Durchgegorener Apfelmost schmeckt süß!?

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Zapa
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Durchgegorener Apfelmost schmeckt süß!?

Beitrag von Zapa »

Hallo zusammen!

Ich eröffne zu meinem Most mal einen Thread, da ich mein Problem hier noch nicht fand.

Um was geht es?
Apfelmost aus selbstgepresstem Saft.
Die Äpfel habe ich von einer alten Streuobstwiese, auf der ich sammeln/pflücken dürfte.
Die Sorten sind mit nicht bekannt, jedoch waren es zu 2/3 recht herbe, aber aromatische kleinfruchtige Äpfel. Aus Zeitgründen ließ ich die Äpfel 3 Wochen im Keller (15°C) lagern, ohne große Verluste durch Fäulnis. Die Äpfel verloren darüber deutlich ihre herbe Note, anscheinend wohl eher ein Lagerapfel ;).

Gemahlen, gepresst und (auf 20°C korrigiert) 16°Plato, also gute 16°Brix gespindelt. Ein hoher Wert, aber der Sommer war auch hier sehr trocken, ca. 65kg Äpfel ergaben 27 Liter Saft. 9 Liter habe ich als Saft eingekocht und 18 Liter vermostet.

Das ganze mit etwas Nährsalz und mit "Arsegan Premium Wijngist - Sweet Cider" geimpft.
Säure nicht bestimmt.
Gärung kam in den folgenden zwei Tagen gut an und verlief bei 11-15°C bis die Spindel nur noch 0,8°Plato (auf 20°C korrigiert) zeigte. Das Vinometer zeigte 8,5% Alkohol. Die Werte waren also in sich schlüssig.

Jetzt kommt das große Fragezeichen: Der Most hat immer noch eine deutliche Süße, mit einer gewissen Note von Süßstoff. Erwartet hatte ich einen schön trockenen, brut Cidre.
Kann sich hier Jemand herleiten wie dies zu Stande kommt? Können in den 0,8° Plato so viele unvergärbare Restzucker enthalten sein? Wenn ich ein Bier mit Restsüße machen will, muss ich erfahrungsgemäß mind. 2,5-3°Plato Restextrakt drin haben.
Könnte der Hersteller in seine Hefe einen Süßstoff beigemischt haben um in jedem Fall einen "sweet Cider" zu produzieren? Dieser ist jedoch auf der Packung nicht ausgewiesen.

Habe den Most noch bis heute auf der Hefe gelassen und nun mit Zucker in Flaschen abgefüllt, um ihn so auf knapp 5g CO2/Liter einzustellen. Die Süße hat bisher nur geringfügig nachgelassen.

Ich freue mich auf Ideen und Kritik!

Cheers!
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Re: Durchgegorener Apfelmost schmeckt süß!?

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Die Hefe kenne ich nicht, aber die allwissende Suchmaschine liefert die Erklärung:
Bevat 6% sorbitol als onvergistbare suiker.
Mein Niederländisch ist zwar eingerostet bis nicht vorhanden, aber das verstehe ich gerade noch ;)

Quelle: https://www.braumarkt.com/wijngist-swee ... -1-x-10-gr
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Zapa
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Re: Durchgegorener Apfelmost schmeckt süß!?

Beitrag von Zapa »

Das die Hefe Sorbitol enthält hatte ich gesehen.

Bei einer Packungsgröße von 11g, wären dort also 0,66g Sorbitol enthalten. Bei einer Süßkraft von ca. 60% in Vergleich zu Saccharose, wären das als hätte man 0,39 g Haushaltszucker auf 18 LiterMost gegeben. Erklärt die Süße nicht hinreichend.

Gibt es evtl. Apfeltorten mit hohem Sorbitolgehalt? Wenn ja könnte das jemand ja schon mal so wie mit meinem Most passiert sein?
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Re: Durchgegorener Apfelmost schmeckt süß!?

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Zapa hat geschrieben: 31 Dezember 2020 14:43 Könnte der Hersteller in seine Hefe einen Süßstoff beigemischt haben um in jedem Fall einen "sweet Cider" zu produzieren? Dieser ist jedoch auf der Packung nicht ausgewiesen.
Zapa hat geschrieben: Das die Hefe Sorbitol enthält hatte ich gesehen.
Du fragst nach Süßstoff, wusstest dass Sorbitol enthalten ist und hast diese Info unter den Tisch fallen lassen? Was soll das?

Das Äpfel signifikante Sorbitolmengen enthalten können wäre mir neu. Ja, die enthalten ein wenig Sorbitol, aber die Werte sind nur gering.

Wenn ich eine Hefe verwendest die schon "sweet" im Namen trägt würde ich jedenfalls nicht damit rechnen, dass die freudig jeglichen Restzucker vergärt. Womöglich hat die schlicht und ergreifend eine niedrige Alkoholtoleranz, Osmotoleranz und/oder hat eine ausgeprägte Glucophilie.

Und die Spindelei macht eh wenig Sinn im (teil)vergorenen Most... Siehe Homepage, Kapitel "Analytik".
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Re: Durchgegorener Apfelmost schmeckt süß!?

Beitrag von 420 »

Auf jeden Fall solltest Du vorab immer die Säure messen.

Warum? Kleines Beispiel:
Birnen haben oft genau so viel OE wie Äpfel, schmecken aber sehr süß. Grund? Miss dort einfach mal die Säure. Das könnte bei Dir auch ein Grund sein. Ggf. hast du noch recht viel Restzucker im Ansatz. Deshalb musst Du sicher sein, dass die Gärung beendet ist bevor du die Zweitgärung einläutest.

