Warum nicht zuerst nur Zuckerwasser gären, dann die Maische dazu?

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Aolministrator
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Warum nicht zuerst nur Zuckerwasser gären, dann die Maische dazu?

Beitrag von Aolministrator »

Hallo,

nachdem ich nun zum ersten Mal erfolgreich Bananenwein hergestellt habe, kam mir die Idee, beim nächsten Mal zuerst mit Gärstarter und Nährsalzen ansonsten reines Zuckerwasser auf ca. 10% Alkohol zu bringen und erst danach die Fruchtmaische hinzuzugeben.

Dadurch sollte sich so ziemlich alles verbessern. Denn der Industriezucker ist im Endergebnis ja gar nicht wünschenswert. Er wird von der Hefe jedoch (im Gegensatz zu den ganzen Fruchtzuckern und Eiweißen in der Maische) am saubersten zu Alkohol vergoren. So sollten Fuselalkohol- und Methanolgehalt viel geringer ausfallen. Der Fruchtgeschmack bleibt viel besser erhalten wenn die Hefe weniger Gelegenheit hatte, daran zu "kauen".

Die meisten Fruchtweinrezepte sehen sowieso die Zugabe von bedeutenden oder erheblichen Mengen Kristallzucker vor. Natürlich ist die Technik nur dann auch anwendbar und der Alkholgehalt im Wein wird entsprechend hoch.

Ausprobiert habe ich das Ganze bis jetzt noch nicht! Werde es aber diese Woche angehen.

Hat jemand von euch es schon so gemacht?

Ich finde es wirklich seltsam, dass ich im Internet nirgends etwas über diese Methode finde und die Rezepte quasi alle "verkehrt herum" die Zutaten zugeben. Also den Zucker nach Abpressen der Maische oder mit der Maische direkt.

Das ist ja eigentlich ein Indiz dafür, dass die Technik doch schlecht ist obwohl die Theorie viel Sinn macht.
Metinchen
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Re: Warum nicht zuerst nur Zuckerwasser gären, dann die Maische dazu?

Beitrag von Metinchen »

Interesanter Gedankengang. Probiere es aus und berichte.
Allerdings schmeisse ich mal ein paar Bedenken in der Raum;
Zuckerwasser auch mit Hefenährsalz , ist kein optimales Medium für Hefe.
Was ist wenn dann die Hefe schon bei 12 % die Flügel streckt (alles schon vorgekommen)
Gegen Ende der Gärung gärt es immer langsamer, Ziel ist es doch innerhalb kurzer Zeit möglichst viel Geschmack aus den Früchten herauszuholen.
Zulange Maischezeiten können komische Geschmäcker herbeiführen.....
Bin mal auf weitere Antworten gespannt :)
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Chesten
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Re: Warum nicht zuerst nur Zuckerwasser gären, dann die Maische dazu?

Beitrag von Chesten »

Ich kann Metinchen´s Bedenken nur teilen und glaube nicht an einem Erfolg.
Hier findest du einen Anleitung wie man seinen ersten eigenen Wein herstellt ( Bebilderte Anleitung) :
http://www.forum.fruchtweinkeller.de/viewtopic.php?f=33&t=12175
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Re: Warum nicht zuerst nur Zuckerwasser gären, dann die Maische dazu?

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Mahlzeit, mal vorweg: Warum "Industriezucker" im "Endergebnis" nicht erwünscht sein soll erschließt sich mir nicht. "Industriezucker" (wobei ich schon diesen Begriff blödsinnig finde, denn schließlich ist auch dieser Zucker ein Naturprodukt) ist nicht besser oder schlechter als die in Früchten vorkommende Zucker.

Ansonsten: Hefe vermehrt sich nur um niedrigen Umdrehungsbereich. Hier legt man den Grundstein dafür dass der Ansatz qualitativ und quantitativ "gut" durchgärt: Eine Hefe, die sich wohl fühlt, die vermehrt sich gut, gärt gut und gärt "sauber". Und in einem reinen Zuckerwasser (selbst mit mit dem üblichen Hefenährsalz) fehlen komplexe Bestandteile, die dabei helfen.
Insofern macht deine Theorie tatsächlich eher wenig Sinn.
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Moneysac
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Re: Warum nicht zuerst nur Zuckerwasser gären, dann die Maische dazu?

Beitrag von Moneysac »

Ich möchte dich auch ermutigen es zu testen.

Wenn man eine Maischegeräung durchführt, erhöht sich der Alkoholgehalt stetig und die Früchte sind dadurch zuerst in einer Flüssigkeit mit wenig Alkohol. Dies extrahiert mit Sicherheit den Geschmack der Früchte anders, als wenn du die Früchte im selben Zeitraum bereits bei 10% Alkohol hast. Das soll jetzt keine Wertung sein und könnte sich auch positiv auswirken. Die Bedenken der Vorredner teile ich insgesamt auch. Zuckerwasser hat nicht genügend Nährstoffe. Deswegen solltest du diese so gut wie möglich ausgleichen mit Hefenährsalz und Hefezellwand. Außerdem solltest du meiner Meinung nach die Früchte natürlich trotzdem nur eine begrenzte Zeit drinnen lassen (4-10 Tage) und dann abpressen.
Igzorn
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Re: Warum nicht zuerst nur Zuckerwasser gären, dann die Maische dazu?

