Flaschengärung Apfelcider

Herzöglerin
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Flaschengärung Apfelcider

Beitrag von Herzöglerin »

Hallo liebe Foren-Freunde

Ich wende mich mit einer Frage bezüglich Flaschengärung an euch und fange damit ganz vorne an:
Ein Freund und ich haben diesen Herbst das Projekt gestartet, Cider, Apfelwein oder bei uns in der Schweiz "Saurer Most" herzustellen.
Dafür haben wir 200 Liter Apfelsaft von seinem Vater gekriegt.
Diesen liesen wir mit Zugabe von Hefe in Kunststoff-Kanister vergären, bis kein Restzucker mehr übrig war. Nun ist er uns zu trocken und er hat keine Kohlensäure.
Wir haben dann ein zweites Mal geschwefelt.

Da dachten wir, wir könnten ihn wieder mit Süssmost mischen (statt Zucker), in die Flasche abfüllen dass so die Gärung wieder eingeleitet wird und Kohlensäure entsteht.
Klappt das auch ohne erneute Zugabe von Hefe in die Flaschen, obwohl wir geschwefelt haben?
Oder gibt es eine spezielle Hefe dafür, die den Geschmack nicht beeinflusst?

Und um die Gärung dann am perfekten Punkt zu stoppen, müssen wir die abgefüllten Flaschen pasteurisieren. Hat da jemand Erfahrung?

Auf eure Feedbacks freue ich mich. Grüsse, Nora
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420
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Re: Flaschengärung Apfelcider

Beitrag von 420 »

Hallo Herzöglerin,

erst einmal ein herzliches Willkommen hier.

Bei Deinem Apfelwein ist es normal, dass er durchgegoren ist und nicht unbedingt sehr harmonisch mundet. 200 Liter sind aber schon mal eine Hausnummer. Viele hier machen im ganzen Jahr erheblich weniger als 200 Liter. ;)

Das Schwefeln ist für eine Zweitgärung natürlich nicht optimal und wahrscheinlich ist Dein Apfelwein nun sehr klar.

Wenn Du eine Flaschengärung mit viel Druck haben willst, musst Du auf jeden Fall dickwandige Sektflaschen nehmen. So ab 680 g pro Flasche geht es. Besser ab 750 g pro Flasche, weil sonst der Druck die Flaschen platzen lässt. Flaschenbomben:pfeif:

So kann ich nur sagen, was ich machen würde, da ich Cidre noch nie produziert habe, wohl aber Sekt nach der klassischen Methode - Flaschengärung.

Die Frage ist natürlich, wieviel Druck willst Du und wieviel halten die Flaschen aus? 4 g Zucker pro Liter reichen für 1 bar Druck - linear steigend, also 8 g / l für 2 bar Druck. Maximal entstehen so ca. 6 bar.

Vor der Flaschenfüllung sollte der Wein aber vom Schwefel befreit sein, damit die Gärung einfacher starten kann. Dafür würde ich den Wein öfter von einem in den anderen Behälter geben. 6-10 Mal wird wahrscheinlich wohl reichen. Kann es Dir aber nicht mit Gewissheit sagen.

Danach eine Trockenhefe - Champagne verwenden und gut dehydrieren lassen, bei Flüssighefe auf jeden Fall einen Gärstarter über 3 Tage ansetzten. Diese mit Hefenährsalz und den Zucker in den Wein geben, gut umrühren, Flaschen befüllen und mit Kronkorken verschließen. Der Cidre wird später Kohlensäure haben, aber dennoch knochentrocken sein. Bei Restsüße kann man die klassische Methode (Champagner-Methode) mit 28g Zucker für den Druck plus Zucker für die Restsüße pro Liter verwenden oder zusätzlich Zuckeraustauschstoffe verwenden, die meiner Meinung den Geschmack nicht verbessern. Vielleicht ist Oxit o.a. da besser. Nur die Süßstoffe, die ich früher mal verwendet habe, schmeckte man noch nach mehr als 10 Jahren.

Hoffe es hilft etwas.

