Fragen zu Reiswein / -Rezept (kein Sake)

z.B. Dörrobst, Kräuter, Blüten
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Reineke_Fuchs
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Fragen zu Reiswein / -Rezept (kein Sake)

Beitrag von Reineke_Fuchs »

Hallo allerseits,

ich habe gerade einiges an freier Zeit und würde gerne mal wieder mit der Herstellung verschiedener Weine experimentieren. Bisher habe ich für meine Zwecke recht gute Weine hergestellt (neben Holunder, Schlehe, Kirsche, Johannisbeere, Hagebutte und Met, auch ein paar aus Kräutern).

Nun würde ich mich gerne an einen Reiswein (keinen Sake, deshalb habe ich das andere Unterforum genutzt) wagen. Normalerweise bin ich so vorgegangen, dass ich im Netz und der Bücherei nach Rezepten gesucht habe, die ich dann nach eigenem Gutdünken abgewandelt habe. Für Reiswein habe ich leider noch kein Basisrezept gefunden. Dieser Thread kam meiner Frage am nächsten.

Falls mir keiner sein Rezept verraten kann/möchte, habe ich ein paar Fragen die Ihr mir (hoffentlich) beantworten könnt:
  • Vollkornreis oder weißer Klebereis? Beides scheint gleichermaßen beliebt/umstritten zu sein?
  • Kann ich diese, oder eine ähnliche, Amylase für mein Vorhaben verwenden?
  • Funktioniert auch Malzextrakt? Wenn ja, wie sind denn die geschmacklichen Unterschiede zwischen den beiden? Hat die Amylase einen Eigengeschmack oder produziert sie andere "Geschmäcker"?
  • Wie verändert eine Zuckerzugabe das Produkt? Würdet ihr sagen, dass die reiseigene Stärke (bzw. der daraus entstehende Zucker) für eine anständige Gärung reicht, oder wäre es besser etwas an Zucker beizugeben? (Ich kann mir vorstellen dass das eine Geschmacksfrage ist... aber ich wäre für Erfahrungswerte dankbar)
  • Gibt es Hefen die sich besonders für dieses Vorhaben eignen?
Viele Grüße!
docpsycho
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Re: Fragen zu Reiswein / -Rezept (kein Sake)

Beitrag von docpsycho »

Gude,

ich habe zwar noch keinen Reiswein gemacht aber in der Theorie kann ich deine Fragen beantworten.

1. Wo die Stärke herkommt, würde ich mal sagen, ist dem Enzym egal. Nimm was du hast. Wichtig ist, dass du den Reis, bzw seine Stärke vorverkleistern musst, damit die Stärke den Enzymen zugänglich wird. Die Temperatur liegt hier zwischen 65 und 85°C. Koche deinen Reis eine Weile, dann solltest du fein sein.
2. Was du da kaufen willst, ist eine Alpha-Amylase. Das heißt, die Stärke wird zu Maltotriose und Maltose umgewandelt. Maltose ist vergarbar, Maltotriose vergären die meisten Hefen aber nicht alle. Wichtig für die Wirkung von Enzymen ist natürlich Temperatur und Zeit. Je wärmer desto kürzer, je kälter desto länger.
3. Malzextrakten geht nicht, da sind keine aktiven Enzyme mehr drin. Das ist im Grunde eingedickte Bierwürze. Alpha amylase produziert meines Wissens keine eigenen Geschmäcker.
4. Ob der Zucker reicht, weißt du, wenn du nach der Enzymbehandlung den Zuckergehalt misst. Ich glaube ohnehin, dass das eine ziemlich fade Angelegenheit wird, weil Reis kaum Eigengeschmack hat, ob du da dann mit Hausaltszucker steckst oder nicht, ist dann ziemlich unerheblich, glaube ich.
5. Das kann ich dir leider nicht sagen. Ich würde, wenn überhaupt eine Hefe nehmen, mit viel Eigengeschmack. Leider kenne ich mich mit Weinhefen noch nicht so gut aus. Wenn du eine Bierhefe nehmen wolltest, könnte ich dir allerdings weiterhelfen.

