Fruchtwein aus Saft oder Früchten

muschelschubser · Beitrag von **muschelschubser** » 02 August 2005 16:37

Hallo zusammen,

als erstes ein großes Lob an die ganze Bande. Das Forum ist wirklich gelungen und sehr informativ. Meine eigenen Erfahrungen in der Fruchtweinbereitung halten sich noch ziemlich in Grenzen. Dabei stelllt sich mir aktuell folgende Frage:

Was sagt denn eure Erfahrung zur Verwendung von Früchte oder Fruchsäfte zur Weinbereitung?

Sprich kann man dazu eine generelle Aussage treffen oder kommt es auf die Frucht an die als Basis dient? Aus meiner Sicht spricht für eine Vergärung von Früchten (Maischegärung) wenn Farbstoffe oder andere Inhaltsstoffe (z.B. Tanin) mit in den Wein übernommen werden sollen. Wenn dies aber nicht notwendig ist?

Wenn man Saft vergären möchte, kann man diesen dann auch über einen Dampfentsafter gewinnen? Oder macht die Hitze etwas kaputt?

Ich stehe aktuell vor dem Problem 15 Kg kirschgroße Mirabelllen zu haben und würde die gerne zu Wein verarbeiten. Wenn ich die jetzt aber alle von Hand entkernen will sehe ich mich schon im Dellirium. Momentan präferiere ich die Lösung einen Großteil mit dem Dampfentsafter zu Saft zu machen und wenige Kilo mit der Hand zu entkernen und gemeinsam mit dem Saft und den Zutaten als Maische anzusetzen.

Was ist eure Meinung dazu?
Danke schon mal vorab

Dominik · Beitrag von **Dominik** » 02 August 2005 16:47

Hi,

also ich hab momentan einen Johannisbeerwein am Gären. Hab die Johannisbeeren mit dem Dampfentsafter entsaftet und dann mit dem Saft einen Ansatz gemacht. Es gab hier ja schon mal Diskussion das Dampfentsaften betreffend. Also ich kann dazu sagen, daß der Saft sehr gut schmeckte (eigentlich nicht marmeladenähnlich) und er auch eine sehr schöne intensive Farbe hatte. Gleiches gilt für den Ansatz den ich daraus gemacht habe, der ist jetzt bei 13% und schmeckt auch schon sehr gut.
Für die Saftgärung hab ich mich entschieden, weil ich so den Ansatz mache, vergären lasse, abziehe und fertig. Maischegärung war mir einfach zu aufwändig, und zu verlustreich.

Grüße,
Dominik

Beitrag von **Fruchtweinkeller** » 02 August 2005 17:14

Zunächst einmal: Der Kerne von Steinobst enthlaten cyanogene Glycoside, die Blausäure freisetzten. So oder so gehören die Kerne deshalb nicht in die Maische und nicht in den Dampfentsafter.

Prinzipiell können Säfte (auch gekaufte) natürlich vergoren werden. Sie sollten nur ausreichend Trübstoffe für eine vernünftige Gärführung aufweisen (siehe auch das Maracuja-Rezept auf der Homepage). Man sollte allersings dringend Antigel einsetzten, weil die Säfte oft sehr pektinreich sind. So verbessert man die Selbstklärung. Ein weiteres Problem für die Selbstklärung: Die Säfte enthalten oft keine Gerbstoffe, wodurch die Selbstklärung erschwert wird und der Geschmack einfach ein anderer ist, als wenn die Früchte per Maischegärung vergoren wird. Generell sind die Säfte geschmacklich oft eher mau. Und hier spreche ich aus Erfahrung: Man kann z.B.mit einem geauften Kirschsaft keinen Wein machen, der es geschmacklich mit einem "echten" Kirschwein aufnimmt.

Der Dampfentsafter ist sicherlich bequem und führt bei einigen Früchten sicher zu brauchbaren Ergebnissen. Aber natürlich leiden die Aromen. Ich vergleiche immer gern den Geschmack einer frischen Erdbeere mit Erdbeermarmelade. Sicher schmeckt die Marmelade nach Erdbeere, aber es fehlt halt was. Das ist genau der Unterschied zwischen einem Wein aus frischen Erdbeeren oder einem Wein aus Erdbeeren, die im Dampfentsafter waren.

fibroin · Beitrag von **fibroin** » 02 August 2005 20:20

Zum aktuellen Problem: Im Vorjahr habe ich 12 kg Mirabellen in Maischegärung verarbeitet. Zum Entsteinen habe ich die ganze Familie eingespannt. Mirabelenwein hat als Jungwein einen scharfen Geschmack, der erst nach einigen Jahren verschwindet. Mein Wein vom Vorjahr ist bis auf wenige Probierflaschen noch vorhanden. Also, das kann ein Wein werden, der nicht für den schnellen Verbrauch ist.

