Muskat-Trollinger 2019

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Kirschwein
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Muskat-Trollinger 2019

Beitrag von Kirschwein »

Hallo,

der Herbst ist da, und wieder einmal steht die Weinernte in ein paar Wochen an.

Zur Erinnerung - wir haben bei uns am Haus seit fast 40 Jahren einen Muskattrollinger-Weinstock, und dieser trägt fast jedes Jahr Trauben welche gut genug sind um daraus einen Wein zu machen. So auch dieses Mal.

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Letztes Wochenende habe ich das Vogelnetz gespannt, wie jedes Jahr. In Jahren wo ich das nicht getan hab, entweder weil ich keine Zeit hatte oder es sich nicht lohnte, haben die Vögel sonst manchmal innerhalb weniger Tage alles leergefressen. :?

Anfang des Jahres habe ich den Weinstock ziemlich radikal geschnitten, denn er ist über die letzten drei, vier Jahre doch ein Stück weit verwildert, was sich in vielen Zwergtrieben äußerte und damit verbunden vielen Trauben, welche selbst Mitte bis Ende November (meine typische Erntezeit) nur schwach ausgereift waren und somit für die Weinherstellung, aber auch zum Mundverzehr unbrauchbar, mit Mostgewichten von teilweise nur 40 °Oe und einem sehr schlechten Äpfelsäure-Weinsäure-Verhältnis.

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Durch den starken Rückschnitt ist das Blattwerk dieses Jahr auch weniger dicht gewesen. Der Ertrag ist auch geringer, noch dazu sind leider um die 15-20 Prozent im Sommer der Grünfäule zum Opfer gefallen, ein Problem, das ich zumindest vor weiterer Ausbreitung stoppen konnte durch hochdosiertes Spritzen von Fungisan.

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Die Trauben die am Stock dran sind dieses Jahr und die nicht von Rohfäule betroffen sind, sind dafür aber sehr gut und gleichmäßig ausgereift, und haben insgesamt eine hohe Qualität, mit Mostgewichten die jetzt schon durchgehend im unteren bis mittleren 70°Oe-Bereich liegen. Sollte es noch ein paar schöne sonnige Herbsttage geben, dann ist ein Durchschnitts-Mostgewicht der Rotweinmaische von an die 80°Oe Ende November durchaus denkbar.

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Die Ansatzmenge wird wohl in diesem Jahr nur bei unter 15 Litern liegen. Ist im Moment noch nicht ganz abzusehen. Könnte auch weniger werden. Auf der anderen Seite ist der Anteil der verwendbaren Trauben dieses Jahr wie gesagt deutlich höher. In Jahren mit trotz vorangeschrittener Saison sehr unreifem Lesegut waren es manchmal nur zwei Drittel der Trauben, die gut genug waren für die Weinherstellung.

Wie lautet noch die alte Winzerregel - besser wenig guten Wein produzieren, als viel mittelmäßigen... :lol:

Ich verarbeite die Trauben immer zu Rotwein, auch wenn dieser aufgrund des rauhen norddeutschen Klimas nie so richtig durchgefärbt ist wie Rotwein aus südlicheren Gefilden. Vom Erscheinungsbild her ist es eher ein dunkler Rosé... :P obwohl ich letztes Jahr die Farbintensität steigern konnte dadurch, dass der Wein länger auf der Maische blieb als üblich.


Jedenfalls, schaun wir mal in ein paar Wochen, was draus wird ;)


- Kirschwein
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Re: Muskat-Trollinger 2019

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Da wünsche ich viel Erfolg, die Ochsen lassen ja hoffen 8-)
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Kirschwein
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Re: Muskat-Trollinger 2019

Beitrag von Kirschwein »

danke... ;)

Ich meinte übrigens nicht Grünfäule, sondern tatsächlich Rohfäule, auch Sauerfäule genannt.

Das Problem tritt in unregelmässigen Abständen alle paar Jahre mal gehäuft auf hier. Bin mir nicht sicher warum, könnte ne Mischung aus feuchter Witterung und zu spätem Spritzen von Bacillus Thuringiensis gegen Sauerwurm sein.

Fungisan von Neudorff in mindestens doppelter Dosierung schien dieses Jahr zu helfen und die Ausbreitung zu hemmen. Damit konnten leicht befallene Beeren größtenteils gerettet werden.
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Re: Muskat-Trollinger 2019

Beitrag von Ehli »

Hi.
Wie weit nördlich bist Du denn?
Meiner einer aus schwäbisch Sibirien hat mit der NewYork Muskat die letzten Jahre ganz gute Erfolge gehabt.
4 Jahre ohne jegliche Chemie mit einigermaßen Ertrag.
Allerdings extrem nach Muskat im Geschmack. Muss man eben mögen.
Farblich würde ich sagen ein helles Rubinrot.

Habe am 08.10 bereits angesetzt bei über 85 Oe. Bis zu Deinem Erntepunkt hätten mir Wespen und Vögel alles weggefressen.

Gruß
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Re: Muskat-Trollinger 2019

Beitrag von Ehli »

Na jetzt bin ich aber gespannt ob ich es irgendwie schaffe mal wieder ein Bild ranzuhängen.
Das zeigt die Farbe einfach besser als alle Beschreibungen.

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Links in der Buddel vom letzten Jahr. Mitte dieses krasse pink vom frisch gepressten und rechts wie der im Glas ausschaut.

Gruß
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Re: Muskat-Trollinger 2019

Beitrag von Oechsle »

Da wird man ja richtig neidisch!