Grüße, Felix
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Re: Fragen zu Reiswein / -Rezept (kein Sake)

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Reineke_Fuchs hat geschrieben: 14 April 2020 16:41
  1. Vollkornreis oder weißer Klebereis? Beides scheint gleichermaßen beliebt/umstritten zu sein?
  2. Kann ich diese, oder eine ähnliche, Amylase für mein Vorhaben verwenden?
  3. Funktioniert auch Malzextrakt? Wenn ja, wie sind denn die geschmacklichen Unterschiede zwischen den beiden? Hat die Amylase einen Eigengeschmack oder produziert sie andere "Geschmäcker"?
  4. Wie verändert eine Zuckerzugabe das Produkt? Würdet ihr sagen, dass die reiseigene Stärke (bzw. der daraus entstehende Zucker) für eine anständige Gärung reicht, oder wäre es besser etwas an Zucker beizugeben? (Ich kann mir vorstellen dass das eine Geschmacksfrage ist... aber ich wäre für Erfahrungswerte dankbar)
  5. Gibt es Hefen die sich besonders für dieses Vorhaben eignen?
Oha, komplexes Thema, habe ich auch noch nicht selbst gemacht, insofern sind alle meine Antworten mit einem mehr oder weniger großen Fragezeichen dahinter zu verstehen ;)

zu 1) Kein Kleberreis, enthält besonders viel Amylopektin für dessen Aufschluss du neben Amylase noch eine Glukosidase brauchst. Ich vermute dass die in den Enzymmischungen nicht enthalten ist.

zu 2) Wüsste nicht was dagegen spricht.

zu 3) Müsste auch gehen, entsprechend schonend behandelt sind die Enyzme auch bei Rehydratation von Trockenkrams noch aktiv, da werden sich die Bierbrauer aber sicher besser auskennen. Ich sehe da zwei Vorteile: Erstens dürften "mehr" Enzyme als nur Amylase enthalten sein und zweitens könnte das für etwas Geschmack sorgen. Hand aufs Herz: Von dem Reis erwarte ich genau gar keinen Geschmack... Ich würde da ein Geschmackserlebnis erwarten welches dem des Brotweins ähnelt :mrgreen:

zu 4) Einfluss auf welchen Geschmack???? Siehe auch Punkt 3. Ich würde das primär abhängig machen von dem Verzuckerungsgrad und damit vom Alkoholgehalt den du ohne Zuckergabe erreichst. Jetzt könnte man spekulieren: Stärkegehalt von Reis... Anteil Amylose... Erwartete Zuckermenge... daraus abgeleitet der erwartete Alkoholgehalt.... wäre am Ende wahrscheinlich immer falsch, einfach mal loslegen. Zumindest beim original Sake gibt man mW keinen Zucker hinzu.

zu 5) Keine der "normalen" Weinhefen bringen Enzyme zum Stärkeabbau mit, insofern kannst du eine beliebige Hefe verwenden.


Mal zur Inspiration:
http://winemaking.jackkeller.net/reques74.asp
Es könnte sein dass man den Reis bei diesem Rezept ohne nennenswerte Auswirkung auf das Endprodukt weglassen könnte :pfeif:

edit: Zweiter
edit 2: Es gibt definitiv enzymaktiven Backmalz, das hängt von der Trocknungstemperatur ab.
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Reineke_Fuchs
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Re: Fragen zu Reiswein / -Rezept (kein Sake)

Beitrag von Reineke_Fuchs »

Danke ihr Beiden! Das bringt mich alles schon mal weiter.
docpsycho hat geschrieben: 14 April 2020 18:06 2. Was du da kaufen willst, ist eine Alpha-Amylase. Das heißt, die Stärke wird zu Maltotriose und Maltose umgewandelt. Maltose ist vergarbar, Maltotriose vergären die meisten Hefen aber nicht alle. Wichtig für die Wirkung von Enzymen ist natürlich Temperatur und Zeit. Je wärmer desto kürzer, je kälter desto länger.
Kannst du mir einen Tipp geben ob es eine adäquatere Enym(mischung) gibt? Welche Hefe würdest du vorschlagen? Gibt es einen Weg zu wissen ob meine Hefe Maltotriose vergären kann?

Fruchtweinkeller hat geschrieben: 14 April 2020 18:26 zu 3) Müsste auch gehen, entsprechend schonend behandelt sind die Enyzme auch bei Rehydratation von Trockenkrams noch aktiv, da werden sich die Bierbrauer aber sicher besser auskennen. Ich sehe da zwei Vorteile: Erstens dürften "mehr" Enzyme als nur Amylase enthalten sein und zweitens könnte das für etwas Geschmack sorgen. Hand aufs Herz: Von dem Reis erwarte ich genau gar keinen Geschmack... Ich würde da ein Geschmackserlebnis erwarten welches dem des Brotweins ähnelt
Ich bin noch ganz neu in dem Thema, deshalb die Frage: Gibt es denn etwas anderes als Malzextrakt und dieser Amylase als fertiges Produkt? Gerne würde ich etwas nutzen, dass "mehr" Enyzme hat, aber wenn Trockene Extrakte ggf. nicht mehr aktiv sind, was ist die Alternative? Gibt es das auch flüssig?

