Hamburger Apfelwein

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Fruchtweinkeller
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Re: Hamburger Apfelwein

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Ja, die Gefahr besteht sicherlich. Nun ist Cider aber nicht für eine hohe Lagerzeit gedacht, da kann man das Risiko schon eingehen. Alternativ: EK-Filtration vor Zugabe von Feed, Hefe und Xylit.
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apple87
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Re: Hamburger Apfelwein

Beitrag von apple87 »

Moin Klette,
dein Projekt hab ich mal als Anregung genommen. Ich hab Mittlerweile ja auch einiges an Equipment hier herumliegen, die Tage ist ein Kronenverkorker dazu gekommen. Und Birkenzucker habe ich auch im Supermarkt mitgenommen, brauchte eigentlich nur Fruchtzucker aber dann stand das Zeug eben da, und ich dachte an deinen Faden hier :lol:

Jedenfalls liegen hier auch noch seit Samstag rund 75 kg Äpfel die voraussichtlich Samstag gemostet werden (neben den nun braun werdenden 40 kg Mostbirnen). Mein Plan ist, davon (evtl. reinsortig Bittenfelder Apfel) was nach der Gärung und Klärung mitsamt Birkenzucker ins NC-KEG zu geben, entweder mit Nachgärung oder Zwangskarbonisierung und dann auf Flaschen Gegendruckabfüllen (Flaschen brauch ich noch... nur welche... :hmm:).
Jedenfalls an der Stelle danke für die Anregung! :clap:

Zum Thema Selbstklärung noch mal:
Mein Apfelmost (mit 20-30 % Birne) klärt nun schon wärend der abnehmenden Gärung:
Bild
Ich muss aber auch sagen, dass ich überzeugter Kaltgärer (12-15 °C) bin (die Gegebenheiten lassen was anderes aber auch nicht zu), was die Klärung befeuert und (Chefe, hier bitte mal nicht weiterlesen :lol: ) die Gärung verzögert. So dauert ein 50 L Fass Apfel/Birnen/Quitten-Most dann auch mal 1-3 Monate). Gerührt/Geschüttelt wird auch nicht. :engel:
Hosch Du Ärger, brauchst Du Troscht,
no hock no ond drenk en Moscht

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Fruchtweinkeller
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Re: Hamburger Apfelwein

Beitrag von Fruchtweinkeller »

IchhabdieAugenschonzu 8-) :)
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Klette
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Re: Hamburger Apfelwein

Beitrag von Klette »

So liebes Forum, einige Wochen sind seit meinem letzten Beitrag vergangen. Dementsprechend viel gibt es zu erzählen. Die erste Charge haben wir gefiltert, gesüßt, gezuckert und zu Zweitvergärung und späteren Genuss abgefüllt. Aber im Detail…


19. Oktober 2021

Zugabe von 6g/L Eichenchips (französische Eiche, mittlere Röstung)

Bisher habe ich unseren Apfelwein optisch immer als etwas blass empfunden. Ein Erfahrungsbericht sagte, dass Eichenchips die Farbe intensivieren können. Deshalb haben wir ein Fass damit angereichert.


24. Oktober 2021

Abziehen und Klarfiltern mit 10 Micron Filterkarton

Der Saft ist stabil auf 4° Oechsle. Also: Runter von der Hefe!

Wir machen aus Abziehen und Filtern einen Vorgang. Hierzu verwenden wir den Pulcino Oil und 10 Micron Filterkarton (Sorte 4).

Bei 8 in Reihe geschalteten Kartons braucht der Pulcino ca. 7 Minuten für 30 Liter, woraus sich eine Filtergeschwindigkeit von ca. 4 Litern pro Minute ergibt.

Der zentrifugierte Saft läuft schneller durch als der unbehandelte und verbraucht weniger Filterplatten – die Gründe, weshalb wir in Zukunft möglichst nur noch zentrifugierten Saft kaufen werden.

Bild

Da wir insgesamt 6 kleinere Fässer haben, müssen wir zwischendurch immer wieder Fässer reinigen. Das hält uns den ganzen Nachmittag beschäftigt.

Testfass: Weg mit den Eichenchips

Beim Abziehen haben wir auch die Eichenchips aus dem Testfass entfernt. Der Wein lag nun also 5 Tage auf Eichenchips.

Insgesamt hat der Apfelwein durch den Prozess an Farbe gewonnen. Der geschmackliche Einfluss ist noch sehr stark – der Wein schmeckt nun etwas holzig.

(Da ich diesen Bericht mit ein paar Wochen Verzögerung schreibe, kann ich schon auflösen, dass die Aromen mit der Zeit deutlich dezenter und angenehmer werden.)

Bild


27. Oktober 2021

Luftraum reduzieren

Durch den Saftverlust beim Filtern ist das Luftvolumen in den Fässern noch einmal angestiegen. Dadurch ergibt sich die Gefahr oxidativer Weinfehler.

Um das Risiko zu minimieren, kippen wir einige Fässer zusammen und reduzieren so das Luftvolumen.


