenn die Hefe aus irgendeinem Grund (vielleicht sogar beabsichtigt) nur 8% erzielt hat?
Ich ziehe den Met ab und schwefle ihn. Dann erfolgt die Restzuckereinstellung.
Kann ich dann mittels Sterilfiltration die Nachgärung in der Flasche ebenfalls unterbinden?

Was ist im Gegenzug, wenn ich einen Honigwein mit 14% herstellen möchte und die Hefe Anchor N96 nehme, die
ja bis 16% geht? Angenommen ich bringe sie bis zu diesen 14% und ziehe dann ab, schwefle den Wein. Stelle den Restzucker
ein und filtriere ihn steril in die Flaschen. Nachgärungen zu befürchten?

Eine letzte Frage noch bezüglich Harmonie. Man sagt ja, dass Restzucker, Säure und Endalkohol harmonieren müssen. Habe ich
viel von dem einen, benötigt es auch entsprechend mehr von den anderen. Wenn ich einen Honigwein mit 16% trocken ausbauen
möchte, habe ich ja vom Restzucker in dem Moment zu wenig? Ist das so richtig? Wie müsste man bei so einem Honigwein die Säure einstellen?

Vielen Dank im Voraus Euch allen.

LG Dirk
Bahnwein
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Re: Hefe Alkoholtoleranzen Flaschenfüllung

Beitrag von Bahnwein »

Hallo Dirk, willkommen im Forum.
Auch wenn du sagst, dass du schon einiges gelesen hat, zuerst die Frage, kennst du die Homepages zum Forum, den Fruchtweinkeller und den Honigweinkeller? Bei einigem, das du fragst, drängt sich das auf.

Ich kenne dieses Buch nicht und ich weiss nicht, in welchem Zusammenhang er von MÜSSEN schreibt, aber das einzige, was man bei der Weinherstellung am Ende haben muss, ist ein lagerstabiler Wein und dort führen mehrere mögliche Wege hin. In diesem Zusammenhang unbedingt das Kapitel Zucker im Fruchtweinkeller lesen. Die beiden wichtigsten Möglichkeiten seien hier nur kurz genannt, das Erreichen der Alkoholtoleranzgrenze und das sterile Filtern.
Walhalla_Kandidat hat geschrieben: 20 März 2023 21:22 Nehmen wir mal an, ich möchte einen Honigwein mit sagen wir 12,5% Alkohol herstellen.
Die Steinberghefe geht bis ca. 10%. Mit der Nachzuckermethode bringe ich sie auf die 12,5%.
Zuerst einmal bedeutet Alkoholtoleranzgrenze eigentlich, dass an diesem Punkt die Hefe aufhört zu arbeiten. Dieser Punkt ist aber mehr ein Bereich, also nicht auf einen genauen Wert festgelegt, halt eine ca. Angabe. Daraus folgt, das man keine Hefe aussucht die eine geringere Alkoholtoleranzgrenze hat als der angestrebte Wert am Ende sein sollte.

Mit Steinberg hast du ein Problembeispiel rausgesucht. Diese Hefe wird hier auch gerne als Low Alk Zickenhefe bezeichnet. Sie schafft auch höhere Alkoholgehalte und findet nur schlecht ein klares Gärungsende. Nicht ideal für Stabilisierung mit dem System der Alkoholtoleranzgrenze.
Dafür sind andere Hefen besser geeignet, z.B. von vielen gerne benutz die Portweinhefe oder auch andere.
Walhalla_Kandidat hat geschrieben: 20 März 2023 21:22 Ich ziehe den Met ab und schwefle ihn. Dann erfolgt die Restzuckereinstellung.
Wenn ich nun sterilfiltere, muss ich keine Nachgärungen in der Flasche mehr befürchten?
Zur Reihenfolge: Wenn die Gärung beendet ist ( Alkoholtoleranzgrenze erreicht oder kein Restzucker mehr vorhanden) wird das erste mal geschwefelt. Dann wartet man bis sich die Grobhefe abgesetzt hat und zieht dann von der Hefe ab. Dann wartet man im Regelfall die Selbstklärung ab, bevor man filtert. Vor diesem Filtern wird ein zweites und letztes mal geschwefelt.
Walhalla_Kandidat hat geschrieben: 20 März 2023 21:22 Was, wenn die Hefe aus irgendeinem Grund (vielleicht sogar beabsichtigt) nur 8% erzielt hat?
Ich ziehe den Met ab und schwefle ihn. Dann erfolgt die Restzuckereinstellung.
Kann ich dann mittels Sterilfiltration die Nachgärung in der Flasche ebenfalls unterbinden?