Viele Grüße!
docpsycho
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Re: Fragen zu Reiswein / -Rezept (kein Sake)

Beitrag von docpsycho »

Reineke_Fuchs hat geschrieben: 17 April 2020 09:11 Danke ihr Beiden! Das bringt mich alles schon mal weiter.
docpsycho hat geschrieben: 14 April 2020 18:06 2. Was du da kaufen willst, ist eine Alpha-Amylase. Das heißt, die Stärke wird zu Maltotriose und Maltose umgewandelt. Maltose ist vergarbar, Maltotriose vergären die meisten Hefen aber nicht alle. Wichtig für die Wirkung von Enzymen ist natürlich Temperatur und Zeit. Je wärmer desto kürzer, je kälter desto länger.
Kannst du mir einen Tipp geben ob es eine adäquatere Enym(mischung) gibt? Welche Hefe würdest du vorschlagen? Gibt es einen Weg zu wissen ob meine Hefe Maltotriose vergären kann?

Fruchtweinkeller hat geschrieben: 14 April 2020 18:26 zu 3) Müsste auch gehen, entsprechend schonend behandelt sind die Enyzme auch bei Rehydratation von Trockenkrams noch aktiv, da werden sich die Bierbrauer aber sicher besser auskennen. Ich sehe da zwei Vorteile: Erstens dürften "mehr" Enzyme als nur Amylase enthalten sein und zweitens könnte das für etwas Geschmack sorgen. Hand aufs Herz: Von dem Reis erwarte ich genau gar keinen Geschmack... Ich würde da ein Geschmackserlebnis erwarten welches dem des Brotweins ähnelt
Ich bin noch ganz neu in dem Thema, deshalb die Frage: Gibt es denn etwas anderes als Malzextrakt und dieser Amylase als fertiges Produkt? Gerne würde ich etwas nutzen, dass "mehr" Enyzme hat, aber wenn Trockene Extrakte ggf. nicht mehr aktiv sind, was ist die Alternative? Gibt es das auch flüssig?

Viele Grüße!
Gude,

was die Enzyme angeht kannst du das ausgewählte ruhig nehmen. Ich für meinen Teil bestelle so kleinzeug immer gleich mit anderen Sachen zusammen und dann empfiehlt sich der Fachhandel. Hier zum Beispiel.

Ob deine Hefe Matotriase vergärt oder nicht musst du nachlesen. Oft sind die als Untervergärer gekennzeichnet. Wie gesagt, ich kenne mich bisher nur bei Bierhefen aus. Wenn du die Matotriase nicht vergären willst, was ich mir gut vorstellen kann, dann bleibt vielleicht eine gewisse Restsüße, nimm zB die Safale S33, bis 18°C vergärt die recht rein, drüber wirds phenolisch. Auch die Lalleman Windsor Ale ist ein solcher Untervergärer.

Zum Malzextrakt: Ich persönlich kenne nur LME (liquid malt extract) oder DME (dry malt extract) und beide enthalten definitiv keine Enzyme mehr. Wenn du Enzyme auf natürliche Weise zufügen möchtest kannst du auch einen sogenannten Enzymbooster nutzen aber ob das für einen kompletten Ansatz genügt kann ich dir nicht sagen, zumal du den wahrscheinlich eher bei niedrigeren Temperaturen nutzen willst und dann dauert es länger und dann bekommst du probleme mit den natürlichen Mikroorganismen vom Malz. Versuchen kann man das aber ich würde es lassen. Die Gefahr, dass der Ansatz sauer wird, wäre mir zu hoch. Versuchs einfach mal mit den technischen Enzymen.

Grüße, Felix
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Re: Fragen zu Reiswein / -Rezept (kein Sake)

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Einfach mal nach aktivem Backmalz googeln, da gibt es genügend Treffer (Kaufen und selbst machen). Milchsäurebakterien sind nicht sonderlich thermotolerant.

Es gibt natürlich noch Hefchen die Amylase verwerten können, wie beispielseise wie S. diastaticus die im Bier sehr unerwünscht ist. Keine Ahnung was für einen Unsinn die im Wein macht. Es gab mal eine "Siha AmyloFerm" speziell für Destillerien, scheint es aber nicht mehr zugeben.
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Re: Fragen zu Reiswein / -Rezept (kein Sake)

Beitrag von docpsycho »

Fruchtweinkeller hat geschrieben: 17 April 2020 19:54 Einfach mal nach aktivem Backmalz googeln, da gibt es genügend Treffer (Kaufen und selbst machen). Milchsäurebakterien sind nicht sonderlich thermotolerant.

Es gibt natürlich noch Hefchen die Amylase verwerten können, wie beispielseise wie S. diastaticus die im Bier sehr unerwünscht ist. Keine Ahnung was für einen Unsinn die im Wein macht. Es gab mal eine "Siha AmyloFerm" speziell für Destillerien, scheint es aber nicht mehr zugeben.

Nur der Vollständigkeit Halber: S. Diastaticus hat durchaus seine verwendung in gewissen Bieren.
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