5. November 2021

Glanzfiltern mit 1,2 Micron Filterkarton

Wir wollen den Wein ja durch erneute Zuckerzugabe in der Flasche karbonisieren. Damit das Öffnen der Flasche nicht gleich zur Schaumparty eskaliert, filtern wir den Wein zunächst noch einmal. Denn: Je klarer die Flüssigkeit, desto mehr Kohlensäure wird darin gebunden. Es soll perlen, nicht schäumen!

Hierzu verwenden wir 1,2 Micron Filterkarton, da diese Porösität noch keine Hefebakterien herausfiltert – wir wollen überpfüren, ob das eine Zweitvergärung ohne erneute Hefezugabe zulässt.

Um den Effekt im Vergleich betrachten zu können, filtern wir eines der Fässer nicht weiter.

Bild


6. November 2021

Abfülltag!

Zur Erinnerung: Das Ziel ist ein perlender, trockener Apfelwein. Allerdings mit leichter Restsüße, welche die Aromen optimal zur Geltung bringt.

Vorbereiten zur Flaschengärung

Die Kohlensäure erzeugen wir per Flaschengärung. Um die optimale Menge Kohlensäure zu ermitteln, geben wir unterschiedliche Mengen Zucker in die Fässer:
6 g/L (1 Fass)
8 g/L (2 Fässer)
11 g/L (1 Fass)

Wir nehmen hierzu braunen Zucker, von dem wir hoffen, dass er auf den Wein abfärbt (wie Eichenchips).

Um die Flaschengärung in Gang zu bringen, geben wir noch einmal 0,1g/L Hefe (Steinberger, trocken) und 0,2g/L Kitzinger Hefenährsalz hinzu. Frage: Würde vielleicht sogar weniger Hefe zur Zweitvergärung reichen?

Um herauszufinden, ob die erneut Hefezugabe (bei ausbleibender Sterilfilterung) überhaupt notwendig ist, lassen wir diese bei einem Fass weg.


Süßen

Hierzu verwenden wir Birkenzucker. Wir experimentieren mit 10 g/L und 15 g/L.


Abfüllen

Zunächst reinigen wir die Flaschen mit 40g/L Schwefellösung. Frage: Vielleicht etwas viel? Die Flaschen sind neu und nicht grob verschmutzt.

Die Flaschen tropfen auf dem Flaschenbaum ab.

Mit dem Enolmatic füllen wir den Wein in 0,33-Literflaschen, die wir mit Kronkorken verschließen.

In normalen Getränkekisten stellen wir den Wein zur Zweitvergärung in den Keller.


10. November 2021

Sichtprobe

Beim Drehen der Flasche sieht man bereits, dass sich Kohlensäure bildet.


23. November 2021

Der erste Probeschluck

Die Flasche ploppt, der Apfelwein perlt. So soll es sein.

Das Süßen mit Birkenzucker hat funktioniert. Trotz Flaschengärung ist der Apfelwein fruchtig, vollmundig und etwas sauer. Zwischen 10 g/L und 15 g/L schmecken wir keinen wirklichen Unterschied. Nach dem Prinzip der „niedrigsten wirksamen Dosis“ werden wir zukünftig 10 g/L nehmen.

Die Kohlensäure lässt den Wein im Mund aufschäumen, was sensorisch einen echten Gewinn darstellt. Darauf kann man aufbauen!

Die Flaschen, die zuvor den Eichenchips ausgesetzt waren, haben zusätzliche Aromen erhalten, die mittlerweile deutlich dezenter geworden sind. Ob diese einen Gewinn darstellen, muss jeder selbst bewerten. Mich erinnern die Aromen eher an Whiskey. Weil das nicht so gut zu einem frisch-fruchtigen Sommergetränk passt, werden wir zukünftig darauf verzichten.

Wer probieren möchte, dem sende ich gegen Porto eine Flasche zu!


Geplante Änderungen

Wie schon diskutiert, habe ich ein wenig Sorge, dass der Apfelwein sich durch Säureabbau bzw. Säureumwandlung zum Nachteil verändern könnte.

Um das zu verhindern, werden wir den Apfelwein beim nächsten Mal vor der Abfüllung sterilfiltern.


Offene Fragen für die nächste Charge

Zweitvergärung
Reicht vielleicht sogar weniger als 0,1g/L Trockenhefe?

