Apfel-Dessertwein - Säure schätzen

Bragisson
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Apfel-Dessertwein - Säure schätzen

Beitrag von Bragisson »

Hallo!
(Wer die Geschichte nicht lesen will, bitte unten lesen, da ist die Frage :o) )

---
Mir ist in der örtlichen Drogerie heute folgendes Passiert:
Ich bin fröhlich hineinspaziert mit dem Vorsatz, mir für meinen neuen Apfelwein-Ansatz die benötigten Zutaten zu holen (Nährsalz, Antigel und natürlich Hefe). Außerdem wollte ich endlich einmal ein bisschen Geld in ein Acidometer investieren.

Am Regal habe ich dann gleich gesehen, dass die Sherry Kulturen nur bis Ende März haltbar waren.
Schade, habe ich eben Samos genommen.
Nur die benötigten Geräte und Chemikalien zur Säurebestimmung habe ich nicht gefunden.
Also gleich freundlich die Verkäuferin angesprochen, wo das wohl zu finden sei. Dabei habe ich natürlich (aufmerksam wie ich bin *gg*) nett daraufg hingewiesen, dass die Sherry Hefe abgelaufen war.
Die Antwort der Verkäuferin (wörtlich!):
"Das is eh nua Mindesthaltbaakeit, geht auch länga!"

Ok, hab ich mir gedacht - kann ja nicht jeder fruchtweinkeller.de kennen.
Acidometer: "weissnich frachmalchef PETER!"

Ok, Chef kommt und fragt freundlich, ob ich das zur wissenschaftlichen Säurebestimmung brauche oder nur Wein herstellen will.
Ich denk mir natürlich, dass er verschieden geeichte Sachen da hat und sag dass es nur für Wein ist und nicht weiss ich wie genau sein muss.

Dann hat der mir ernsthaft erzählt, das bräuchte man gar nicht weil der Säuregehalt sowieso nur den Geschmack beeinflussen würde und sonst keinerlei Einfluss auf die Gärung habe.
Ich hab natürlich, schlau durch fruchtweinkeller.de, nur mühsam ein Schmunzeln unterdrückt.
Das ist mir dann aber vergangen als er angefangen hat, mir seine tollen Weinstorys nebst Lebensgeschichte zu erzählen.

Lange Zeit später hatte sich dann herausgestellt, dass die Drogerie keine Utensilien zur Säurebestimmung hat und meine Nerven eine Belastungsgrenze haben. Außerdem hat die Drogerie einen Kunden verloren.

Hab den Kram jetzt im Internet bestellt und warte lieber noch eine Woche.

Mensch, schade dass die Läden alle aussterben weil die Leute im Netz kaufen, oder?
ICH werde ab sofort nur noch online bestellen.
----------------------


Mal zum Thema:
Ich würde natürlich gern schon den Wein ansetzen.
Kann man den Säuregehalt später bestimmen/einstellen, wenn die Gärung schon läuft?

Und, wenn ja, mit welchem Säurezusatz (g/l) wäre ich vorerst auf der sicheren Seite?
Habe den Apfelsaft von "Beckers Bester" hier stehen.

[Dieser Beitrag wurde am 21.04.2005 - 22:41 von bragisson aktualisiert]
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fibroin
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Beitrag von fibroin »

Grundsätzlich kann die Säure auch erst später eingestellt werden. Ich mache das in der Regel so, dass ich nicht zu hoch aufsäuere und später den letzten Teil zufüge. Das ist besser als Säure irgendwie runterzubekommen. :schlecht:

Du hast doch wahrscheinlich Hefe gekauft. Setze doch zumindestens den Gärstarter an. :D

Übrigens, die Hefe kann bei guter Lagerung auch über das Verfallsdatum hinaus noch brauchbar sein. Aber wer weiß das und dann in jedem Fall nur mit Gärstarter probieren. :-x
Wenn du dich wohlfühlst, mache dir keine Sorgen. Das geht wieder vorbei.
Hefekunst
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Beitrag von Hefekunst »

Ist schon traurig, daß in vielen Läden die Fruchtweinbereitung so vernachlässigt wird. Ich habe ähnliche Erfahrungen sammeln müssen.

Mittels eines Gärstarters (sowieso empfehlenswert) kannst Du rausbekommen, ob die Hefe noch was taugt.

Nachsäuern kannst Du auch später, allerdings wird durch den möglicherweise schon entstandenen Alkohol der wirkliche Ausgangsbasiswert nicht mehr richtig einstallbar sein,
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fibroin
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Beitrag von fibroin »

Meine Erfahrung mit Fruchtweinen ist, dass der Anfangssäurewert später nach der Gärung ein oft um 2 g/l veränderter Wert ist. Nach der Gärung ist der stabiler. Darum meine vorsichtige Ansäuerung. 8-)
Wenn du dich wohlfühlst, mache dir keine Sorgen. Das geht wieder vorbei.
Birgit
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Beitrag von Birgit »

Also eine abgelaufene Hefe ist schon stark, wenn man davon ausgeht, das die ürsprünglich mal 2 Jahre haltbar sein sollten (allerdings nur bei Kühlschranklagerung) kann man sich ausrechnen wie es den Hefchen geht :(

Aber die Säuregeschichte finde ich Klasse, die Säure wirkt sich ja nur auf den Geschmack aus, nicht auf die Gärung :schlecht: Was nützt mir ein Wein der super gegoren hat, aber wenn ich den trinke habe ich einen angeschlagenen Magen ?-|

Bei gekauftem Apfelsaft würde ich zur Zeit keine Säure zufügen, zur Zeit wird die relativ saure Ernte vom letzten Jahr verkauft. Die Säure kannst Du bedenkenlos später messen, nur die Kohlensäure rausschütteln.

