Tanin

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fibroin
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Tanin

Beitrag von fibroin »

So, jetzt habe ich eine neue Frage an Birgit: :schlecht:

Hier im Forum habe ich bei Holunderblütenweine gelesen, dass, wenn man auf Rosinen verzichtet, doch Tannin zufügen sollte. Der Bekömmlichkeit wegen.

Das würde ich gernen probieren, Rosinen habe ich nämlich bei meinem Holunderblütenwein ausgelassen. Aber die Gärung ist im Endstadium und das Tannin fehlt.

Die Fragen:

Kann ich Tannin auch nach der Gärung zugeben und wieviel etwa pro 10 l?

Birgit, kannst du helfen?

Firoin

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Lynx
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Tanin

Beitrag von Lynx »

Ich melde mich einfach Mal ungefragt,
Tannin ist ein Gerbstoff (spezieller ein Polyphenol), und unterstützt die Klärung und Lagerfähigkeit des Weines. Ausserdem dient es dem Schutz vor Oxidation (oft resultiert Oxidation in einer Verfärbung des Weines). Mengenmässig rechnet man etwa einen Teelöffel pro 10 Liter. Tannin wirkt z.B. gefässverengend, deswegen hat man dieses etwas bremsende/pelzige Gefühl im Mund, wenn man tanninreiche Weine trinkt. Junge Weine erkennt man meist am noch sehr hohen Tanningehalt, das gibt sich im Laufe der Lagerung und der Wein schmeckt nicht mehr so rauh. Zu beachten wäre, daß Tannin einen herb-bitteren Geschmack hat und natürlich den Wein dahingehend beeinflusst. Also auch wenn es nützt so ist der Teelöffel doch nur als Anhaltswert zu verstehen (je nach Geschmack). Am besten ausprobieren. In der Traubenschale kommt Tannin natürlich vor und gelangt damit in den Wein bei Holunderblüten kommt Tannin auch vor allerdings in so geringer Menge, das dies für den Wein bedeutungslos ist weswegen man z.B. Rosinen hinzugeben kann, da diese Tannin mitbringen und ausserdem noch die Gärbedingungen für die Hefen verbessern, oder eben Tannin nachkippen.

Cya

Lynx

P.S. Ob man das Tannin auch am Gärende zugeben kann weiss ich nicht genau, müsste aber gehen, da der Oxidationsschutz usw. ja erst notwendig wird, wenn kein CO2 mehr gebildet wird. Ob dies allerdings den Geschmack nachteilig beeinflusst ????? Keine Ahnung

[Dieser Beitrag wurde am 01.07.2004 - 00:02 von Lynx aktualisiert]
Birgit
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Tanin

Beitrag von Birgit »

Also ich werds versuchen:

Erst mal das was wir für den Fruchtweinkeller zusammen getragen haben:

:mrgreen: Tannin oder Gerbsäure kommt natürlich in Holz, Fruchtstielen und Wurzeln vieler Pflanzen vor. Es ist üblicherweise in Konzentrationen von 0,3 g/l in Weißweinen oder bis über 2 g/l in schweren Rotweinen enthalten. Da es ein Antioxidationsmittel ist, können tanninreiche Weine länger gelagert werden als tanninarme. Tannin bereichert den Wein um eine herb-bittere Geschmacksnote, die besonders nach langer Lagerung positiv hervortritt. Da extrem tanninarme Weine fade und flau schmecken können (z.B. Met oder Bananenwein, Weine aus Blütenblättern), kann Tannin in Mengen von etwa 0,1g/l beigemengt werden, je nach Geschmack auch mehr. Tannin ist auch ein Schönungsmittel, mit dem eine Eiweißtrübung im fertigen Wein bekämpft werden kann :mrgreen:

Das Tannin für den Wein wird aus Weintrauben gewonnen, in Deutschland erhält man üblicherweise weißes Tannin, im Ausland bekommt man auch Tannin aus roten Trauben. Im englisch sprachigen Raum wird Tannin fast jedem Wein beigegeben. Es trägt halt auch erheblich zur Klärung des Weines bei.
Man kann Tannin auch nach der Gärung beifügen, allerdings vorlösen damits nicht klumpt. Wir geben bei Blütenweinen zusätzlich zu den Rosinnen noch 1g Tannin auf 10l, ohne Rosinen würde ich 2g / 10l versuchen. Habe auch noch mal in den Amerikanischen Büchern nachgeschaut, die nehmen auf einer Gallone (3,8l) 5g :?: für einen Holunderblütenwein. Also vielleicht erst mal die 2g / 10l starten und wenns zusagt mehr zugeben :schlecht:

Ich hoffe das hilft

Birgit
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fibroin
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Tanin

Beitrag von fibroin »

Danke Lynx und Birgit für die Auskunft. Eigentlich müßte ich jetzt schlauer sein, aber das muß jetzt bei mir praktisch erprobt werden.