Was ist im Gegenzug, wenn ich einen Honigwein mit 14% herstellen möchte und die Hefe Anchor N96 nehme, die
ja bis 16% geht? Angenommen ich bringe sie bis zu diesen 14% und ziehe dann ab, schwefle den Wein. Stelle den Restzucker
ein und filtriere ihn steril in die Flaschen. Nachgärungen zu befürchten?
Nur 8 Vol.%, da fallen mir bei Verwendung von Reinzuchthefen für die Weinherstellung nur zwei Gründe für ein. Erstens, es ist etwas völlig schief gelaufen, das ist schlecht. Zweitens, es ist kein vergärbarer Restzucker mehr vorhanden. Dieses strebt man normalerweise an, wenn die Gärung vor dem Erreichen der Alkoholtoleranzgrenze beendet werden soll. Im Regelfall filtert man keinen Wein, der sich in aktiver Gärung befindet. Die Einstellung der Restsüße erfolgt erst direkt vor der Sterilfilterung. Diese dient ja gerade dazu, die Hefe komplett aus dem Ansatz zu entfernen und dadurch einen lagerstabilen Wein herzustellen.

Reihenfolge von Abziehen, schwefeln... siehe oben.
Walhalla_Kandidat hat geschrieben: 20 März 2023 21:22 Wenn ich einen Honigwein mit 16% trocken ausbauen
möchte, habe ich ja vom Restzucker in dem Moment zu wenig? Ist das so richtig?
Das verstehe ich nicht. Du kannst doch den Restzucker einstellen, wie Du willst.
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Re: Hefe Alkoholtoleranzen Flaschenfüllung

Beitrag von Walhalla_Kandidat »

Erstmal vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Wenn die Gärung beendet ist ( Alkoholtoleranzgrenze erreicht oder kein Restzucker mehr vorhanden) wird das erste mal geschwefelt.
Das bedeutet, wenn die Hefe (egal welche jetzt) bis 16% gehen würde und kein Restzucker mehr vorhanden ist und z.B. 12,5% Alkohol vorhanden ist, kann ich schwefeln, warten bis sich die Hefe abgesetzt hat, dann abziehen und kurz vor der Sterilfiltration die Restsüße einstellen.

Ist das richtig so?

Wenn ich aber den Met ein Jahr lang reifen lassen will, muss doch die Restsüße vor der Reifelagerung eingestellt werden, oder? Gärt der Ansatz dann nicht trotzdem weiter?
Das verstehe ich nicht. Du kannst doch den Restzucker einstellen, wie Du willst.
Natürlich kann ich das. Aber hier in den ganzen Rezepten und Anleitungen steht doch auch, daß zu einem harmonischen Wein, Restzucker, Säure UND Alkoholgehalt zusammenpassen müssen. Oder hab ich da was falsch verstanden?
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Re: Hefe Alkoholtoleranzen Flaschenfüllung

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Danke an Bahnwein für die profunde Antwort!

Von dem genannten Buch halte ich wenig, und von Hitzebehandlungen auch nicht, da das immer zu Geschmacksverlusten führt. Aber ja, eine Pasteurisation kann man durchführen. Wie man das möglichst geschmacksschonend durchführt steht auf der Homepage.
Grundsätzlich empfehle ich allen Anfängern, eine hochalkoholtolerante Hefe zu verwenden, auch wenn man einen geringen oder moderat hohen Alkoholgehalt haben möchte. Heißt: Vergären bis zum gewünschten Alkoholgehalt, dann hat der Wein eine geringe Restsüße, wird also zu trocken schmecken. Das ist egal und sollte dich nicht irritieren. Hefe absetzen lassen, von der Grobhefe abziehen, spundvoll lagern und reifen lassen/Selbstklärung abwarten. Dann vor der Stabilisierung (Filtration, Pasteurisation, was auch immer) Restsüße einstellen und steril abfüllen.
Siehe auch https://www.youtube.com/watch?v=RB0xavPVbV8&t=1425s
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Re: Hefe Alkoholtoleranzen Flaschenfüllung

Beitrag von Walhalla_Kandidat »

Sofern ich das richtig verstanden habe, reift der Wein doch erst richtig, wenn die Restsüße eingestellt ist, oder nicht? Erst danach wird er mit der Zeit harmonisch? Nachdem der gewünschte Alkoholgehalt erreicht wurde dient die spundvolle Lagerung nur der Selbstklärung?

