Zu früh abgepresst / Reinigungsalkohol im Vinometer

[Hagebutte]

Hallo Fruchtweinkeller, hallo an alle leidenschaftlichen Hobbywinzer.

Ich lese hier schon einige Zeit mit und habe mir so manchen wertvollen Tipp geholt. Jüngst ist mir leider etwas passiert, wozu ich bislang nirgendwo im Ozean des Internets einen Ratschlag zur Vorgehensweise gefunden habe. Darum bin ich jetzt hier. Vielleicht hat ja jemand schon mal einen ähnlichen Fall gehabt.

Kurzum, ich habe meinen jüngsten Hagebutten-Ansatz zu früh abgepresst. CO2-Bildung war nicht mehr zu beobachten, und die Messung via Vinometer hat mir fast 19% angezeigt. Hurra, dachte ich mir und presste ab. Leider haben offensichtlich Reste vom Reinigungsalkohol die Messwerte meines Vinometers verzerrt. Eine nochmalige Messung ergab knappe 12%. Ich hätte gern mehr.

Nun sehe ich nach 2 Tagen schon eine geringfügige Bläschenbildung auf dem Ansatz. Die verbliebenen kümmerlichen Reste der Hefe kämpfen also noch tapfer weiter. In meinem 10-Liter-Ansatz (Rezept nach Kitzinger Weinbuch) werden aber vermutlich Äonen verstreichen, bis sich die Hefe nennenswert vermehrt hat, um wieder wieder von einer aktiven Gärung zu sprechen.

Wie würdet ihr reagieren? Ich spiele gerade mit 3 Möglichkeiten:

1. Alles so lassen wie es ist, die restliche Hefe im Ansatz noch ihren Spaß lassen und mich dann zur Not mit den 12% zufrieden geben. - Unbefriedigend

2. Eine Killer-Hefe nachsetzen. Da aber schon 12% drin sind, sollte auch die sich schwer tun, noch Fuß zu fassen. - Bin sehr unsicher, ob das Sinn macht.

3. Nochmal dieselbe Sorte Reinzuchthefe (Vina, Sherry, flüssig) nachkaufen und mit etwas Nährsalz zugeben. - Praktikabel?

Gibts da ne sinnvolle Reation?

Grüße euch
HB

[Metinchen]

Hallo und herzlich willkommen.
Abpressen beendet nicht die Gärung. Meist wird nach ein bis zwei Wochen Maischegärung abgepresst und dann geht es weiter. Stichwort; Nachzuckermethode (die Homepage zum Forum kennst Du? Einfach oben auf das Banner klicken)
Eine Frage drängt sich mir auf; ist noch Restsüße vorhanden? Wenn ja sollte die Gärung ein zwei Tage nach dem Abpressen wieder in Schwung kommen. Wenn keine Restsüße mehr vorhanden ist, zuckere für maximal 1% nach. Wenn Du sehr trockene Weine bevorzugst, zuckere nur für ein halbes % nach. Der Ansatz steht warm genug?
Wenn Du magst stelle mal Dein Rezept und deine Vorgehensweise hier rein, wenn mehrere drübergucken bekommst Du meist mehrere Ideen wie Du Deinen Ansatz optimieren kannst.
Neue Hefe würde ich nicht dazugeben. Eher den Ansatz nochmal belüften und regelmäßig schwenken. Wenn Du nur "normal" abgepresst hast ist noch genug Hefe im Wein.
Grüße Metinchen

[Hagebutte]

Hi Metinchen!

"Normal"? Nun ja, ich habe den Ansatz durchs Läutertuch gejagt. Mit dem Großteil der Feststoffe habe ich wohl auch den Großteil der Hefezellen herausgefiltert. Die irrtümlich ja doch noch aktiv waren. Inzwischen sind 3 Tage vergangen und es bilden sich an nur wenigen Stellen geringfügige Blasenansammlungen auf der Oberfläche des Ansatzes. Wie kleine Inseln auf einem weiten Meer. Von Geblubber keine Spur. Restsüße ist noch vorhanden.

Ach ja, kurz das Rezept: 3 kg Hagebutten, 8,5 l Wasser, 4g Hefenährsalz, 30 ml Antigel, 40g Milchsäure, Sherry-Hefe

Nach 2 Wochen wurde die Maische herausgefiltert. Am vergangenen Samstag ging der Ansatz dann durchs Läutertuch, nachdem mich mein Vinometer irrtümlich vom Gärende überzeugt hatte.
Damit habe ich wohl auch die Großteil der noch aktiven Hefen herausgefiltert.

Können sich solch wenige verbliebenen Resthefen denn noch ausreichend vermehren, um es doch noch ans gewünschte Gärende (bei 15-18%) zu schaffen?