Beitrag von Igzorn »

Und natürlich zum richtigen Zeitpunkt auch Früchte. :lol:
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Jesus
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Re: Warum nicht zuerst nur Zuckerwasser gären, dann die Maische dazu?

Beitrag von Jesus »

Stimme soweit mit meinen Vorredner überein was die Vergärung von Zuckerwasser angeht.
Insgesamt kann ich in deinem Ansatz keine Vorteile erkennen.

Folgende Gedanken.
"Die Hefen knappern an den Fruchtaromen."
Wenn dass der Fall ist, Was hält sie davon ab es nach dem Abpressen nicht weiter zu tun?

-Auch könnte sich der Alkoholgehalt negativ auf die Aktivität der Pektinase auswirken und du damit eventuell deine Früchte weniger gut auslaugen.

Folgende Überlegungen beziehen sich allgemein auf deine Methode, treffen aber bei Bananenwein nur in geringem Maße zu, da Bananen weniger Wasser und Säure enthalten:

- Mit Zugabe der Früchte verdünnst du ja direkt den Ansatz. Früchte bestehen zum Großteil aus Wasser und in meinen Ansätzen machen sie in der Regel 30-50% des Weines aus. Hefen reagieren gelegentlich empfindlich auf das Runterverdünnen. Wenn sie zuvor 10% Alkohol ausgesetzt waren und dann auf einmal nur noch 5% kann dass zu Gärstockungen führen. Wobei ich das eher erlebe wenn sie vor dem Verdünnen schon über 13% waren.

-Du gehst bei deinem Ansatz ja bereits von einer bekannten Säuremenge der Früchte aus. Daher riskierst du dass du deinen Wein unnötig verdünnst wenn die Früchte wenig Säure haben.

Das sind alles keine KO Kriterien und am Ende sollte bei dir wohl trotzdem ein trinkbarer Wein rauskommen.
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Aolministrator
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Re: Warum nicht zuerst nur Zuckerwasser gären, dann die Maische dazu?

Beitrag von Aolministrator »

Vielen Dank fuer die tollen Antworten.

Ich habe mittlerweile 6 Eimer à 6L mit Zuckerwasser angesetzt und werde es einfach mal ausprobieren. Pro Liter:

- Gaerstarter: 30ml Apfelsaft mit einer Priese Naehrsalz und ein bisschen Kristallzucker
- etwas unter 1g Naehrsalz
- ca. 250g Kristallzucker

Der Gaerstarter fing schnell an zu blubbern nach ca. 6 Stunden und das Zuckerwasser brauchte aehnlich lange zum starten. Ich habe den Gaerstarter 1 Tag in Frieden gelassen, bevor ich umgefuellt habe. Die Hefe scheint bisher sehr gluecklich und das ganze Zimmer stinkt auch so.

Ich werde 3-4 Eimer Bananenwein ansetzen und die anderen Holunder, Vogelbeere und Traube.

Eure Ratschlaege werde ich auf jeden Fall beruecksichtigen! Ich habe ueber 20kg Bananen eingefrohren (komme da desoefteren umsonst dran!), damit werde ich gut experimentieren koennen.
Igzorn
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Re: Warum nicht zuerst nur Zuckerwasser gären, dann die Maische dazu?

Beitrag von Igzorn »

Mach Mal. Das wird auf jeden Fall ein Langzeitversuch
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Re: Warum nicht zuerst nur Zuckerwasser gären, dann die Maische dazu?

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Wir können davon ausgehen: Es wird wohl ein weinähnliches Getränk werden. Mir fehlen die Kontrollen, denn ohne wird das Ergebnis nicht aussagekräftig sein.
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Re: Warum nicht zuerst nur Zuckerwasser gären, dann die Maische dazu?

Beitrag von Metinchen »

Fruchtweinkeller hat geschrieben: 21 August 2018 23:07. Mir fehlen die Kontrollen, denn ohne wird das Ergebnis nicht aussagekräftig sein.
Wenn Du soviel Bananen hast , setzte doch einen Eimer klassisch an. Mit gleicher Fruchtmenge je Eimer und gleichem Zucker und Hefe usw. dann ist ein Vergleich da.
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Aolministrator
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Re: Warum nicht zuerst nur Zuckerwasser gären, dann die Maische dazu?

Beitrag von Aolministrator »

Hallo!

Also, ich habe ja vor einem Monat 4 verschiedene Eimer gestartet mit 250g Zucker pro Liter und dann erst nach 11 Tagen die Maische dazugegeben. 1x Vogelbeere, 1x Holunder, 1x Banane und 1x ganz ohne Frucht.

Das interessanteste war eigentlich der Eimer nur mit Zucker: Es entwickelt sich ein sehr deutlicher und angenehmer Eigengeschmack der Hefe, der sehr fruchtig ist. Wie ein Fruchtsaft von einer mysteriösen neuen Frucht, die man noch nie gegessen hat. Alles nur durch Hefe plus Naehrsalz plus Zuckerwasser.

Dieser "Eigengeschmack" der Hefe prägt zwar auch normalen Wein unglaublich stark (je nach Frucht mehr oder weniger). Aber ich würde sagen, dass man ihn durch die neue Methode deutlich mehr rausschmeckt. Und er ist auch irgendwie etwas anderst.

Also Fazit: Es schmeckt etwas anderst, wenn man es sorum macht. Aber ob das jetzt besser ist?

Muss glaube ich jeder selbst ausprobieren.
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