Wäre die folgende Vorgehensweise auch sinnvoll?
Nachdem der gewünschte Alkoholgehalt erreicht ist, aufhören Zucker hinzuzugeben, steril filtern, dann die Restsüße einstellen und im Fass reifen lassen. Vor der Flaschenfüllung dann nochmal steril filtern.

Wenn man die Restsüße erst kurz vor der Flaschenfüllung einstellt, reift der Wein dann nicht erst dann richtig (in der Flasche halt...)?

Mir ist grad noch was eingefallen. Angenommen ich habe eine Hefe, die bis 16% geht, lasse sie bis 14% vergären, schwefle, ziehe dann ab, filtere fein (nicht steril) und stelle dann die Restsüße ein und lasse den Wein dann 1 Jahr reifen. Wenn die Hefe auf diesen "letzten Metern" dann so viel Zucker abbekommt, dürfte sie doch mit dieser Menge auf ein Mal gar nicht mehr zurechtkommen und absterben? Wenn man dann vor der Flaschenfüllung nach 1 Jahr Lagerzeit steril filtert, dürfte doch eigentlich nichts mehr passieren und ich hätte die 14% die ich haben will.
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Re: Hefe Alkoholtoleranzen Flaschenfüllung

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Walhalla_Kandidat hat geschrieben: Sofern ich das richtig verstanden habe, reift der Wein doch erst richtig, wenn die Restsüße eingestellt ist, oder nicht?
Nein.
Walhalla_Kandidat hat geschrieben: Wäre die folgende Vorgehensweise auch sinnvoll?
Nachdem der gewünschte Alkoholgehalt erreicht ist, aufhören Zucker hinzuzugeben, steril filtern, dann die Restsüße einstellen und im Fass reifen lassen. Vor der Flaschenfüllung dann nochmal steril filtern
Kann man so machen, wenn man Lust auf die doppelte Arbeit und auf den doppelten Verbrauch an Filterschichten hat :mrgreen:
Walhalla_Kandidat hat geschrieben: Mir ist grad noch was eingefallen. Angenommen ich habe eine Hefe, die bis 16% geht, lasse sie bis 14% vergären, schwefle, ziehe dann ab, filtere fein (nicht steril) und stelle dann die Restsüße ein und lasse den Wein dann 1 Jahr reifen. Wenn die Hefe auf diesen "letzten Metern" dann so viel Zucker abbekommt, dürfte sie doch mit dieser Menge auf ein Mal gar nicht mehr zurechtkommen und absterben? Wenn man dann vor der Flaschenfüllung nach 1 Jahr Lagerzeit steril filtert, dürfte doch eigentlich nichts mehr passieren und ich hätte die 14% die ich haben will.
Gärstockung bedeutet in den seltensten Fällen "keine Gärung", sondern meistens "schleppende Gärung mit der Bildung unerwünschter Aromen".
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Re: Hefe Alkoholtoleranzen Flaschenfüllung

Beitrag von willkomm2000 »

Bahnwein hat geschrieben: 21 März 2023 07:00

Mit Steinberg hast du ein Problembeispiel rausgesucht. Diese Hefe wird hier auch gerne als Low Alk Zickenhefe bezeichnet. Sie schafft auch höhere Alkoholgehalte und findet nur schlecht ein klares Gärungsende. Nicht ideal für Stabilisierung mit dem System der Alkoholtoleranzgrenze.
Dafür sind andere Hefen besser geeignet, z.B. von vielen gerne benutz die Portweinhefe oder auch andere.

super erklärt von bahnwein :)
ich glaube da sollte walhalla_kandidat noch mal ein bisschen mehr die homepage studieren :)

aber macht mir nicht immer meine steinberg-hefe so schlecht :tsts:
hab seit irgendeinem anfänger-seminar beim arauner mal gehört, dass sich steinberg-hefe sehr gut für apfelwein eignet. bin dann immer dabei geblieben, hatte zwischendurch auch mal was anderes ausprobiert.
nach diversen versuchen bin ich in zwei varianten hängen-geblieben, die mir am besten munden:

a) apfelwein mit steinberg bei ca. 14 % (laborgeprüft!)
b) apfelwein mit sherry-hefe mit 15-16 %

allerdings filtere ich auch ek.