Flaschendesinfektion
Sind 40g/L vielleicht etwas viel Schwefel zur Reinigung? Die Flaschen sind neu und nicht sichtbar verschmutzt.
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Re: Hamburger Apfelwein

Beitrag von Fruchtweinkeller »

zu 1) Einige benutzen mehr Hefe, andere geben vor der Flaschengärung gar keine Hefe mehr hinzu und hoffen auf die Aktivität von Resthefen (dann darf der Wein natürlich nicht entkeimt werden). Ich denke, dazwischen gibt es viele Graustufen ;) Wenn es bei dir so gut geklappt hat, dann bleibe dabei.
Hast du die Hefe irgendwie rehydriert oder hast du die Trockenhefe einfach in die Flaschen gegeben? Auch da gehen die Meinungen auseinander, ich habe das noch nicht systematisch miteinander verglichen.

zu 2) sichtbare Verschmutzung hat ja erstmal wenig mit "Sterilität" zu tun... es gibt auch sterilen Dreck :mrgreen: Man könnte wohlwollend davon ausgehen, dass die Flaschen schon halbwegs "Produktionssteril" sind und auf die Sterilisierung komplett verzichten. Mir als altem Mikrobiologen gefällt die Idee weniger. Bei der Sterilisierung würde ich keine Kompromisse eingehen: Entweder ganz lassen oder volle Möhre KPS.
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Re: Hamburger Apfelwein

Beitrag von Klette »

Fruchtweinkeller hat geschrieben: 18 Dezember 2021 21:38 Hast du die Hefe irgendwie rehydriert oder hast du die Trockenhefe einfach in die Flaschen gegeben? Auch da gehen die Meinungen auseinander, ich habe das noch nicht systematisch miteinander verglichen.
Nach Packungsanleitung rehydriert in abgekochtem lauwarmem Wasser, 125ml je 5g.
2 Stunden gewartet, durchgerührt und auf 0,1g/Liter Wein beigemischt.

Mein Argument, weniger zu nehmen, wäre ein geringerer Hefesatz in der Flasche. Vielleicht probiere ich nochmal etwas rum.
Versuchsaufbau:
Fass 1 = 0,1g/L Hefe
Fass 2 = 0,07g/L Hefe
Fass 3 = 0,03g/L Hefe

Dann nach 4 Wochen in der Flasche schauen, ob es subjektive Unterschiede im Kohlensäuregehalt und objektive Unterschiede im Weingewicht gibt. Meinung? :)

(Bei nicht sterilisierem Wein, so wie bei der letzten Charge, hat die Flaschennachvergärung auch bei dem Fass funktioniert, wo wir keine Hefe mehr beigefügt hatten. Ist aber wegen BSA-Gefahr vorerst keine Option mehr.)

Fruchtweinkeller hat geschrieben: 18 Dezember 2021 21:38 Bei der Sterilisierung würde ich keine Kompromisse eingehen: Entweder ganz lassen oder volle Möhre KPS.
So sei es. Aber reichen nicht vielleicht 20g/L? Das Zeug geht ins Geld und kribbelt in der Nase :D
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Re: Hamburger Apfelwein

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Wären die Flaschen produktionssteril würde auch 0 g KPS reichen 🤷‍♂️
Besorg dir doch ein paar Flaschenmanometer, das ist für solche Versuche optimal. Ich will meine nicht mehr missen.
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Re: Hamburger Apfelwein

Beitrag von apple87 »

Also KPS ist in der Kilopackung recht günstig, finde ich, gibts für < 10 €.

Thema BSA: Es ist reichlich Zeit und Wein vergangen, seit ich die FWK Website komplett studiert habe :pfeif:
Ich hatte den BSA beim Apfelwein zugegebenermaßen nicht mehr auf dem Schirm und fragte mich schon, warum das so ein großes Problem sein sollte. Jedenfalls habe ich persönlich keine (bemerkten) Probleme mit BSA gehabt (keine "Nachgärung" ohne Zuckerzugabe, kein Säureabbau). Früher habe ich den Apfemost klassisch gemacht und auch gezapft (aus dem Fass mit Gärspund und KPS Lösung). Jetzt mache ich ihn in geringen Umfang immernoch klassisch, lagere ihn dann aber meist in Bag-inBox.
Ich weiß aber nicht, wie die Erfahrungen sonst so sind. Der BSA verläuft ja wohl auch gerne eher bei höheren pH-Werten? Habe was von >3,5 gelesen.
Ich will dich nicht von dem Weg der Tugend abbringen sondern nur noch mal Denkanstöße geben. ;)

Auf dein Angebot mit der Flasche gegen Porto würde ich übrigens gerne zurückkommen evtl. auch im Tausch, sofern Interesse besteht. Ich würde dir aber im neuen Jahr nochmal eine PN schreiben.

Ansonten Glückwunsch zum Gelingen und danke für Bilder und Text, sehr interessant! :clap:
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Re: Hamburger Apfelwein

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Es kann ein Problem werden weil Äpfel einen hohen Anteil an Zitronensäure enthalten können, damit machen die Bakkis Blödsinn. Scheint sortenabhängig zu sein, irgendwo bei mir liegt ein Buch über Inhaltsstoffen von Obst und Gemüse, da gab es große Schwankungen. Wobei irgendjemand hier im Forum (Fibroin?) glaube ich mal von einem BSA im Apfelsaft berichtet hatte ohne geschmackliche Einbußen. Wenn man das wagt muss man die Chose halt sehr genau im Auge behalten und gegebenfalls rasch die Reißleine ziehen.
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