Zettelchaos durch "Laufkarte" ersetzen!

Kleine Helfer erleichtern die Arbeit
Bahnwein
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Re: Zettelchaos durch "Laufkarte" ersetzen!

Beitrag von Bahnwein »

weiningo hat geschrieben: 29 Juli 2021 22:21 ... messe ich mit dem Vinometer den Alkohol. Ist der von mir gewünschte Wert erreicht, dann stelle ich den Zucker ein und filtriere steril in einen Ballon. Dann kommt nochmals das Gärröhrchen drauf und ich warte, bis nichts mehr passiert. Danach fülle ich die Flaschen ab.
Zu diesem Vorgehen habe ich ein paar Fragen. Führst du die Gärung bis an die Alkoholtoleranzgrenze der Hefe? Warum wartest du nach dem steril filtern und abfüllen in einen Ballon mit Gärverschluß? Was passiert denn bei dir noch nach dem steril filtern üblicherweise, das du abwartet?
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weiningo
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Re: Zettelchaos durch "Laufkarte" ersetzen!

Beitrag von weiningo »

Hallo @ Bahnwein.
Zur ersten Frage:
Ja, ich denke das ich bis an die Alk-Grenze der Hefe gehe. Da ich noch nicht sooo lange beim Wein machen bin, habe ich auch noch nicht so viel Verschiedenes ausprobieren können. Ich verwende zurzeit nur Portweintrockenhefe, weil sie problemlos funktioniert und einen hohen Alkohol wert erzielen kann. Dadurch ist der fertige Wein auch besser konserviert. Das die Messung mit der Vinometer-Kappilare sehr ungenau seien kann, ist ja bekannt. Demzufolge kann ich auch nicht genau feststellen, ob die Alkohol-Toleranzgrenze erreicht ist, sodass die Hefebakterien von selbst absterben. In meinen letzten Bericht im Theme "Heute im Glas", habe ich Fotos vom Trub, 3 meiner letzten Weine zum Vergleich mit unterschiedlichen Trub-Mengen. Ich war darüber erstaunt, dass beim Mispelwein kaum Trub entstanden war. Am Anfang dachte ich: "Ok der braucht wohl noch länger?" aber als er dann anfing klar zu werden, konnte ich 14‰ messen und fast kein Zucker. Also solle der Alkohol-Messwert einigermaßen stimmen. Zudem auch nur noch vereinzelte kleine Bläschen aus dem Trub aufstiegen. Beim Apfelwein war es genau so. Er wurde schon klar, deshalb war es höchste Zeit, vom Trub abzuziehen. Das tat ich dann auch gleich.
Jetzt zur zweiten Frage:
Mein Geburtstag stand vor der Tür und ich erwartete einige liebe Gäste, der perfekte Zeitpunkt um die neuen Weine zum Probieren anzubieten.
Also stand auch gleich das Filtrieren auf dem Plan.
Jetzt wird meine Antwort doch ganz schön Umfangreich. - Da muss ich ein bisschen ausholen....
Fünf verschiedene Weine sollten gleich in einem "Ritt" abgearbeitet werden.
10,1 kg Apfelwein, 10,6 kg Apfel-Mispelwein, 11,3 kg Mispelwein, 5,2 kg Saurekirsch-Heidelbeerwein (aus eingekochten Früchten - Ein Versuch, ich tu's nie wieder!) und 7,6 kg Schlehenwein.
Ich arbeite absichtlich, durch die Arbeit mit meiner Laufkarte, nur mit kg Angaben. Wie viel Liter das werden ist für mich zweitrangig.
Ich habe alle Weine in der oben genannten Reihenfolge dreimal mit je 6 Filterschichten 20x10 cm durchweg mit U4 grob, U16 Glanz und U24 steril, in mit "scharfer Brühe" gereinigte Ballons, zum Nachwiegen für meine Laufzetteldokumentation gefiltert.
Dann war es schon mitten in der Nacht. Einfach die Gärröhrchen wieder drauf und ab ins Bett.... (Vorher noch alles sauber machen....usw.)
Am nächsten Tag, nach der Arbeit, konnte ich beim Apfel-Mispelwein, Saurekirsch-Heidelbeerwein und Schlehenwein leichte Gärungsaktivität feststellen. Obwohl die Weine, glasklar sind. Möglicherweise hat die "Sterilitätswirkung" der Filterschichten nachgelassen. Ich hatte ja vor dem Filtrieren den Geschmack mit Fruchtzucker eingestellt.
Bis jetzt bin ich noch nicht zur Flaschenabfüllung gekommen, (viel und lange bis sehr spät auf Arbeit) außer dem Mispelwein, der ist fast alle :mrgreen: .
Wenn die Weine jetzt keine Aktivität mehr zeigen, kann ich mir absolut sicher sein, das es zu keiner Flaschengärung mehr kommt.
Der Saurekirsch-Heidelbeerwein (aus eingekochten Früchten) steht schon mindestens 2 Jahre in Gärung. Den hatte ich angesetzt, als ich noch keine Messmittel zur Verfügung hatte und auch noch nicht im Forum aktiv war. Der hat auch noch viel zu viel Zucker. Ich habe gerade nachgeschaut: Es ist noch kein Druckausgleich im Gärröhrchen wie beim Apfelwein und dem Schlehenwein, aber er blubbert nicht mehr im Gegensatz zum glasklaren
Apfel-Mispelwein, der noch ca. alle 7 Minuten einen Blup von sich gibt, warum auch immer. Ich find das nicht schlimm, da bleibt er eben noch stehen :lol:
Ach ja, leider habe ich keinen Weinkeller zum kalt stellen. Da wo die Weine stehen sind knapp 20°C.
Ich hoffe, alles beantwortet zu haben und danke für das Interesse.
Lg Ingo
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Bahnwein
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Re: Zettelchaos durch "Laufkarte" ersetzen!