gruß aus ostwestfalen
klaus
Walhalla_Kandidat
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Re: Hefe Alkoholtoleranzen Flaschenfüllung

Beitrag von Walhalla_Kandidat »

Ich fasse nochmal die verschiedenen Möglichkeiten zusammen:

A) Ich will einen Honigwein mit den max. Prozenten
  • Nachzuckerzuckermethode und komplett ausgären lassen
  • Schwefeln, Hefe absinken lassen, Abstich
  • 1 Jahr im Fass (Kunststoff, Edelstahl) einlagern (mit Feinfilterung?)
  • Restsüße einstellen, EK-Filterung und abfüllen
1. Kann ich auch direkt nach dem Schwefeln und abziehen nachsüßen, fein filtern und dann 1 Jahr einlagern? Es heißt ja, daß Honigweine mit höherem Alkoholgehalt und Restsüße an Harmonie erst mit der Zeit gewinnen...
2. Kann der Wein in den Flaschen nach längerer Lagerung auch an Harmonie gewinnen, oder muss das im Fass (Kunststoff, Edelstahl) passieren?

B) Ich will einen Honigwein um die 12,5%
  • Nachzuckermethode, bis der gewünschte Alkoholgehalt erreicht ist
  • Hefe aushungern lassen, schwefeln und abziehen
  • Dann 1 Jahr im Fass (Kunststoff, Edelstahl) einlagern (mit Feinfilterung?)
  • Kurz vor der Flaschenfüllung die Restsüße einstellen, Ek-Filtern und abfüllen
1. Macht der EK-Filter da nicht ziemlich schnell zu, wenn ich kurz vorher die Restsüße einstelle?
2. Gibt es eine Möglichkeit (außer vor der Einlagerung steril zu filtern), so einen Honigwein mit der Restsüße im Fass 1 Jahr zu lagern und dann erst abzufüllen?

Wann soll bei diesen beiden Methoden geschönt werden (wenn man die Selbstklärung nicht abwarten will, bzw. ich muss das Fass in den Gewölbekeller runter transportieren und danach wieder hoch. Da wirble ich ja die ganzen Trübstoffe wieder auf, die abgesunken sind. Im Keller möchte ich nicht filtern und abfüllen...)
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Re: Hefe Alkoholtoleranzen Flaschenfüllung

Beitrag von NordsternHH »

Also ich lagere meinen Met nach gärende im Glasballon.
Generell vertraue ich den gemeinen Kunststoffen nicht genug um meinen Met darin zu lagern :?

Zu deinem Vorgehens-Vorschlägen:
Nachzucker Methode ist i.m.o. die einfachste.

Vor der Reifung zu süßen ist nur mit sterilisierung gut. Denn sonst... Bumm 8-! Stichwort Flaschenbombe.
Du kannst nie garantieren dass es nicht vielleicht noch irgendwo 0.1% Hefe gibt die doch noch Zucker weiterverarbeitet wenn du nicht steril bist :hmm:
Alles kann, vieles darf, nichts muss! 8-)
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Re: Hefe Alkoholtoleranzen Flaschenfüllung

Beitrag von Fruchtweinkeller »

"Machen" kann man vieles und alles, alles hat Vor- und Nachteile, insofern gibt es auch kein klares "richtig" oder "falsch". Hier drehen wir uns im Kreis, deshalb frage ich: Was willst du erreichen? Willst du einen möglichst guten Oxidationsschutz, oder schmeckt dir "anoxidierter" Met womöglich gut, und du strebst genau das an?

Ich persönlich mag keine Oxidation, ich will die Primäraromen des Honigs im Met haben. Heißt für mich(!): Keine Filtration vor der Lagerung um die Feinhefe zu erhalten (=bindet Sauerstoff und sorgt für ein gutes, dichtes Mundgefühl), spundvolle Lagerung im möglichst gasdichten Behälter (Glas oder Edelstahl), Gärröhrchen eventuell mit oenologischem Öl statt Wasser füllen. Und dann lagert er so lange, bis die Selbstklärung abgeschlossen ist, oder bis ich Zeit habe, ihn abzufüllen. Das mache ich nicht am Kalender fest. Geschönt wird bei mir grundsätzlich nicht, das ist, sofern du dich halbwegs ans Basisrezept der Hompepage hältst, nicht notwendig. Schönungen sind ätzend, nicht reproduzierbar und gehen auf den Geschmack. "Nachreifen" kann er auch in der Flasche.