Gruß Birgit
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Das Argument "Haben wir nie so gemacht" ist leider ein Totschlagargument. Hört man leider immer wieder. Deshalb muss ich mich jetzt darüber mal auslassen :D

Besonders hört man das Argument von den Leuten, die die vielkopierten Standardrezepte als Weisheit letzen Schluss sehen. Auch hier im Forum hatten wir die Diskussion: Was wir machen ist alles irgendwie unnötig und zu viel Arbeit. Die gleichen Hobbykollegen fragen dann zwei Postings weiter, wieso ihr Wein einfach nicht reprodzierbar lecker wird oder komisch schmeckt oder warum sonstige komische Probleme auftauchen.

Ich kann nur raten, sich mal zu überlegen, wie die empfohlenen Fruchtmengen in den Rezepten ursprünglich zustande kommen: Nämlich anhand der durchschnittlichen Säuremenge der entsprechenden Früchte! Die Geschmacksintensität spielt da tatsächlich eher eine untergeordnete Rolle. So bekommt man in vielen Fällen ein trinkbares Produkt, wenn man einfach nachkocht.
Und wenn dann mal ein ausgesprochenes Sonnenjahr dabei war oder so ein Säurejahr wie zuletzt gehabt, dann liegt man halt schon einmal um den Faktor zwei, drei daneben. Dann brennt es einem eben die Magenschleimhaut weg. Macht nix, Fruchtwein muss süß sein, also rein der Zucker bis zum Zuckerschock. Und wenn man mal eine der neu gezüchteten säurearmen Fruchtsorten erwischt (so beobachtet bei Ananas in den letzten Jahren, schmeckt einfach nach nichts mehr), dann wird der Wein halt fade und anfällig für Weinkrankeiten. Macht ja nix, ist ja nur ein Hobby.

Kein Wunder, dass Frucht- und Honigweine bei den meisten Traubenweintrinkern einen so schlechten Ruf haben. Also liebe Leser, lasst uns daran arbeiten, auf dass der Ruf besser werde 8-)
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Bragisson
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Beitrag von Bragisson »

Danke für die Antworten :schlecht:

Ich werd dann einfach mal morgen früh die Sache starten und schauen was so passiert..
Dürfte ja interessant sein.
:ugeek:
Tompson
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Beitrag von Tompson »

Zum Thema Säureeinstellung während der Gärung:

2/3 aller Ansätze sind ja fast Maische oder haben Rosinen dabei etc. Da macht es ja sowieso erst Sinn, wenn der ganze Matsch abgepreßt ist.
Diese Erfahrung habe ich leider letztes Jahr machen müssen. Da ich verschiedentlich schon Säure dazugegebn hatte, mußte ich dann den Wassereimer benutzen um den Säuregehalt sogar wieder herunterzubekommen :!:
Das schmerzt dann ... ?-|
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Josef
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Beitrag von Josef »

Hallo Andreas,
du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich kann den Ausführungen in deinem Beitrag nur zustimmen.

Zur Säure möchte ich aber noch anmerken: Zuviel Säure gibt geschmacklich Probleme, das ist jedem bekannt. Zuwenig Säure kann auch zu Problemen führen. Die Säure ist schließlich auch ein gewisser Schutz für den Weinansatz. Also am Anfang nicht zu weit runter mit der Säure.

Gruß Josef
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Fruchtweinkeller
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Hallo Josef,

da sind wir ganz auf einer Linie :D

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Beitrag von Bragisson »

Genial!
Das Acidometer ist schon da - arauner liefert wirklich blitzschnell :shock:

So schnell, dass der Gärstarter noch gar nicht fertig ist, tolll! :D
Bragisson
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Beitrag von Bragisson »

So, jetzt habe ich das Set ausprobiert.
Klappt ja super, obwohl ich in Chemie immer schlecht war, habe ich auf Anhieb relativ genau in den Messzylinder gefüllt und auf Anhieb grün geschafft - das Lackmuspapier blieb auch Lila :D

Also nach diesem Test hat der naturtrübe Apfelsaft von Beckers Bester aktuell ~ 6,0 g/l Säure.

Das macht nach dem Rezept der Homepage, errechnet mit dem Programm:

8l Apfelsaft
2l Wasser

4,8 g/l im Weinansatz ohne Zusatz.
Ausgehend von erwünschten 7,5 g/l würde ich also
7,5 g/l - 4,8 g/l = 2,7 g/l Säure hinzufügen.

Mit dem Programm errechnet macht das:
33,75 ml Milchsäure - richtig?

Bin mal gespannt auf was für ein Ergebnis ich mit der fertigen Mischung komme, die 4,8 g/l sind ja jetzt nur anhand des Apfelsafts errechnet.
Mensch ist das angenehm, wieder etwas mehr Kontrolle :D



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