
Wir saßen in gemütlicher Runde zu fünft zusammen, darunter Chesten und Metinchen, die Gastgeberin: Besten Dank das wir zu dir kommen durften

Zur Erinnerung worum es hier geht: 6 Honigweinansätze, angesetzt mit verschiedenen Hefen, aber mit denselben Rohstoffen. Der Säuregehalt sollte vergleichbar sein, überall dieselbe Honigmenge reingekippt, sodass Geschmacksunterschiede nach bestem Wissen und Gewissen von der Hefe kommen sollten.
Wobei ich da direkt eine Einschränkung beichten muss. Der Vergärungsgrad war sehr unterschiedlich, und ich hatte mich bemüht, die Restsüße auf ein geschmacklich vergleichbares Level einzustellen. Wirklich gelungen ist mir das nicht, und das ist einer der Schwachpunkte beim Vergleich: Als Tester neigt man zwangsläufig dazu, den Wein mit der subjektiv "besten" Restsüße auch besser zu bewerten. Das ist aber Geschmackssache, und ich habe mich bemüht, die Restsüße nicht allzu stark zu bewerten. Ob mir und den anderen Testern das wirklich gelungen ist? Ehrlicherweise muss das bezweifelt werden. Und schlecht waren die Weine alle nicht: Wenn ich Kritik übe ist das auf auf hohem Niveau.
Das "schöne" bei diesem Vergleich ist: Zu den meisten Weinen habe ich Laborwerte, diesbezüglich noch ein herzliches "Dankeschön!" an die Firma Erbslöh. Ich lasse die hier mit einfließen, soweit vorhanden.
Zum Ablauf: Wir haben die Weine 2x verkostet, einmal vor dem Essen, einmal nach dem Essen. Dadurch waren einerseits unsere Sinne anders getriggert, zudem hat der Wein zwischendurch etwas Sauerstoffkontakt gehabt. Die Weine sind ja sozusagen noch im Welpenstadium

Portwein
War mal eine heterogene Flüssighefe, die ich weitervermehrt habe. Diese ist sehr gärwillig und produziert Weine mit dickem, angenehmen Mundgefühl. Für mich ist das die Referenzhefe bei diesem Experiment: Wenn die nicht einen guten Wein produziert ist alles verloren

Messwerte:
Gesamtsäure: 6,1 g/l
Alkohol um 120 g/l
Glukose 14,9 g/l
Fruktose 26,43 g/l
Essigsäure 0,44 g/l
EC1118
Der Wein riecht wenig bis nicht nach Honig, das Mundgefühl ist voll, aber geringer als bei der Portwein. Geschmacklich ist der Honig sehr mild, der Wein wirkt etwas blumig-würzig.
Messwerte
Gesamtsäure: 5,8 g/l
Alkohol um 127 g/l
Glukose 12,1 g/l
Fruktose 17,5 g/l
Essigsäure 0,43 g/l
Diese Hefe ist bei einigen Metmachern sehr beliebt. Nun ich frage ich mich, warum da so ist. Zweifelsohne hat die den Zucker im Honig willig niedergemacht, aber das Honigaroma scheint gelitten zu haben. Diese Hefe wäre für mich nicht die erste Wahl für einen Honigwein.
BDX YSEO
Das Honigarmoma ist mittelstark in der Nase mit eventuell einer leicht scharfen Note, mittelstark im Mund, das Mundgefühl ist ebenfalls im mittleren Bereich angesiedelt. Insgesamt kommt dieser Honigwein etwas würzig daher. Im großen und ganzen also eine solider Honigwein.
Messwerte habe ich leider nicht.
Bio Sauvage
Dieser Honigwein ist etwas süßer als die anderen und hat ein gutes Mundgefühl. Honigaroma ist vorhanden, im Mund ebenso, aber leider ist es im Abgang nicht allzu nachhaltig. Insgesamt auch kein schlechter Wein.
Gesamtsäure: 5,7 g/l
Alkohol um 105 g/l
Glukose 23,6 g/l
Fruktose 52,0 g/l
Essigsäure 0,6 g/l
Oenoferm Wild & Pure
Der Met riecht relativ neutral, vielleicht etwas würzig. Ein gutes Honigarmoma im Mund ist aber vorhanden. Anders als der Portwein-Met, aber sicher nicht schlecht. Bei der zweiten Runde hat der mir fast noch besser geschmeckt und könnte Portwein vom Thron stoßen.
Gesamtsäure: 5,7 g/l
Alkohol um 125 g/l
Glukose 12,9 g/l
Fruktose 15,1 g/l
Essigsäure 0,38 g/l der niedrigste Essigsäurewert überhaupt!
Kveik
dieser Met riecht nicht nach Honig. Er ist etwas süßer und schmeckt deutlich fruchtig, aber kaum nach Honig. Dabei ist der Wein aber durchaus angenehm und könnte als gehaltvoller Weißwein durchkommen.
Gesamtsäure: 6,1 g/l
Alkohol 106 g/l
Glukose 19,6 g/l
Fruktose 52,3 g/l
Essigsäure 1,03 g/l der höchste Essigsäurewert und hart an der Grenze zum Weinfehler!
Mein Fazit
Wie hoch ist der Einfluss der Hefe auf den Wein? Groß, zumindest beim Honigwein, wie dieses Beispiel zeigt.
So wie Fruchtwein nach den verwendeten Früchten schmecken soll, so soll ein Honigwein nach Honig schmecken. Ich bin selbst überrascht, wie stark die Hefen die Honigaromatik beeinflussen. Die Portweinhefe hat sich wie erwartet wacker geschlagen, da bin ich wenig überrascht. Erstaunlich "langweilig" finde ich die beliebte EC1118, die zwar schön gegoren hat, aber keinen sonderlich intensiven Wein abgeliefert hat. Angetan bin ich von der Oenoferm Wild & pure, die mit den speziellen Bedingungen beim Honigwein nicht gut klar gekommen ist, sondern auch auch einen hervorragenden Honigwein produziert hat.
Der Kveik-Met ist, wie auch die Hefe, offensichtlich speziell. Direkt vor dem Abfüllen hatte der mir gar nicht geschmeckt, ich fand ihn deutlich fuselig. Immerhin haben sich die Fehlgeschmäcker durch Lagerung deutlich entschärft, sodass der Wein nun gut trinkbar ist. Aber die Hefe scheint die primären Honigarmomen geschreddert und durch andere Aromen ersetzt zu haben; bemerkenswert ist ist in dem Zusammenhang auch der hohe Essigsäuregehalt, der uns in der Runde noch nicht störend aufgefallen war. Aus Säuren und Alkohol entstehen Aromen mit Fruchtcharakter. Der Kveik-Met war in der Runde sogar recht beliebt, aber wegen des geringen Honigaromas würde ich Kveik nicht für die Honigweinherstellung empfehlen. Vielleicht wäre die was für einen Rosinenwein, wo man vielleicht noch einen frischen Touch haben möchte.
In dem Zusammenhang erinnere ich mich auch an die Klagen von Anfängern, das ihre Honigweine nicht nach Honig schmecken würden. Jetzt kann man ganz klar sagen: Das kann auch an der Hefe liegen.
Allzu lange waren die Honigweine noch nicht in der Flasche. Schauen wir mal wie sich das mit andauernder Lagerung entwickelt. Nochmal danke an alle Teilnehmer!