VG
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Re: Flaschengärung Apfelcider

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Grüssle,

ergänzend zu dem Beitrag von 420:

Man sollte grundsätzlich nur hefefreie und vor allem offene Flaschen pasteurisieren (Bruchgefahr!). Insofern kommt man hier nicht weiter.

Wenn du eine Flaschen-Sektgärung wie von 420 beschrieben anstrebst und nicht die Zuckermenge für den maximalen Druck zugibst wird der Zucker vollständig vergoren werden, entsprechend trocken wird der Cider werden.

Es ist einfacher, einen Wein durchzugären und anschließend mit Kohlendioxid zu versehen. Such mal bitte nach dem Stichwort "Zwangscarbonisierung", da wirst du einige Treffer erhalten.
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Re: Flaschengärung Apfelcider

Beitrag von 420 »

Habe bei der Flaschengärung noch etwas vergessen.

Der Wein sollte klar, ggf. sogar gefiltert sein. Warum? Wenn der Wein noch Trubstoffe hat, setzen sich diese sehr, sehr schlecht ab. Und beim Enthefen (Degogieren) schäumt es oft so stark, sodass sehr viel Sekt verloren geht.

Weiterhin gibt es für Champagne eine extra Hefe. Diese hält gut Druck und am Ende verklumpt sie zu Krümel. Das hat Vorteile auf dem Rüttelbrett, weil sich die Hefe schneller und besser unten am Pfropfen absetzen wird. Ob es auch beim Degogieren Vorteile bringt, weiß ich nicht. Schätze mal, dass es egal ist, weil ja der Flaschenhals mit dem Hefepfropfen eingefroren wird.

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Re: Flaschengärung Apfelcider

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Zur Sektherstellung gibt es auch eine sehr schöne Bildergeschichte von Fibroin:

viewtopic.php?f=34&t=1200&p=15538
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Herzöglerin
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Re: Flaschengärung Apfelcider

Beitrag von Herzöglerin »

Hallo zusammen

Danke erstmals für eure Antworten!
Wir haben nun den durchgegorenen Apfelsaft mit frischem Apfelsaft und etwas Hefe gemischt und so in normale Bierflaschen abgefüllt und mit Kronkorken verschlossen.
Wir warten nun bis durch die Gärung passend viel Kohlensäure entstanden ist und werden dann aufwändig, durch erhitzen in der Pfanne, pasteurisieren - mit Schutzbrille :)

Liebe Grüsse!
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Re: Flaschengärung Apfelcider

Beitrag von Bahnwein »

In der Pfanne? Ist dir da nur eine Schutzbrille nicht zu wenig?
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Re: Flaschengärung Apfelcider

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Äh... willst du geschlossene, unter Druck stehende Flaschen pasteurisieren??? Unabhängig davon dass ich mir nicht vorstellen kann wie das in einer Pfanne überhaupt funktionieren soll: Erstens niemals einen Wein mit sichtbaren Heferesten pasteurisieren, und zweitens halte ich das für absolut fahrlässig. Die Bierflaschen können dir sowas um die Ohren fliegen... Da kann man nur hoffen dass die Kronenkorken (?) undicht werden bevor die Splitter durch die Gegend segeln 8-!
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Re: Flaschengärung Apfelcider

Beitrag von Blackface »

Ich nehme mal an, dass eine Pfanne bei den Schweizern sowas ist wie bei uns weiter nördlich ein Topf? Evtl. sowas wie ein Einkochtopf?

Wie dem auch sei: Wenn du bei dem frischen Apfelsaft, den du beigemischt hast, nicht den Zuckergehalt weißt und demnach auch nicht genau weißt, wieviel Zucker/CO2 du zugeben willst/zugegeben hast, kann das eh schon mal zu Flaschenbomben führen. Wenn du die nochmal erhitzt ... "It's not for everybody. Those who love action, maybe." (Tom Waits) Andererseits gibt es eine alte kanadische Anleitung für das Pasteurisieren von durch Flaschengärung karbonisiertem Cider: http://cider.org.uk/ag-book.htm#19a . Very much ohne Gewähr!