Selber trinke ich gerade auch einen Sweet-Cidre.

Vorgehensweise war:
Apfelsaft gärte vollkommen durch. Nach Gärende wurde nach 1,5 Wochen von der Hefe abgezogen und der Ballon stand danach im Kühlschrank. Nach weiteren 3 Wochen wurde der Wein abgezogen und noch fein gefiltert, damit die Trubstoffe herauskamen (beim späteren Öffnen will ich keine Fontäne habe). Danach mit Birkenzucker nachgesüßt und entsprechend noch etwas Hefe (ist normal nicht nötig, aber erleichtert das weitere Gären) und Zucker für die Zweitgärung zugegeben.

VG
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Re: Durchgegorener Apfelmost schmeckt süß!?

Beitrag von Zapa »

Du fragst nach Süßstoff, wusstest dass Sorbitol enthalten ist und hast diese Info unter den Tisch fallen lassen? Was soll das?
Ich fragte nach Süßstoff, das ist richtig. Nicht vergärbare Zucker sind kein Süßstoff und die Menge zudem nicht signifikant, s.o.. Ich entschuldige mich dennoch, dies ausgelassen zu haben. Das ich das Recherchiert habe ist eine Weile her und es war mir entfallen.

Der Gedanke mit dem Sorbitol kam mir, da sowohl der Apfel (Malus) also auch die Mehlbeeren (Sorbus) beides Kernobstgewächse sind und Sorbitol ja seinen Namen von der Gattung Sorbus hat. Da hätte es ja sein können das die verwandten Äpfel je nach Sorte dies auch enthalten können.

Ich hab das Kapitel Analytik gelesen. Dort wird erwähnt das Vinometer sei ausreichend zuverlässig.
Restzucker, sofern vorhanden beeinflusst nicht die Oberflächenspannung, welche die Kapillare ja als Messgröße hat.

Meine Messungen sind ja auch Schlüssig. 16°Plato zu Beginn gespindelt und 8,5% Alkohol zuletzt im Vinometer. Das ergibt für mich eine vollständige Vergärung. Wo ist hier Raum für größere Mengen unvergorenen Zuckers?

Diesbezüglich würde mich interessieren wie ein Alkoholgehalt von 8,5% oder Trubstoffe die Dichte so sehr beeinflussen können, dass diese nur noch 0,8°Plato zeigt, wenn wie hier aktuell postuliert wohl noch große Mengen Restzucker enthalten sind. Dazu konnte ich auf der Seite leider nichts direkt finden.

Die Alkoholtoleranz der Hefe ist mit 8-10% angegeben. Sollte bei 8,5% bereits das Limit der Hefe erreicht sein, dürfte in den gezuckerten Flaschen die zweite Gärung ausbleiben und sich kein CO2 bilden. Das werde ich im Auge behalten und berichten.
Danach mit Birkenzucker nachgesüßt
...von Birkenzucker lass ich lieber die Finger... im Interesse meiner Mitmenschen... ;)
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Re: Durchgegorener Apfelmost schmeckt süß!?

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Die Homepage hat geschrieben:Vielleicht ist es Ihnen ja schon aufgefallen. Sowohl der Alkohol- als auch der Zuckergehalt bestimmen die Dichte der Lösung, und die Dichte muss für beide Bestimmungen herhalten. Das klappt gut, wenn eine Lösung entweder nur Alkohol oder nur Zucker enthält. Aber was passiert, wenn beides enthalten ist? Sie ahnen es sicher schon: Die Messungen werden zunehmend ungenau. Restzucker im Wein erhöht die Dichte (Anmerkung nochmals zum mitschreiben: Umgekehrt erniedrigt Alkohol die Dichte), weshalb der Alkoholgehalt nicht mehr genau bestimmt werden kann Auch das Vinometer versagt, sowohl Restzucker als auch das bei der Gärung gebildete Glycerin sowie Trübstoffe verändern das Verhalten der Flüssigkeit in der Kapillare. Zum Ende der Gärung hin sinkt der mit dem Vinometer gemessene Alkoholgehalt oft etwas ab.

Die oben beschriebenen Methoden (Zuckerbestimmung per Dichte, Alkohol per Vinometer) liefern also nur dann verlässliche Werte, wenn der Ansatz zu Beginn der Gärung noch keinen Alkohol enthält, die Alkoholmessung ist erst im fertigen Wein mit wenig Trub, wenig Zucker und ohne Kohlensäure präzise.
Alles klar? Theoretisch müsste man in vergorenem Wein ohne Restzucker eine Dichte unterhalb von 1 g/ml erwarten, also "negative" Werte auf der Skala.
Zapa hat geschrieben: Die Alkoholtoleranz der Hefe ist mit 8-10% angegeben. Sollte bei 8,5% bereits das Limit der Hefe erreicht sein, dürfte in den gezuckerten Flaschen die zweite Gärung ausbleiben und sich kein CO2 bilden. Das werde ich im Auge behalten und berichten.
Wie im Kapitel "Zucker" beschrieben gären die Low Alk Zickenhefen gerne auf niedrigem Niveau weiter. Wenn du überhaupt so viel Alkohol hast.
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Re: Durchgegorener Apfelmost schmeckt süß!?

Beitrag von Bahnwein »

Durch die Lagerung und Nachreifung im Keller könnte auch ein signifikanter Säureabbau stattgefunden haben. Ist aber reine Spekulation, da es keine Messung gibt. Das könnte auch zum süßen Geschmackseindruck beitragen.
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