Jiu Niang - fermentierter Klebereis

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Ulrike
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Jiu Niang - fermentierter Klebereis

Beitrag von Ulrike »

Auf Umwegen bin ich auf ein Rezept zur Herstellung von Jiu Niang gestoßen. Das ist eine chinesische Süßspeise, die aus Klebereis und Hefe hergestellt wird. Hier das stark vereinfachte Grundprinzip der Herstellung:

Klebereis über Nacht einweichen
Klebereis dämpfen/garen
Auf Zimmertemperatur abkühlen lassen und die in Wasser gelöste Hefe unterrühren
24 bis 72 Stunden bei ca. 35 Grad lagern
Fertig

Das fertige Gericht soll eine leichte Alkoholnote aufweisen und sehr süß schmecken.

In den Rezepten, die ich gefunden habe, wird entweder nur "Hefepulver" genannt oder auf spezielle Hefe aus Asialäden verwiesen. Da wird von kleinen Bällen gesprochen/geschrieben, die in lauwarmen Wasser aufgelöst werden müssen. Beim großen A habe ich diese Hefe gefunden, die sich eignen dürfte.

Nun meine Frage an die Hefekundigen in der Runde: Kann ich für diese Rezept nicht auch jede andere Weinhefe verwenden, die ich aufgrund der Fruchtweinherstellung ohnehin im Schrank habe? Mir geht es ja nicht um einen kompletten Reiswein, sondern nur um die Süßspeise.
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JasonOgg
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Re: Jiu Niang - fermentierter Klebereis

Beitrag von JasonOgg »

Hi, bei dem Angebot steht "Saccharomyces Cerevisia", das entspricht unserer Weinhefe.

Das braucht nicht extra beim großen A kaufen, nimm was Du im Schrank hast.
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Re: Jiu Niang - fermentierter Klebereis

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Mein erster Impuls wäre auch gewesen: Klar, sollte gehen. In der Beschreibung steht ja Saccharomyces cerevisiae (wenn auch falsch geschrieben). Dann stutzte ich: Süß? Wieso sollte das süß schmecken? Sc kann die Stärke im Reis nicht spalten und nicht verwerten. Eventuell wird ein wenig Zucker beim Kochen freigesetzt, aber viel kann das nicht sein.

Recherche erbrachte dann den Hinweis dass der Jiuniang-Starter Jiuqu neben Hefe auch stärkespaltende Mikroorganismen enthält, und tatsächlich steht unter Zutaten "Rhizopus", was auf den Pilz Rhizopus oryzae hindeuten dürfte. Die denke also: Nein, du kannst dieses Präparat nicht einfach durch eine Weinhefe ersetzen.
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Ulrike
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Re: Jiu Niang - fermentierter Klebereis

Beitrag von Ulrike »

Super - danke für die Recherche.

Ich habe meinerseits mal einen Test mit unserer Weinhefe gemacht. Die Zutaten waren schließlich nicht so hochwertig/teuer. Da mag man mal spielen.

Und wie bereits vermutet - es hat nicht geklappt. Ich habe mir jetzt die "richtige" Hefe bestellt und werde es erneut probieren.
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Re: Jiu Niang - fermentierter Klebereis

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Berichte mal wie das wird. Reiswein steht eigentlich auch auf meiner to-do-Liste.
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Re: Jiu Niang - fermentierter Klebereis

Beitrag von Ulrike »

Ja, werde ich machen. Zwar wird es noch kein Reiswein, sondern "nur" das Jiu Niang. Allerdings soll das ja eine Vorstufe zum Reiswein sein.
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Re: Jiu Niang - fermentierter Klebereis

Beitrag von Ulrike »

Sooo - mein Projekt ist beendet und ich wollte ja berichten.

Verwendet wurde von mir dieser Klebreis und diese Hefe.

Zunächst habe ich 500g Klebreis nach Anleitung gewaschen und anschließend über Nacht in kaltem Wasser eingeweicht. Am Folgetag wurde der Reis 30 Minuten im Reiskocher gekocht (entspricht einem Drucktopf). Danach glich der Reis mehr einem Brei, als klassichen Reis.

Ich hatte zum Kochen nur wenig Wasser hinzugefügt, so dass die Masse recht zäh war. Vergleichbar mit einem Brotteig. Da ich nun die in kaltem Wasser aufgelösten Hefekugeln (2 Stück) einarbeiten wollte, fügte ich der Masse kaltes Wasser bei. Wichig: Die Hefe soll erst hinzugefügt werden, wenn der Reisbrei auf ca. 30 Grad abgekühlt ist. Am Ende hatte der Brei die Konsistenz eines Tomatenketchups.

Jetzt kam der Brei in einen speziellen Topf um dort rund 36 Stunden bei 30 Grad zu ruhen.

Nach Ablauf der Zeit hatte sich oben auf dem Brei eine Art weißer Schimmel gebildet. Da dies in der Anleitung bereits beschrieben wurde, hat mich die Entdeckung nicht weiter erschreckt. Man hätte es auch für eine Art Trockenschicht halten können - wie bei einem ungebackenen Hefeteig, der zu lang an der trockenen Luft gelagert wurde. Unter dieser Trockenschicht war das fertige Jiu Niang. Mehr als die Hälfte des Reisbreis hatte sich verflüssigt. Die Flüssigkeit war nahezu klar wie Wasser und schmeckte leicht süß und dezent alkoholisch. Zusätzlich war die Masse durchsetzt mit Gasblasen. Teile des Reisbreis, die sich noch nicht aufgelöst hatten, schwammen in kleinen weichen Krümelchen in dieser klaren Flüssigkeit.

Mein Fazit - es schmeckt wie Knüppel auf den Kopf. Ich werde dieses Gericht nicht erneut ansetzen. Gemacklich kommt es einem sehr stark mit Mineralwasser verdünnten Federweißer nahe, in den Reisbrei eingerührt wurde. Ohne eine Zusatzbehandlung (Lagerung in Fässern oder rösten vor dem Fermentieren) dürfte diese Masse auch bei einer längeren Fermentationszeit kein Genuss für meinen Gaumen werden.
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Re: Jiu Niang - fermentierter Klebereis

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Hallo Ulrike,

ich habe schon befürchtet, dass unsere Zungen so etwas nicht gewöhnt sind. Trotz des Ausgangs: Danke für das Update ;)
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Re: Jiu Niang - fermentierter Klebereis

Beitrag von Ulrike »

Nachtrag: Sollte eine/r von euch motiviert sein, dieses Experiment ebenfalls durchzuführen: Ich habe noch Hefe da!

Diese gebe ich gerne kostenlos an Interessierte ab.
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JasonOgg
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Re: Jiu Niang - fermentierter Klebereis

Beitrag von JasonOgg »

Ulrike, das war ein sehr interessanter Versuch und Bericht. Vielen Dank dafür. :clap:

Leider hat er nicht dazu geführt, dass ich jetzt Interesse an dieser Hefe habe. :pfeif:
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Re: Jiu Niang - fermentierter Klebereis

Beitrag von Ulrike »

JasonOgg hat geschrieben: 04 Februar 2021 07:26 Ulrike, das war ein sehr interessanter Versuch und Bericht. Vielen Dank dafür. :clap:

Leider hat er nicht dazu geführt, dass ich jetzt Interesse an dieser Hefe habe. :pfeif:
Hm - warum nur? Das verstehe ich so gar nicht. :pfeif:
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