Ich nehme lieber den langsam durchgegorenen, einmal vom Bodensatz abgezogenen und dann weiter gereiften Apfelsaft (= stiller Cider), danach vom zweiten Bodensatz abgezogen, 10g pro Liter Zucker (sehr gut aufgelöst) dazu und ein wenig Champagnerhefe, deutlich weniger als auf dem Beutelchen empfohlen. Das wird vorsichtig aber gründlich verrührt, in Bierflaschen abgefüllt und verkronkorkt (Bügelverschluss geht auch). Nach ein paar Monaten bei 10°-15° ist das ein aromatischer, trockener, spritziger Cider mit einem geringen Hefe-Bodensatz. Der Cider kann ab Frühsommer getrunken werden, er entwickelt sich aber über die kommenden Monate auch noch weiter, es ist sehr interessant was da geschmacklich so passiert. Er ist natürlich nicht kristallklar, aber geschmacklich ist das keine Beeinträchtigung.

Wem das Ergebnis zu trocken ist, der kann sich ein halbes Löffelchen Zucker ins Glas rühren, ich finde da nix ehrenrühriges dabei. Ich selbst mag ihn allerdings lieber trocken.

Das ist eine Low-Tech-Strategie, d.h. minimaler technischer Aufwand. Im Moment warten hier gut 1000 Liter auf das erste Abziehen. Für die Qualität und, wie soll ich sagen, Geschmacksfülle? ist m.E. entscheidend, wo die Äpfel herkommen und um welche Sorten es sich handelt. Ich bevorzuge Früchte von älteren statt jüngeren Bäumen, von ungedüngten, extensiven Standorten (Stw. Streuobstwiese) statt aus modernen Obstplantagen, am liebsten eine schöne Mischung alter Sorten.

Viel Erfolg -- Thomas
moster
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Re: Flaschengärung Apfelcider

Beitrag von moster »

Hallo und schönen guten Tag :) ,

ich hätte da einmal ein paar fragen :D :
Es wurde zuvor ein Rüttelbrett erwähnt. Muss dieses Rüttelbrett tatsächlich Rütteln können? Oder ist das nur ein Brett in dem man die Flaschen Kopfüber einhängt.
Des Weiteren hätte ich massenweise Flaschen mit Bügelverschluss. Sind diese auch zur Flaschengärung geeignet?

Nun kurz zu meinem Vorhaben.
Ich habe vom Letzten Jahr noch Heidelbeerwein übrig, und würde diesen gerne zu einem Heidelbeersekt umarbeiten. Ich mache jedes Jahr ca. 60 Liter dieses edlen Getränkes und es erfreut sich in unserem Dorf großer Beliebtheit. Da ich das vergangene Jahr etwas knausrig mit dem Verteilen war, hab ich also endlich noch was übrig, und möchte zur Probe einen Heidelbeersekt herstellen.

Viele liebe Grüße
Moster
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Re: Flaschengärung Apfelcider

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Nee, nee, du rüttelst schön manuell: https://de.wikipedia.org/wiki/Remuage#Manuelles_Rütteln :mrgreen:

Dünnwandige Bügelverschlussflaschen für Wein sind mir schon bei rund 1,5 bar hochgegangen. Bierflaschen dürften einem höheren Druck standhalten, aber da habe ich keine eigenen Erfahrungswerte; vielleicht kann dazu ein Bierexperte etwas sagen? Aus dem Bauch heraus würde ich das nicht wagen...
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Re: Flaschengärung Apfelcider

Beitrag von 420 »

Soweit ich mich erninnern kann, wurde im Hobbybrauer-Forum von 10 bar gesprochen. Dennoch VORSICHT!

Flaschen die schon einmal im Ofen zum sterilisieren standen halten dies sicherlich nicht mehr aus und Flaschen, die schon vermehrt im Umlauf waren sicherlich auchnicht mehr.

Deshalb würde ich nur schwere Sektflaschen nehmen.

VG
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