Sulfitverträglichkeit der Hefe und pH-Verschiebung

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michi1345
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Sulfitverträglichkeit der Hefe und pH-Verschiebung

Beitrag von michi1345 »

Hallo,

in meiner kommenden Projektarbeit im Rahmen meiner Ausbildung (UTA) werde ich auf 2 Arten versuchen, Glycerin mit Hefe herzustellen, durch
a) Sulfitzusatz (2. Neuberg'sche Vergärungsform) und
b) pH-Verschiebung ins Alkalische durch Zugabe von Na2CO3 oder NaHCO3 (3. Neuberg'sche Vergärungsform)

Weiß jemand, wie viel Sulfit die Hefe verträgt, also .. was passiert mit der Hefe, wenn die Sulfitkonzentration erhöht wird?

Genauso stelle ich mich die Frage mit dem pH-Wert. Wann arbeitet die Hefe noch, wann nicht mehr?
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420
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Re: Sulfitverträglichkeit der Hefe und pH-Verschiebung

Beitrag von 420 »

Hallo michi1345,

erst einmal ein Willkommen hier.

Der Wein hat normal nicht so die Problematik mit der Säure. Weine, die über 16 g hatten, gärten wunderbar. Natürlich habe ich später verdünnt. Wer verträgt schon 16 g Säure?

Schwefel:
Laut Robert Steidl, Wolfgang Renner in der Winzerpraxis bei Gärprobleme wirkt SO2 erst ab Mengen von 50 mg/l hemmend auf die Hefevermehrung. Bei wilden Hefen stärker, bei Reinzuchthefen weniger. Dabei ist die Wirkung der schwefeligen Säure stark vom pH-Wert des Mostes abhängig. Gleichzeitig können auch "Schwefelfresser" entstehen, die dann einen höheren Gehalt an GesamtSO2 haben.

Eine eindeutige Grenze wird es wohl nicht geben, da einige Reinzuchthefen Schwefel besser vertragen als andere.

Soweit mein Kenntnisstand.

VG
Zuletzt geändert von 420 am 03 Februar 2015 21:43, insgesamt 1-mal geändert.
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michi1345
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Re: Sulfitverträglichkeit der Hefe und pH-Verschiebung

Beitrag von michi1345 »

Hallo 420,
danke für die Antwort,

ich meinte aber, dass der pH-Wert ins Alkalische verschoben werden sollte, nicht ins Saure. Also, die Frage ist, arbeitet die Hefe auch noch bei pH-Werten von 8-9 oder noch höher? Na2CO3 bzw. NaHCO3 reagieren ja alkalisch in Wasser, d.h. durch die Zugabenmenge kann man den pH-Wert einstellen.
Sulfit ist meines Wissens SO3 und nicht SO2, aber denke das meintest du. Also bis 50 g/l gibt es keine Probleme?
Was macht den in der Theorie das Sulfit mit der Hefe, was ist das Problem?
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420
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Re: Sulfitverträglichkeit der Hefe und pH-Verschiebung

Beitrag von 420 »

Tut mir leid, da kann ich nicht weiterhelfen. Ich bin von SO2 ausgegangen. Und geschrieben habe ich ja " ...bei Gärprobleme wirkt SO2 erst ab Mengen von 50 mg/l hemmend auf die Hefevermehrung..."

Vielleicht kann Dir unser Chef helfen.

VG
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Re: Sulfitverträglichkeit der Hefe und pH-Verschiebung

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Hi Michi,

oh je, ich habe mal in einer Vorlesung gehört, dass es so etwas gibt. Wenn du zu dem Thema schon recherchiert hast wirst du darüber mehr wissen als ich ;)

Hefen können schon einiges ab, die vertragen auch höhere pH-Werte. Ich hatte schon Kulturen, die pH-Werte um 9 erreicht hatten. Das heißt freilich nicht dass die Viecher sich in der Brühe wohl fühlen ;)

Aber "wohl fühlen" ist ein Stichwort: Die Hefen müssen sich ja nicht unbedingt wohl fühlen für deine Versuche. So läuft die Gärung ja auch in einem zellfreien (=toten) Zellextrakt noch weiter. Sprich: Erst einmal Zellmasse generieren, dann ist es eventuell egal, ob es den gut geht oder nicht... Solange sie dir Glycerin produzieren.

edit: Im Buch "Mikrobiologisches Praktikum: Versuche und Theorie" von Steinbüchel/Oppermann-Sanio müsste ein Versuch zu diesem Themenkomplex beschrieben sein.
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michi1345
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Re: Sulfitverträglichkeit der Hefe und pH-Verschiebung

Beitrag von michi1345 »

Ok, dann werde ich wohl doch mehr rumprobieren müssen, als ich wollte.

Also zuerst eine Starterkultur anlegen, dass die Hefezellen sich gut vermehren, dann nach ca. 4 Tagen zugeben oder vielleicht vorher die Hefe von der Lösung durch einen Filter abtrennen (muss ich mal meine Lehrer fragen, ob das geht) und dann zugeben, damit das Ergebnis möglichst unverfälscht ist und dann einfach breitflächig verschiedene Konzentrationen bzw. pH-Werte ausprobieren und immer Glyceringehalt und Ethanolgehalt bestimmen.

Das Buch "Mikrobiologisches Praktikum" hab ich schon, trotzdem danke für den Hinweis, da stehen eigentlich die meisten Information zu diesen beiden Verfahren drin.
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Re: Sulfitverträglichkeit der Hefe und pH-Verschiebung

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Hefen werden durch Zentrifugation geerntet, nicht durch Filtration. So steht es auch in der Versuchsbeschreibung im genannten Buch. Man kann das Rad neu erfinden, aber runder als rund wird es nicht ;)
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Re: Sulfitverträglichkeit der Hefe und pH-Verschiebung

Beitrag von MetNewbi »

Sehr interessant, was sich an Aspekten hier so entwickelt hat.
Das Hefe durch Zentrifugierung und nicht durch Filtrierung geerntet wird, verwundert mich. Hefen vertragen nicht über 6 Atmosphären, dann sterben sie. Vermutlich werden dann wohl die Zellen platzen. Beim Zentrifugieren sollte man also unter 6G bleiben, denn die 6 fache Erdbeschleunigung sollte vermutlich die selbe Wirkung, wie 6 Atmosphären Druck haben.
Mit einem Querstromfilter kann man die Brühe verdammt stark eindicken, der verstopft lange nicht so schnell, wie ein konventioneller Filter.
Das tote Hefe noch weitermacht verwundert nich ebenfalls. Das die Enzyme als Zombis noch aktiv sind, ist einerseits verständlich - warum wird dann aber Hefezellenenxtrakt als Futter für Ansätze prpagiert? Ich habe damit bei Met, der ja für Hefen eher suboptimal ist, sehr gute Ergebnisse erzielt, aber wenn da der Hefezellenextrakt werkelt, dann verfälscht er mir doch das Ergebnis einer auf den Ansatz hin ausgesuchten Reinzuchthefe :?: :?: :?:
Zu der Verwirrung von SO2 und SO3 - SO2 ist das gasförmige Schwefeldioxid. Löst man es in Wasser, bildet sich schweflige Säure H2SO3, welche dissoziiert und in ein Wasserstoffion und ein Sulfition SO3 2- zerfällt. Somit werdet ihr wohl beide quasi das Gleiche meinen ;)
Schwefeltrioxid SO3 gibt es auch, kommt aber beim Weinmachen nicht zum Einsatz. