Danke für die Antwort und das Brainstorming.
Bzgl. dem Sud: ich habe es eher umgekehrt verstanden, d.h. der Sud wird weggekippt und die abgekochten Äste beigefügt. Teilweise sind die Anleitungen da ein bisschen wirr. Einige Anleitungen die ich gefunden habe gehen davon aus, dass die Hefen am Gesho sitzen, allerdings werden die Äste in den meisten Rezepten ja gekocht, also, wie du schon sagst, gibt es dort keine Hefen mehr. Ich denke vielmehr, dass diese aus der Luft kommen. Ich habe noch ein paar Gedanken zu Tej im Buch von Sandor Katz "The Art of Fermentation" gefunden. Ein Claim dort ist, dass es die holzigen Bestandteile braucht, um die Hefen zu fördern. Er zitiert dort Keith Steinkraus: "Honey, particularly light yellow honey, is deficient in nitrogen and growth factors needed by yeasts." Dieses sollen offenbar die Äste liefern, wozu es evtl auch nötig ist, dass diese anschimmeln (wie im Video zu sehen, wächst da ja eine Menge Pilz oben). Auch erwähnt ist im Buch, dass manche Äthiopier glauben, es sei hilfreich, der Tej Ansatz enthalte noch Wachs, Pollen oder ein paar tote Bienen, da das alles hilfreiche Nährstoffe für die Hefen liefere. Ich bin nicht 100%ig überzeugt. Ich vermute für die Verfügbarmachung von Stickstoff aus den Ästen braucht es tatsächlich viel Zeit und vermutlich den Pilz, um den Stickstoff "aufzuschließen". In deinem Rezept wird der ganze Zauber ja im Prinzip einfach durch geriebenen Apfel und Nährsalz ersetzt. Ich kann mir aber vorstellen, dass dieses reingerührte Pilz bzw- Pilz/Bakterien-Geflecht geschmacklich den besonderen Unterschied zu Honigwein macht.
Noch ein Indiz für die Theorie: Tej gelingt angeblich nur in warmen Klimata bzw. bei Temperaturen höher als 21 °C. Manche Äthiopier packen ihren Tej angeblich warm ein, wenn die Temperatur darunter sinkt. Da das Tradition und sehr verbreitet ist, scheint da etwas dran zu sein. Eine hohe Temperatur ist offenbar wichtig. Erst habe ich überlegt, ob man vielleicht Milchsäurebakterien einen Wettbewerbsvorteil geben will, dann bin ich auf die Idee gekommen, ob es sich vielleicht auch um Edelfäule handeln könnte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Edelf%C3%A4ule
Zitat: "Der Pilz verstoffwechselt Zucker, Säuren und Stickstoff. Relativ verbraucht er aber weit mehr Säure als Zucker und gibt dabei Stoffwechselprodukte wie Glycerin an die Beere ab. Diese mikrobiologischen Prozesse verändern auch die Farbe und Aromen des Saftes.[1] Das führt beispielsweise zum typischen honigartigen Edelfäulebukett bzw. Botrytiston."
Optisch würde sich das mit dem Fruchtkörper im Video decken. Edelfäule/Graufäule ist offenbar auch in der Lage, Äste (z.B. bei der Tomate) zu befallen und würde a) Stickstoff aufschließen (wenn ichs richtg verstehe) und b) ein pilzartiges Aroma zufügen. Tej schmeckt meiner Meinung nach tatsächlich ein bisschen pilzig. Das könnte aber auch einfach daran liegen, dass er lang auf der Hefe liegt. Ich denke ich werde mal einen Tej besorgen müssen und den side-by-side mit meinen Versuchen verkosten und vergleichen müssen. Kommerzieller Tej ist nur leider ähnlich schwer zu bekommen wie die Gesho Äste
