Apfelwein EK Filtern oder nicht - Seminarbericht

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willkomm2000
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Apfelwein EK Filtern oder nicht - Seminarbericht

Beitrag von willkomm2000 »

hallo forumsfreunde,
manchmal kann man ja über den tellerrrand schauen.. hab gerade am samstag auf der schwäbischen alb an einem seminar "apfelwein für fortgeschrittene" teilgenommen. veranstaltet von dem sehr umtriebigen www.streuobstparadies.de. mega gute veranstaltung. der referent betreibt einen traditionsgasthof in der x-generation mit einer eigenen destille und apfelweinproduktion. veranstaltung ausgebucht mit 20 teilnehmern v.a. natürlich aus bawü. viele aus der 100/1000 liter-klasse mit echten vorkenntnissen.

abgesehen vom seminar übrigens eine super-urlaubsregion im streuobstparadies...

interessant war für mich, da ich mich gerade schon seelisch mit anschaffung einer pulcino oil abgefunden hatte, v.a. um mit EK-Filterung die gärung zu beenden, dass das bei schwaben überhaupt kein thema war... einige meinten, sie hätten das probiert, da käm nach ek nur noch "wasser raus", sprich aroma etc. blieb auf der strecke....

handelt es sich hier wohl um eine regionale besonderheit, oder kann da was dran sein...

zum streuobstparadies fahr ich auf jeden fall noch mal, ob ich ek-filter bin ich jetzt unsicher...

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klaus
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JasonOgg
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Re: Apfelwein EK Filtern oder nicht - Seminarbericht

Beitrag von JasonOgg »

Das hört sich richtig spannend an, wie bist Du denn darauf gekommen?

Was die dort machen kann ich nicht beurteilen. Ich kann nur von meiner Erfahrung aus der Vorfilterzeit berichten. Damals hatte ein klarer Abfelwein auch nach einigen Monaten Klärung in der Flasche noch eine Staubschicht gebildet. Später gab es auch irgendwo im Forum mal Bilder von der Optik vor und nach dem Filtern, das war deutlich zu erkennen (ich glaube es war Granatapfel). Das glasklare Funkeln habe ich ohne Filter nie hinbekommen.

Jetzt muss man aber auch dazu sagen, dass ich zum Klären und lagern keinen wirklich kühlen Raum habe. Wenn man über die Hektoliter-Klasse redet, dann haben die wahrscheinlich andere Betriebsbedingungen, was auch Einfluss auf die Ergebnisse hat.

Ein weiterer Punkt könnte Antigel sein. Beim Natuzym hatte ich den Eindruck, dass der die Fruchtbestandteile so klein hackt, dass wirklich nur noch kleinstes Krümelzeug überbleibt. Ein grober Filter hat da nichts mehr rausgeholt.

Aber das betrifft noch nicht das EK-Filtern. Neben der letzten Brillianz durch Ausfiltern auch allerfeinster Trubstoffe kommt diesem Filtergang ja auch die Aufgabe zu, Hefen und eventuell vorhanden Mikroben auszufiltern und so den Wein zu stabilisieren. Beim Pfälzer Apfelwein geht es wahrscheinlich um ausgegorenen Apfelsaft, ohne Zucker gärt da nichts mehr.

Das beim EK-Filtern am Ende nur Wasser herauskommt kann man pauschal nicht sagen. Nicht Apfelwein, aber anderen Weinen hat das sogar geschmacklich gut getan, gewisse Trubstoffe bringen durchaus auch eine leichte Bitternote mit. Insgesammt meine ich, dass der letzte Filterschritt den Wein etwas weicher macht. Bei einem eher flachem Apfelsaft kann das durchaus fehlen.
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willkomm2000
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Re: Apfelwein EK Filtern oder nicht - Seminarbericht

Beitrag von willkomm2000 »

JasonOgg hat geschrieben: 02 September 2019 08:03 Das hört sich richtig spannend an, wie bist Du denn darauf gekommen?