[Metinchen]

Zucker ist keiner drin?
Oder hast Du nur vergessen ihn zu erwähnen?
Durch ein Tuch gelangen genügend Hefchen in den Wein. Das ist das was ich als normales Abmaischen bezeichne. Zwei Wochen auf der Maische ist völlig in Ordnung.
Blubbt es denn stärker wenn der Ballon geschwenkt wird. Wenn ja, hast der Wein evtl. einen Trübstoffmangel. Das bedeutet das die Kohlensäure etwas zum festhalten braucht um auszutreiben. Dann kannst Du auf einer Reibe einen Apfel raspeln, nicht zu fein und hinzugeben. Es ist auch völlig normal das sich die Gärung bei 12-14%, teilweise rapide verlangsamt. Die letzten paar Prozent brauchen Zeit. Der Gäraufsatz sitzt fest und dicht auf dem Ballon. Nicht das das CO2 sich heimlich am Gärröhrchen vorbeischummelt.

[Hagebutte]

Ui, ja doch! Zucker kam da auch rein. 2,8 kg laut Rezept, 3 habe ich rein.

Durch ein Läutertuch kommen genug Hefezellen durch? Ah, das ist schon mal gut zu wissen. Dann bin ich schon mal beruhigt. Ich hatte befürchtet, die wären mit der Trubmasse größenteils ebenfalls draußen geblieben - und damit zu früh. So aber sollte ich mit vorsichtiger Nachzuckerung und ggf mit dem geriebenen Apfel die Gärung wieder einigermaßen in Gang kriegen.

Ich danke dir! Damit bin ich jetzt weg von den ausgebrüteten Ideen unter 2. und 3. oben.

[Fruchtweinkeller]

Da kommen nicht nur "genug" Hefezellen durch, da kommt so ziemlich "jede" Hefezelle durch

Aber: Die Zuckerthematik ist komplizierter als es die Rezepte vermuten lassen. Ich lege dir dazu das Kapitel "Zucker" auf der Homepage als Lektüre ans Herz.

[Metinchen]

Da kommen nicht nur "genug" Hefezellen durch, da kommt so ziemlich "jede" Hefezelle durch

Okay Cheffe, da war meine Aussage wohl nicht konkret genug

Wie groß ist der Ansatz jetzt? So über den ganz dicken Daumen (da ich die genauen Liter nach dem Abpressen, und den Zuckergehalt von Hagebutten nicht im Kopf habe) solltest Du nicht mehr allzuviel Zucker drin haben. Für ein halbes % benötigst Du ca. 10g Zucker je Liter. Füttere mal ganz vorsichtig und gucke was passiert.

[Josef]

Was ist denn ein Läutertuch?
Und nachzuckern erst wenn der Zucker auch verbraucht ist.

[Fruchtweinkeller]

Dürfte von den Brauern kommen, hat die Funktion eines Pressbeutels bzw. einer Windel beim Abpressen der Maische.

[Hagebutte]

Der gesamte Ansatz dürfte knapp 10 Liter ausmachen. Ich habe Wasser und Zuckermenge aus dem Rezept etwas erhöht, da mir der Frucht-Geschmack beim letzten Mal beinahe zu intensiv war.

Gestern habe ich nun 20g Zucker zugegeben. Von Gäraktivität keine Spur. Außer gelegentlichen Bläschen an der Oberfläche. Wenn die Hefe nicht rausgeläutert werden konnte, habe ich sie wohl nicht pfleglich genug behandelt, wenn sie nun das Gären einstellt. Ich werde nochmal ne Nacht abwarten und morgen den Alkohol messen.

Ist es ratsam, eine 12%-Brühe noch mit einer Killer-Hefe zu impfen?

Ein Läutertuch, ja, das nutzen wohl eher die Brauer. Erfüllt aber letztendlich denselben Zweck wie ein Abpressbeutel.

[StSDijle]

Hallo Weinfreund,

Nun mal immer mit der Ruhe was sagt denn das Thermometer? Ich habe meinen Wein nicht im Wohnzimmer stehen und im Winter wird es dann auch mal weniger als 20grad, dass führt bei mehr als 12% zu deutlich verlangsamter Gärung.

Stefan

[Hagebutte]

Hallo Stefan, der Ballon steht im Bad, da hat es seitdem konstant zwischen 21 und 23 Gräder. Das sollte den Hefelchen doch schon schmeicheln.

Bläschenbildung ist kaum noch mit der Lupe zu entdecken. Ich glaube, ich ziehe die Alk-Messung auf heute Abend vor.

Nachtrag: 13%
Nun gut, wenn mich das Vinometer nicht schon wieder gefoppt hat, tut sich also doch noch was - wenn auch nicht mehr visuell erkennbar.

Abendliche Grüße
HB