Ob das bei Dampfentsaften auch so ist, kann ich nicht sagen.

Birgit · Beitrag von **Birgit** » 02 August 2005 20:54

Wir haben früher sehr viel Früchte dampfentsaftet. Der Johannisbeersaft ist, wie Dominik auch schon festgestellt, ziemlich resistent gegen den Kochgeschmack, verliert meistens aber einen Teil seiner Frische , kann aber sein das man im Weinansatz nicht bemerkt.

Anders sieht das bei Pflaumen (wozu eigentlich auch die Mirabellen gehören). Diese verlieren ihren Geschmack fast vollständig, ferner ist bei diesen Früchten die Oxidation ein Problem. Steinobst muß auf jedenfall entsteint werden und dann würde ich damit vom Geschmack überhaupt etwas übrig bleibt eine Maischegärung machen.

Wir haben übrigens letztes Jahr einen Melomel aus Mirabellen gemacht, dieser war übrigens erstaunlich schnell trinkreif.

Gruß Birgit

muschelschubser · Beitrag von **muschelschubser** » 03 August 2005 11:04

Danke euch für die schnellen Antworten. Also werde ich das mit dem dampfentsaften vergessen und mich an das Entkernen machen.

Werde die Früchte heute abend abholen und mal schauen wie ich mit dem Entkernen voran komme.

Wenn der Dampfentsafter ausfällt bedeutet dies auch, dass zum haltbar machen der Früchte nur noch die Tiefkühltruhe übrig bleibt, anderen Falls hätte man den sterilen Saft ja etwas aufheben können. Oder seht ihr noch andere Möglichkeiten?

Werde in jedem Fall berichten wie sich der Wein entwickelt.

Birgit · Beitrag von **Birgit** » 03 August 2005 11:15

Man kann sehr gut Wein aus Dörrfrüchten machen. Im englisch sprachigem Raum gibt es viele Rezepte dafür, wobei sich die meisten nach Voodoo anhören. Ich probiere zur Zeit mit getrockneten Holunderbeeren und getrockneten schwarzen Johannisbeeren. Rezepte für Wein aus getrockneten Aprikosen und Feigen sind auf der HP.

Gruß Birgit

schreberpeter · Beitrag von **schreberpeter** » 03 August 2005 23:19

Hallo muschelschubser (wie kommt man eigentlich zu so einem Hobby, Muscheln schubsen, naja, egal ...),

herzlichen Glückwunsch zu 15kg Mirabellen. Ich habe dieses Jahr nur ganz wenige am Baum, vielleicht 10% der Ausbeute des letzten Jahres. Mein Neid ist also mit Dir.

Im letzten Jahr habe ich mir zum Mirabellen entkernen Freunde eingeladen, die auch gerne einen Fruchtwein trinken, und das ging dann ziemlich fix mit dem Entkernen und war eigentlich eine ganz lustige Angelegenheit. Mein Vorschlag: ein paar kleine Messerchen erwerben, Grillfleisch kaufen, Freunde einladen und aus dem Ganzen ein Happening machen.

Viel Spaß dabei!

muschelschubser · Beitrag von **muschelschubser** » 05 August 2005 12:12

Hallo schreberpeter,

es ist vollbracht, die erste Ladung Früchte habe ich gestern entkernt (8Kg) und die zweite (ca 7 Kg) kommt am Sonntag. Habe leider selbst keinen Garten, die Früchte stammen von einem Arbeitskollegen, Stadtkind das aufs Land gezogen ist, und dessen Baum dieses Jahr ohne Ende voll hing. Solangsam wird es beherrschbar. Komischerweise hatte der Baum letztes Jahr auch kaum getragen, scheinbar weil er so alt ist.

Das mit der Grillfete ist eine nette Idee, werde ich zukünftig so halten. Mittwoch abend mußte ich, bei einem guten Tropfen, selbst durch.

Aber man weiß ja wofür man das ganze macht. Ich hoffe der Wein wird auch gut werden. Mirabellenwein scheint ja nicht so einfach zu gelingen.

Wie gesagt ich werde berichten wie der Ansatz sich macht.

muschelschubser · Beitrag von **muschelschubser** » 05 August 2005 12:14

Ach zum Muschelschubser. Das sit nicht wirklich ein Hobby sondern eher ein Spitzname, den man ziemlich schnell wegbekommt wenn man in bayrischen Gefilden wohnt und aus einer Gegend nördlich der Donau zuzieht.

Nachdem ich nun sechs Jahre in München lebte und wieder nach Aachen gezogen bin, ist der Spitzname irgenwie hängen geblieben.