Jetzt muss man aber auch dazu sagen, dass ich zum Klären und lagern keinen wirklich kühlen Raum habe. Wenn man über die Hektoliter-Klasse redet, dann haben die wahrscheinlich andere Betriebsbedingungen, was auch Einfluss auf die Ergebnisse hat.

da hab ich einfach mal ein wenig gegoogelt.... in diesem riesigen streuobstsparadies machen die ungezählte veranstaltungen rund um den apfel. und tun auch ziemlich viel für die bestände.... von fachberatern und baumwarten hab ich bei uns noch nie was gehört... da fahr ich bestimmt noch mal hin.

nee, die hatten auch keine anderen betriebsbedingungen. nur einer baute sich gerade eine kühlung in seinen keller... die meisten waren m.e. so mit 1-200 litern unterwegs.... der renner war da übrigens das edelstahl-druckfass als aufbewahrung.. mein nachbar hatte gleich 3 dieser 50 liter-fässer an eine co2-flasche angeschlossen - und zapft da das ganze jahr. ist nur wohl erst recht schaumig, muss man dann ein bisschen ruhen lasen....
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JasonOgg
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Re: Apfelwein EK Filtern oder nicht - Seminarbericht

Beitrag von JasonOgg »

willkomm2000 hat geschrieben: 02 September 2019 09:05 ... von fachberatern und baumwarten hab ich bei uns noch nie was gehört...
Fachberater kenne ich nur aus dem Kleingarten.

Das ist übrigens kostenlos. Wenn Du also noch einen Kleingarten hast, dann lass Dich doch über den Vorstand anmelden. Ich habe das mal mitgemacht, dass ist hochspannend und als Referenten sind ausgesprochene Fachleute dabei, z.B. von der LUFA oder auch Stefan Grote, der mir endlich mal etwas Nachvollziehbares zum Obstbaumschnitt gesagt hat (insbesondere zur Quitte).
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wickie
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Re: Apfelwein EK Filtern oder nicht - Seminarbericht

Beitrag von wickie »

Ich habe schon einmal Apfelwein gemacht und kenne den vorher, nacher Vergleich. Ich kann dich da getrost einmal beruhigen, das der Filter nichts mit dem geschmackverlust zu tun hat, wenn du vorher die Kartonplaten gründlich spülst, so wie es hier empfohlen wird.

Meiner Meinung nach ist das Filtern sogar förderlich für den Geschmack, da die Trübstoffe nicht nur Bitternoten mitbringen, sondern auch andere nach Brot und Hefe schmeckenden Stoffe. Als Vergleich kann man in den Supermarkt gehen und sich einmal gefilterten Apfelsaft und einmal Naturtrüben Apfelsaft kaufen.

Durch dieses Forum hier habe ich gelernt, das einzig und alleine die Apfelsorte dafür verantwortlich ist, wie der Wein nach dem Filtern schmeckt. Ich habe auch mit den Gastwirten bei uns über den Apfelwein geredet und erfahren, dass das Filtern eher dahingehend Probleme bereitet, das der Wein kaputt geht.
Sie stellen im weitesten Sinne eher Most her, der ja nicht so viel Alkohol enthält wie ein Wein und deshalb lassen sie ihn lieber unberührt im Fass klären.

Unter vorgehaltener Hand, würde ich eher behaupten, sie wollen sich die Arbeit ersparen
willkomm2000
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Re: Apfelwein EK Filtern oder nicht - Seminarbericht

Beitrag von willkomm2000 »

wickie hat geschrieben: 02 September 2019 10:48
Durch dieses Forum hier habe ich gelernt, das einzig und alleine die Apfelsorte dafür verantwortlich ist, wie der Wein nach dem Filtern schmeckt.
Das war auch eine zentrale botschaft des seminars. Qualität kommt vom baum oder wie man heute neumodisch sagt terroir...viele machten dort ihren apfelwein sortenrein oder ganz bestimmte cuvees...der referent hatte allein über 50 sorten zur verfügung und verwendet viel zeit für die baumpflege und nimmt für den wein nur die besten früchte....