Ich möchte mich auch mit der Traubenweinherstellung beschäftigen. Im Frühjahr werde ich eine Reihe Reben mit einigen Pflanzen anlegen. Wünschte ich könnte jetzt schon anfangen :D.
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Re: Muskat-Trollinger 2019

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Sehr schöne Farbe, das macht Appetit auf einen Schluck :clap:
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Re: Muskat-Trollinger 2019

Beitrag von Kirschwein »

Hab heute nochmal die Trauben gemessen, aber nur einzelne Beeren stichprobenartig mit dem Refraktometer.

Bin inzwischen bei 80 bis 85 °Oe, und die Witterung wird hier langsam nasskalt, also wird der Erntezeitpunkt dieses Jahr deutlich früher liegen.

Ich muss mal schauen ob ich noch genügend Hefe und andere Hilfsmittel habe, vielleicht ernte ich nächstes Wochenende.

Wahrscheinlich reicht dieses Jahr ein 15-Liter-Ballon. Tatsächlich keine große Ernte diesmal, aber dafür sind eben die Trauben die dran hängen von Top-Qualität. Letztes Jahr hatte ich über 25 Liter Maische als Ansatzmenge, aber die Trauben waren sauer und schlecht ausgereift. Was wie gesagt vor allem dadurch kam, dass der Weinstock ein Stück weit verwildert war. Der starke Rückschnitt dieses Frühjahr hat die Qualität der Trauben um mehrere Kategorien verbessert, aber es ging eben (zumindest für diese Saison) zu Lasten des Ertrags...
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Re: Muskat-Trollinger 2019

Beitrag von Ehli »

Na dann bin ich mal gespannt was Du zu berichten hast.
Ich habe die erste Verkostung durch.
Nicht so intensiv wie im letzten Jahr aber der wird.
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Re: Muskat-Trollinger 2019

Beitrag von Ehli »

Kein Grund neidisch zu werden. :)
Oechsle hat geschrieben: 15 Oktober 2019 19:23 Da wird man ja richtig neidisch!

Ich möchte mich auch mit der Traubenweinherstellung beschäftigen. Im Frühjahr werde ich eine Reihe Reben mit einigen Pflanzen anlegen. Wünschte ich könnte jetzt schon anfangen :D.
Ich habe vor Urzeiten (2003) mit einer Hausrebe angefangen, die leider dem Mehltau zum Opfer gefallen ist.
Habe von den Kollegen und Kolleginnen hier im Forum alles gelernt was für einen schmackhaften Wein wichtig ist.
Dafür an dieser Stelle mal wieder ein "Dankschee".

Tip von mir:
Nicht gleich zu viel pflanzen.
Check erst mal ob die Rebe sauber wächst in Deiner Umgebung und ob der Wein schmecken kann.
Hab da bittere Erfahrung machen müssen weil einige Reben die mir gut erschienen bei mir einfach verkümmert sind.

Gruß
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Re: Muskat-Trollinger 2019

Beitrag von Kirschwein »

Hab gestern geerntet.

Leider sind viele Trauben vergammelt, aber nicht weil sie überreif waren, sondern weil sie den schon erwähnten Grünfäule-Befall hatten. Dazu kam halt, dass von vornherein der Ertrag dieses Jahr geringer war wegen des radikalen Rückschnitts diesen Frühling.

Am Ende waren's sechs bis sieben Liter Maische.

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Das Mostgewicht der Maische war allerdings (für diese Breiten hier) schon außergewöhnlich, mit nie dagewesenen 87°Oe.

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(Wer noch keins hat: Die Anschaffung eines Refraktometers ist wärmstens zu empfehlen für jeden, der regelmässig Weine herstellt. Kostet um die 40 Euro beim "Belgier" ;) ).


Der Rückschnitt war somit was die Qualität der Trauben angeht ein voller Erfolg. Auch der Reifegrad der Trauben ist deutlich besser, man konnte gestern am Most auf Anhieb ein Überwiegen von reifen Tanninen gegenüber unreifen Tanninen schmecken. Das sehr hohe Mostgewicht könnte neben der warmen Witterung auch daran gelegen haben, dass der Weinstock schon ein wenig Frost abbekommen hat und viele Beeren somit leicht "schrumpelig" waren.

Ich hab ein bisschen Rübenzucker zugesetzt, eigentlich wollte ich nur leicht auf 90 °Oe aufzuckern, aber ich hab mich ein wenig bei der benötigten Zuckermenge verschätzt und am Ende war das Mostgewicht zum Gärstart 97 °Oe. Die Bioferm Aromatic-Hefe scheint damit aber gut klarzukommen, und heute morgen, nicht mal acht Stunden später, war schon eine deutliche stürmische Gärung zu sehen.

Nur eben ist der Ertrag dieses Jahr leider sehr gering. Für die fünf Liter Endprodukt lohnt sich am Ende beinahe noch nicht mal ne Flaschenabfüllung. Oder vielleicht werd ich doch mal nen Schwung 375-ml-Flaschen kaufen.
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Re: Muskat-Trollinger 2019

Beitrag von Ehli »

Hast Du mal die Säre gemessen?
Bei mir lässt die Gäraktivität so langsam nach und ich liege bei knappen 9 g/l.
Da bin ich mir nicht sicher ob da genug ausfällt, dass das genießbar wird.
Zur Not muss ich mit ein wenig Kalk nachhelfen.
Ich frag mich warum dieses Jahr so extrem sauer. Reife besser als die letzten Jahre, wo ich immer bei ~ 7 im fertigen Wein lag (ohne jegliche Korrektur)

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