Und ja, natürlich kann man den Wein auch unter "sterilen" Bedingungen mit Restsüße im großen Behälter lagern. Dann fehlt aber die Feinhefe (siehe oben), die Selbstklärung dauert länger, und die Anforderung an die "Sauberkeit" beim Arbeiten ist besonders hoch. Vereinfacht gesagt: Fällt beim Abfüllen ein Keim in die Suppe, dann ist eine Flasche kontaminiert. Fällt ein Keim in den Ballon zur Lagerung, dann kann der ganze Ansatz auf der Kippe stehen. Je weniger Arbeitsschritte mit dem entkeimten Wein notwendig sind, und je weniger Geräte mit ihm in Berührung kommen, desto besser. Ich habe das "sterile Arbeiten" im Labor gelernt und habe damit keine Probleme, aber erfahrungsgemäß gelingt die EK-Filtration nicht jedem Neuling auf Anhieb. Deshalb empfehle ich: Keep it simple.

Und ja, die Einstellung der Restsüße direkt vor der Filtration kann problematisch sein, sofern du Honig verwendest. Zucker ist da klar die bessere Wahl. Alternative: Honig verwenden und noch ein, zwei Wochen bei möglichst niedriger Temperatur stehen lassen vor der Filtration. Dann kann Protein (aus dem Honig) mit dem Gerbstoff im Met (Basisrezept!) interagieren und setzt sich (hoffentlich) ab. Die niedrige Temperatur wirkt einer möglichen Gäraktivität entgegen.
90% of everything is crap... Except crap. 100% of crap is crap.
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Re: Hefe Alkoholtoleranzen Flaschenfüllung

Beitrag von Walhalla_Kandidat »

Vielen Dank für die ausführliche Antworten an alle!
Generell vertraue ich den gemeinen Kunststoffen nicht genug um meinen Met darin zu lagern
Ich habe Speidel-Kunststoff-Fässer. Die sind als lebensmittelecht gekennzeichnet. Dürfte doch nix passieren?
Klar, Edelstahl wäre mir auch lieber, aber leider im Moment zu teuer für mich...
spundvolle Lagerung im möglichst gasdichten Behälter
Geht auch ein Speidel Kunststoff-Fass?
Gärröhrchen eventuell mit oenologischem Öl statt Wasser füllen
In meinem Gewölbekeller hat es stellenweise Rotschimmel. Geht dieser durch das Gährrohr in den Met?
Und dann lagert er so lange, bis die Selbstklärung abgeschlossen ist
Ich würde ihn zur Lagerung in den Gewölbekeller hinunterbringen und nach der Lagerung zur Abfüllung wieder aus dem Keller hoch holen. Wirbelt es dabei nicht die ganzen Trubstoffe wieder auf, die sich während der Selbstklärung abgesetzt haben?
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Re: Hefe Alkoholtoleranzen Flaschenfüllung

Beitrag von Bahnwein »

Kunststoff ist nicht diffusionsdicht für Gase. Daher sind heutige Kunststoffrohre für z.B. Wasser oder Heizung mit einer Aluminiumzwischenlage ausgestattet. Während der aktiven Phase der Hefe stören diese geringen Sauerstoffmengen nicht. Wenn man den Wein zur Selbstklärung dann jedoch länger darin lagert, kann das zur Oxidation führen. Die Speidelfässer sind schon ganz gut, werden ja auch häufig genutzt, aber ein Glasballon ist definitiv besser.
Klar würdest du beim Transport aus dem Keller heraus wieder Trübstoffe aufwirbeln. Eine Lösung wäre, das Gefäß im Keller nicht auf den Boden, sondern erhöht zu stellen. Dann könntest du am Ende der Selbstklärung schon im Keller mit einem Schlauch/Weinheber von den Trübstoffen in ein anderes, oder mehrer, Gefäße abziehen und diese dann die Treppe hochtragen. Ich weiss ja nicht, wie groß dein Ansatz werden soll, aber bei größeren Mengen wäre es so auch einfacher zu bewegen.
Zum Rotschimmel und dessen Verhalten kann ich nichts beitragen. Ich habe mich einmal unter unserem Haus durchgegraben, um das früher vorhandene Feuchtigkeitsproblem in den Griff zu bekommen, nun ist es überall schön trocken.
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