Von Tannin hatte ich nur ansatzweise in Weinbüchern gehört, bis ich meinem Schwager bei einem Besuch meinen Holunderwein vorsetzte. Als Kenner meinte er, der schmeckt wie ein guter Rotwein, doch hat der zu wenig Tannine.

Ich habe mir dann Tannin besorgt und beim vorjährigen Holunderwein 2 g Tannin auf die 10 l zugefügt. Jetzt warte ich wieder auf seinen Besuch.

Mir schmecht der Wein, ein typischer Rotwein mit starker Holundernote. Warum wohl?

Lange Vorgeschichte. Also, ich werden das Tannin in meine diesjährigen Blütenweine nachreichen und dann hier das Ergebnis bekanntgeben.

Nochmals Danke für die Berichte. :D

Fibroin
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m3rlin
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Tanin

Beitrag von m3rlin »

Bald, wenn Holunderbeeren reif sind, möchte ich auch mal einen Holunderansatz machen.
Meine Frage: Wie muss ich die Weintrauben in den Anstaz geben? Im stück oder zermanscht?


Gruß,

m3rlin
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Tanin

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Ganze Weintrauben würde ich immer mit einem Kartoffelstampfer zermatschen oder mit einem Pürierstab.

In dem Rezept vom Fruchtweinkeller verwenden wir Rosinen.

Wir haben vor ein paar Wochen eine Flasche geköpft, die mehrere Jahre gelagert war. Einfach nur genial, leckerstens!
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m3rlin
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Tanin

Beitrag von m3rlin »

ok...

Die Rezepte kann ich mir Anschauen, da mein Browser immer einen Fehler ausgibt. 404 Seite nicht vorhanden. :schlecht:

Das ist aber nicht nur bei deiner Seite so, hab ich bei anderen auch. Muss an dem Browser liegen.

Gruß,

m3rlin
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Tanin

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Och, na sowas :?: Da bin ich wirklich überfragt, warum das Problem auftritt.
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Birgit
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Tanin

Beitrag von Birgit »

@m3rlin

hab Dir mal das Rezept kopiert:

Holunderbeerenwein

Ansatzmenge: 20 l

Ansatzart: Saftgärung

Weinart: Fruchtwein

Hefe: Burgunder

optimaler Säuregehalt: 7,5 - 8 g/l


Zutaten: 9 kg Holunderbeeren
600 g Rosinen
4 Zitronen
40 g Ingwer
Zucker nach Bedarf (Gärstart 3 kg)
20 ml Antigel
8 g Hefenährsalz
Milchsäure oder Citrat nach Bedarf
Kaliumpyrosulfit
Vitamin C
Schönung: in der Regel nicht notwendig
Filtration: Filtration mit Filterschichten mittel und danach EK

Holunderbeerenwein ist der farblich wohl interessanteste Wein, den Sie zu Hause herstellen können. Die Farbe ist derart intensiv, dass die Selbstklärung kaum zu beobachten ist. Da die Beeren sehr aromatisch sind, wird auch der Wein ausgesprochen geschmacksintensiv. Ein solcher Weinansatz hinterlässt die Küche in einem Chaos, aber die lohnt sich! Wenigstens die Selbstklärung ist gut.

Leider enthält der Holunder das für Menschen giftige Sambunigrin. Beachten Sie die Gesundheitshinweise zum Sambunigrin.