Beitrag von Bahnwein »

Hallo Ingo
Ich gehe jetzt mal ein wenig auf deine Vorgehensweise ein.
Portweintrockenhefe finde ich auch prima! “Das die Messung mit der Vinometer-Kappilare sehr ungenau seien kann, ist ja bekannt. Demzufolge kann ich auch nicht genau feststellen, ob die Alkohol-Toleranzgrenze erreicht ist“ Natürlich ist das Vinometer ein Schätzeisen, aber selbst eine hoch genaue Messung würde dir nicht ermöglichen, das Erreichen der Alkoholtoleranzgrenze zu bestimmen. Das liegt einfach auch daran, das dieser Wert in Wirklichkeit mehr so ein Bereich ist und unter anderem von den Lebensbedingungen der Hefe abhängt. Auch die Ansammlung von Trub auf dem Boden ist nur ein Zeichen dafür, das die Gärung nachlässt. Am Ende angekommen ist die dann in der Regel noch lange nicht. Sie wird halt nur sehr viel langsamer. Die vereinzelten kleinen Bläschen bei deinem Mispelwein können auf eine noch aktive Gärung hinweisen, oder auch einfach nur auf auftretendes CO2 durch ansteigende Temperatur. Jetzt steht man natürlich vor der Frage, wie soll ich es denn dann wissen, dass die Alkoholtoleranzgrenze erreicht ist. Die einzige sichere Methode ist der Test mit der Zunge. Bleibt die Restsüße über einen längeren Zeitraum stabil? Länger heißt mehrere Wochen. Dann ist die Gärung sicher beendet. Also bei Absetzen des Trubs immer die Ansätze schön weiter schwenken. So schnell stirbt die Hefe nicht, keine Angst.
“. Er wurde schon klar, deshalb war es höchste Zeit, vom Trub abzuziehen“ Du brauchst ein bisschen mehr Ruhe, mache dir nicht so enge Zeitpläne, die passen selten. Und abgesetzter Trub ist kein Anzeichen von Gärungsende, siehe oben.
“Am nächsten Tag, nach der Arbeit, konnte ich beim Apfel-Mispelwein, Saurekirsch-Heidelbeerwein und Schlehenwein leichte Gärungsaktivität feststellen. Obwohl die Weine, glasklar sind“ Kann sein das du eine Gärungsaktivität beobachtet hast, vielleicht ist aber auch nur CO2 ausgegast durch Erwärmung des Weins, das kann man so schnell nicht beantworten.
“Möglicherweise hat die "Sterilitätswirkung" der Filterschichten nachgelassen. Ich hatte ja vor dem Filtrieren den Geschmack mit Fruchtzucker eingestellt.“ Wodurch sollte die Wirkung nachlassen? Ein Bruch der Filterschichten ist natürlich möglich, das ist aber unabhängig von der Nachzuckerung. Diese ist vor dem sterilen Filtern genau richtig. Nach der sterilen Filterung hätte man schließlich das Risiko den Wein durch den Zucker und alles was so an diesem hängt zu verunreinigen.
“Wenn die Weine jetzt keine Aktivität mehr zeigen, kann ich mir absolut sicher sein, das es zu keiner Flaschengärung mehr kommt.“ Ja, ziemlich sicher. Aber mit der Dauer der offenen Lagerung steigt natürlich das Risiko von Verunreinigungen, denn so ein Gärspund schützt natürlich, ist aber nicht wirklich dicht. Ich persönlich fülle meine steril gefilterten Weine schnellstmöglich ab.
Kurz: Lass dir und deinen Ansätzen mehr Zeit, schwenke diese regelmäßig gut durch und probiere zum Ende hin und verlasse dich nicht “nur“ auf die Bläschen und Blubbs sondern lerne deiner Zunge zu trauen, die ist ein super Messinstrument und probieren kann auch Spaß machen.