Gruss aus ostwestfalen
Klaus
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Re: Apfelwein EK Filtern oder nicht - Seminarbericht

Beitrag von Fruchtweinkeller »

einige meinten, sie hätten das probiert, da käm nach ek nur noch "wasser raus", sprich aroma etc. blieb auf der strecke....
Wenn "Fachlaute" so etwas "pauschal" von sich geben und dann noch den Begriff "Terroir" (kommt von Terror) benutzen bekommt meine Tischplatte wieder mal Probleme... :oops: Nun haben die Vorredner zur Filterrei ja alles gesagt was zu sagen ist, ABER eine Spitze kann ich mir nicht verkneifen...
ist nur wohl erst recht schaumig, muss man dann ein bisschen ruhen lasen....
Gefilterter Wein würde weniger heftig schäumen :pfeif:
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willkomm2000
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Re: Apfelwein EK Filtern oder nicht - Seminarbericht

Beitrag von willkomm2000 »

nicht ganz so streng,, das mit de terroir kam von mir. das würde der schwabe, sofern man ihn versteht, nie sagen...... die schwaben da unten machen aber schon gute sachen mit ihren streuobstwiesen, ihren äpfeln und ihrem apfelwein... die 25 proben waren mehrheitlich richtig lecker....

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Re: Apfelwein EK Filtern oder nicht - Seminarbericht

Beitrag von Martinve7 »

Traditionell machen wir unseren Apfelwein aus reinem Apfelmost (Saft). Auch kenne ich niemanden in meiner Gegend, der ihn filtert, auch in der Gaststätte wird er bei uns ungefiltert verzapft.

Ich hatte vorletztes Jahr mal einige hundert Liter EK gefiltert, um in Edelstahlfässern zu lagern und dann zu verzapfen, was auch sehr gut funktionierte.
Allerdings hatte der Apfelwein nach dem Filtern einen anderen Geschmack. Er hatte nicht weniger Geschmack, aber er schmeckte anders.
Ich kann aber nicht sagen, ob es an der Fasslagerung oder am Filtern lag.
Gruß
Martin
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wickie
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Re: Apfelwein EK Filtern oder nicht - Seminarbericht

Beitrag von wickie »

Natürlich schmeckt der Wein nach dem Filtern anders, aber er verliert dadurch nicht an Geschmack. Er wird weicher und runder, da die Trübstoffe entfernt werden.

Da wo ich herkomme, wird der fertig vergorene Apfelsaft als "Most" bezeichnet. Laut meinem Verständnis haben Äpfel nicht selber genug Zucker um Hochprozentig zu vergären. Den Most, den ich beim Wirten bekomme hat meistens einen Alkoholgehalt von ungefähr 5%. Vielleicht gibt es da auch gesetzliche Vorschriften, die das Nachzuckern verbieten. Durch den niedrigen Alkohol wert, schmeckt ein Most auch viel Fruchtiger als ein Wein, daher fällt das mit dem schlechten Geschmack der Trübstoffe auch nicht so auf. Die denken dann "Das muss so", ohne mal was anderes / neues zu Probieren. Wozu sollten sich die Wirte die Arbeit des Filtern machen?

"Wein" mit 10 - 12% der aus Äpfel gemacht wird, habe ich so noch nie gesehen und da weiß ich von meiner eigenen Produktion, das er ungefiltert eher stumpf schmeckt. Irgendwie fehlt mir da etwas die brillianz und Filter den Wein lieber. Außerdem kan ich so komische Bröckchen/Stückchen in einem Getränk nicht leiden. Wegen der Haltbarkeit bringe ich meinen Wein auch auf ca. 13% und da schmeckt man den unterschied zwischen trüb und gefiltert schon.
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Fruchtweinkeller
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Re: Apfelwein EK Filtern oder nicht - Seminarbericht

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Schätze dass die auch nicht schwefeln. Da kann der Filter- oder Abfüllschock auch schon mal besonders schocken, besonders wenn die Feinhefe dann auch noch futsch ist.
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