Wichlinge von 2012

Der Lohn der Mühe: Was trinkt ihr gerade, und wie beurteilt ihr den Wein?
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JasonOgg
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Wichlinge von 2012

Beitrag von JasonOgg »

Noch ein Nachtrag.

2012 wurde mir Wichlinge angeboten. Wichlinge heißen sie hier im Münsterland und werden auch Kinderpflaumen genannt. Allerdings kenne ich das bisher nur von einem Bauern. Die kommen einem vor wie Zwetschgen in Mirabellengröße vor, schmecken auch fast genauso, haben aber durch die Größe bedingt einen höheren Schalenanteil.

Geerntet wurde mit einer Plane unter dem Baum, ordentlich geschüttelt, grob den Müll ausgelesen und Schwupps waren zwei Eimer voll. Entsteinen ist unmöglich, also habe ich sie wie eine Schlehe vergoren, mit Steinen und kurzer Maischestandzeit.

Der erste Eindruck des fertigen Weines war "Barrique" und zwar mit Betonung auf "Ba(eh)". Jetzt, fast ein Jahr später, scheinen diese Tanine alle zerbröselt zu sein, der Wein ist schön rund geworden und schmeckt auch nicht mehr so zwetschgig wie vorher. Er hat eine wunderschöne Farbe, nicht so das zwetschgenbraun. Selbst die Restsüße und Säure habe ich bei ihm hinbekommen.

Das Abschütteln der todreifen Früchte hatte zuerst Befürchtungen an meinen letzten Zwetschgenwein aufkommen lassen, aber da ist nichts oxidiert.

Ich glaube, ich muss den Baum im Auge behalten :engel:
„DENK DARÜBER NICHT ALS STERBEN", sagte der Tod.
„DENK EINFACH DARAN, DASS DU FRÜHER GEHST, UM DEM ANSTURM AUSZUWEICHEN.“

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Dingy
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Re: Wichlinge von 2012

Beitrag von Dingy »

Tante Googele spuckt weder Wichlinge noch Kinderpflaumen aus.

Bild

sehen die so aus?
Die gibt es gerade wieder auf dem Markt.
Gruss

Dingy
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JasonOgg
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Re: Wichlinge von 2012

Beitrag von JasonOgg »

Ja, da geht schon in diese Richtung.

Den Ausdruck Wichling habe ich auch schon einmal gegoogelt und nicht gefunden. Das scheint ein regionaler, vielleicht sogar familiärer Ausdruck.
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Re: Wichlinge von 2012

Beitrag von Dingy »

Die Pflaumen habe ich bewusst nicht mitgenommen weil ich weiss das die Kerne gar nicht rausgepult werden können.
Ausserdem ist die Zwetschge ja so ein Sorgenfall, ich bin weder mit der Farbe noch mit der Klärung zufrieden.
Geschmacklich wird sie aber besser habe ich bemerkt. Es schmeckte zuletzt nach einem trockenen Rose mit Zwetschgenaroma. :hmm:
Gruss

Dingy
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Blackface
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Re: Wichlinge von 2012

Beitrag von Blackface »

Kann es sein, dass ihr von der Krieche, Kriechenpflaume, Krete, Haferpflaume (und noch reichlich mehr Namen) redet? Unter den Regionalbezeichnungen bei Wikipedia taucht immer wieder "Wein..." auf, wenn das man nich was zu bedeuten hat ;) .

Wohl bekomms -- Thomas
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JasonOgg
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Re: Wichlinge von 2012

Beitrag von JasonOgg »

Nein, ist es nicht. Im Sommer sieht es aus wie ein Zwetschgenhochstamm und auch die Früchte sind gelbfleischig, wie Zwetschgen halt, nur kleiner und rund.

Ich hoffe ja, dass meine Haferschlehe dieses Jahr blüht und auch trägt, vielleicht kann man dann mal ein Vergleichsfoto machen.

Edit: Aber dem entnehme ich, dass Du den Begriff "Wichling" auch nicht kennst.
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Blackface
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Re: Wichlinge von 2012

Beitrag von Blackface »

Edit: Aber dem entnehme ich, dass Du den Begriff "Wichling" auch nicht kennst.
Richtig. Trotz meiner münsterländischen Herkunft. Bin aber in Münster eher städtisch (mit Schrebergarten) aufgewachsen; meine Großeltern stammten aus dem Oldenburger Münsterland und aus dem Paderborner Land, so dass bei uns von dem richtig lokalen Zungenschlag kaum mehr als der eine oder andere Fetzen Masematte hängengeblieben ist.

Beste Grüße -- Thomas
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Re: Wichlinge von 2012

Beitrag von KommandeurMumm »

Blackface hat geschrieben:meine Großeltern stammten aus dem Oldenburger Münsterland und aus dem Paderborner Land
Die Herkunft ist ja für das Münsterland schon fast exotisch :) Andererseits kam das immer mal wieder vor, so dass wir uns hier - anders als in diversen Tälern des Südens - auch nicht alle sonderlich ähnlich sehen :pfeif: Aber ich schweife ab :engel:

Als Vertreter des südlichen Münsterlandes (Jörg, zählt Senden eigentlich auch noch dazu?) kann ich sagen, dass der Begriff "Wichling" hier auch nicht geläufig ist.