Und Entschuldigung, das ich deinen Faden hier ein wenig vom Thema abgebracht habe. Es schien mir aber wichtig auf deine Vorgehensweise einzugehen.
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weiningo
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Re: Zettelchaos durch "Laufkarte" ersetzen!

Beitrag von weiningo »

Hallo @ Bahnwein.
Vielen Dank für deine sofortige Antwort. Auch danke für deine Zeit, die du dafür verbraucht hast.

Bei den Weinballons, die wieder blubbern, tritt wieder CO₂ aus, das wiederum einen Schutz vor Verunreinigungen hervorbringt. Eine wesentlich ansteigende Temperatur kann ich nicht verzeichnen, Filterbuch auch nicht.

Enge Zeitpläne mache ich nicht.
In der HP steht folgendes: "Auch wenn der Wein noch nicht klar ist, muss er trotzdem rasch vom Bodensatz abgezogen werden. Die absterben Hefezellen beginnen sich nämlich zu zersetzen, wodurch unangenehme Geschmacksstoffe freigesetzt werden können (siehe „Hefeböckser“ im Kapitel „Weinfehler“)."
Darum schrieb ich folgendes: „Der Apfelwein wurde schon klar, deshalb war es höchste Zeit, vom Trub abzuziehen“.

Die anderen Weine, die keinen Druck mehr aufbauen, werden freilich zeitnah in die Flaschen oder in 5 Liter Gefäße mit Schraubverschluss Spund voll gefüllt.
Mein Apfel-Mispelwein hat sich inzwischen auch beruhigt, sodass er in die Flaschen kann.

Nun zurück zur Laufkarte. Wenn du Interesse zum Probieren hast, dann sende mir eine Nachricht mit deiner E-Mail-Adresse.
Wenn du kein Excel hast, mit OpenOffice gehts auch kostenlos.
LG Ingo
Wer nicht lachen will, sollte keinen Wein trinken.
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Re: Zettelchaos durch "Laufkarte" ersetzen!

Beitrag von Bahnwein »

weiningo hat geschrieben: 02 August 2021 10:41 ...In der HP steht folgendes: "Auch wenn der Wein noch nicht klar ist, muss er trotzdem rasch vom Bodensatz abgezogen werden.
Ganz kurz, ich bitte um Berichtigung durch andere, wenn ich falsch liege.
Das bezieht sich auf ab dem Zeitpunkt, wenn die Gärung beendet ist. Entweder durch Null vergärbaren Restzucker oder durch das Erreichen der Alkoholtoleranzgrenze. Aber genau das scheint bei dir nicht der Fall gewesen zu sein, wie Du ja selber festgestellt hast.

Zum Thema Laufkarte bin ich kein geeigneter Kandidat. Ich verfolge das zwar durchaus interessiert, werde aber nicht mehr Lebenszeit in Computer und ihr Drumherum investieren als unbedingt nötig. Zu jedem Ansatz gibt es bei mir einen Zettel vom Notizzettelklotz, den viele z.B. neben dem Telefon stehen haben. Der begleitet den Wein bis zum Ende und landet dann in einem kleinen Karton. So kommt nix weg und mir sind das genug Infos, um einen Wein nachzuvollziehen. Ich muss halt nur im Stapel suchen, wenn ich später noch einmal etwas wissen will, das ginge mit Computer natürlich schneller.
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Re: Zettelchaos durch "Laufkarte" ersetzen!

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Bahnwein hat geschrieben: 02 August 2021 20:58
weiningo hat geschrieben: 02 August 2021 10:41 ...In der HP steht folgendes: "Auch wenn der Wein noch nicht klar ist, muss er trotzdem rasch vom Bodensatz abgezogen werden.
Ganz kurz, ich bitte um Berichtigung durch andere, wenn ich falsch liege.
Das bezieht sich auf ab dem Zeitpunkt, wenn die Gärung beendet ist. Entweder durch Null vergärbaren Restzucker oder durch das Erreichen der Alkoholtoleranzgrenze. Aber genau das scheint bei dir nicht der Fall gewesen zu sein, wie Du ja selber festgestellt hast.
Absolut richtig, danke für deine Antwort.
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