Sammeln Sie die Holunderbeeren. Schneiden Sie dabei nur reife Dolden komplett ab, die locker in einem Behälter gestapelt werden. Zu Hause angekommen, sollten die Beeren schnellstmöglich verarbeitet werden. Die Dolden vorsichtig waschen dann abbeeren, alles schimmelige muss sorgfältig aussortiert werden. Entfernen Sie wegen des hohen Sambunigringehalts alle unreifen Beeren und alle Stiele! Die Beeren werden nun mit etwas Wasser in einen Topf geben und unter ständigem rühren 20 Minuten lang auf 80°C erhitzt. Die Temperatur muss mit einem Thermometer kontrolliert werden, denn nur so kann sichergestellt werden, dass das Sambunigrin zerfällt. Ist die Maische auf 40°C abgekühlt, wird das Antigel zugesetzt. Die Maische über Nacht stehen lassen dann abpressen. Die Rosinen in einen Topf mit Wasser bedeckt kurz aufkochen, abgießen und durchspülen, den Ingwer schälen und klein raspeln. Den Holunderbeersaft, die Rosinen, den Ingwer und den Saft der ausgepressten Zitronen (darauf achten, dass keine Bestandteile der weißen Zitronenhaut in den Ansatz gelangen, da diese zu einem bitteren Beigeschmack führen) in einen Ballon füllen den aufgelösten Zucker zufügen. Mit Wasser auf das Endvolumen auffüllen, der Start der Gärung erfolgt durch Zugabe der Hefe. Nach einer bis zwei Wochen heftiger Gärung können die Rosinen abgeseiht und ausgepresst werden. Kontrollieren Sie nun den Säuregehalt und stellen ihn ein. Wenn die Gärintensität nachlässt, in regelmäßigen Abständen den Alkoholgehalt messen und nachzuckern bis zum Endpunkt der Gärung. Ist dieser erreicht, Restsüße einstellen und mit 2 g Pyrosulfit schwefeln und von nun an möglichst kühl und ruhig lagern. Den Ansatz innerhalb einer Woche vom Hefebodensatz ziehen. Nun weiterhin kühl lagern und die Selbstklärung abwarten, alternativ kann der Wein gefiltert werden. Vor der Flaschenabfüllung nochmals mit 2 g Pyrosulfit schwefeln und mit 2 g Vitamin C versetzen.

Der Wein ist sehr geschmacksintensiv und kann länger gelagert werden. Mit dem Alter wird der Wein immer harmonischer.


Das Sambunigrin im Holunder

Der Holunder enthält das Gifts Sambunigrin, die maximale Konzentration beträgt etwa 0,1 %. Dies ist ein cyanes Glykosid, d.h. es ist eine zuckerähnliche Verbindung, welche giftige Blausäure freisetzt. Das Sambunigrin ähnelt im Aufbau dem Gift der Tollkirsche und führt zu Übelkeit, Erbrechen, Magenkrämpfen und Durchfall. Das Sambunigrin ist sowohl in den Samen reifer Beeren enthalten als auch in besonders hoher Konzentration in den grünen Pflanzenteilen, der Rinde und in unreifen Beeren. Deshalb müssen alle unreifen Beeren aussortiert und die Stiele sorgfältig entfernen werden. Da das Gift bei hoher Temperatur zerfällt, muss der Holundersaft vor der Gärung erhitzt werden. Hierbei muss darauf geachtet werden, dass die Temperatur von 80°C mindestens 20 Minuten lang eingehalten wird. Kontrollieren Sie die Temperatur mit einem Thermomenter!

Grüße Birgit


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Tanin

Beitrag von m3rlin »

Vielen DANK, Birgit!

Im Rezept habe ich Kaliumpyrosulfit gelesen. Was ist das fürn Zeuch und wofür ist es gut?
Und wofür ist Vitamin C gut?

Dann noch ne Frage:
Wenn ich meinen Ansatz brenne, verstärke ich damit die Sambunigrin konzetration? Oder zerfällt es komplett bei 80°C? Ist die Gefahr groß, dass Blausäure entsteht? (Wäre ja im Hinblick auf Methyl wichtig zu wissen)

Gruß,

m3rlin
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Tanin

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Hinweise zum Kaliumpyrosulfit und zum Vitamin C findest Du im Zutatenkaptiel ;)
Aufgrund der Struktur des Sambunigrins kann ich mir nicht vorstellen, dass es sich im Destillat anreichert; sollte ja auch zerfallen? Blausäure selbst ist leicht flüchtig und sollte sich schon deshalb nicht im Destillat anreichern.
Ist allerdings nur eine Vermutung. Gibts hier einen Vollblut-Chemiker?
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Tanin

Beitrag von Tompson »

Ich bin nicht der Chemiker 8-)

Aber ich habe noch einen Tip wegen der Holunderernte.
Da Ameisen offentsichtlich ganz wild auf Holunder sind, ist es ratsam den Behälter mit den gesammelten Beerendolden nicht im Keller aufzubewahren (wenn man so wie ich an EINEM Nachmittag immer nur Zeit fürs Ernten ODER Ansetzen hat). Ansonsten gründet man einen neuen Handelsposten mit ausgedehnten A-Straßen...

Die Ameisen befinden sich im Übrigen auf den Dolden und nicht von Natur aus in meinem Keller. ?-|
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