Grüße an Thomas in die große, ferne Kreisstadt :D

Und natürlich an alle anderen (hoffentlich kommt hier niemand aus den Tälern des Südens :pfeif: )
"Der Mann, der den Berg abtrug, ist der gleiche, den man jahrelang kleine Steine tragen sah."
- Chinesische Weisheit
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Re: Wichlinge von 2012

Beitrag von Blackface »

Die Herkunft ist ja für das Münsterland schon fast exotisch :)
Für die Stadt Münster eher nicht, glaube ich. Das Paderborner Land war damals Auswanderergegend: Sandboden, reichlich Probleme in der Landwirtschaft. Mein Opa hat die Hoferbschaft ausgeschlagen und seinem jüngeren Bruder überlassen. Auswanderungsziele waren das Ruhrgebiet und andere Großstädte, wie eben Münster. Ein Urgroßvater von mir ist in Bochum bei einem Grubenunglück oder -unfall gestorben. Seine Frau mit Tochter zurück in die Wüste von OWL, an die Quellen der Ems. Das Oldenburger Münsterland dito: statt Sand gabs da reichlich Torf, dazu noch rundherum Evangelische. ;)

Andere Familientrivia: Mein Opa (Jahrgang 1900, iirc) hat erst eine Art Lehre beim Dorfschmied gemacht, der auch gleichzeitig fürs Zähneziehen und natürlich allerlei Landmaschinenschlosserei zuständig war. In Münster war Opa dann einer der ersten Straßenbahnfahrer, dann Chef am Pumpwerk in Hiltrup (das ging nicht so gut, afaik), und letztlich Maschinenmeister am Hüfferstift (damals ein "großes" Krankenhaus, heute Teil der Uni), wo er u.a. für das Schleifen der Skalpelle zuständig war. ;)

Evtl. etwas OT? 'tschuldigung!

Beste Grüße -- Thomas
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JasonOgg
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Re: Wichlinge von 2012

Beitrag von JasonOgg »

KommandeurMumm hat geschrieben:Die Herkunft ist ja für das Münsterland schon fast exotisch
Was ist denn für das Münsterland nicht exotisch :schlecht:
Ohne die Stadt Münster und das nahe Ruhrgebiet würden die immer noch mit Torf heizen.
Blackface hat geschrieben:...Das Oldenburger Münsterland dito: statt Sand gabs da reichlich Torf, dazu noch rundherum Evangelische. ;)
Als evangelischer Heide dachte ich immer, das Torfkoppland beginnt spätestens nördlich der Lippe und südlich der Ruhr ist Bayern ;-)
Jetzt ist offensichtlich, wo meine Heimat ist, auch wenn meine Eltern Zugereiste aus dem Osten sind.

Das war, damit Du kein schlechtes Gewissen hast :mrgreen:

Zurück zum Thema, der Spender der Wichlinge war bisher der einzige, von dem ich diesen Ausdruck gehört habe. Aber erstens ist er ein waschechter Eingeborener, zweitens über 70 und drittens gefällt mir der Ausdruck :clap:
Jedenfalls besser als Kinderpflaume.
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Re: Wichlinge von 2012

Beitrag von Professore »

Ich habe auch eine Flasche vom Wichling im Keller gefunden. Das einzige Sinnvolle was der Gockel zu der
Frucht ausgespuckt hat war dieser Thread hier.

Ausgewiesen als halbtrocken fand ich ihn eher trocken. Das konnte ich ändern. Ein wenig nachgezuckert
entfaltet er sein volles Aroma. Zwetschge kann ich nicht herausschmecken, Tanin schon (so unterschiedlich
sind die Geschmäcker). Ohne die Frucht zu kennen, hätte ich den Geschmack eher in die Ecke Wildkirsche
geschoben, mit einem leichten Nachhall von Marzipan (Ohh Gott, die Kerne!).

Alles in allem ein außergewöhnlicher Geschmack, an den ich mich gewöhnen könnte (wo sind meine Tanine).

Gruß

Jochen
Ein Leben ohne Fruchtweinbereitung ist möglich. Aber sinnlos!
MSBerlin
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Re: Wichlinge von 2012

Beitrag von MSBerlin »

Also im südlichen Emsland, kurz vor NRW, ist mir ein ähnlicher Begriff für diese kleine Pflaume bekannt. Meine Eltern hatten einen kleinen Baum, der immer sehr gut trug und die Früchte eigentlich nur so zum Naschen waren. Direkt vom Baum schmeckten die sehr gut. Im plattdeutschen nannte man die "Wichkes" (phon.) Von der Beschreibung her könnte das passen.
Der Baum steht leider nicht mehr. Aber die Erinnerung daran hält vor, weil die Früchte lecker waren.
Schöne Grüße aus dem Emsland.

MSBerlin
Lieber Wein lesen als gar keine Literatur.
(Den Spruch fand ich in einer Weinstube an der Mosel)
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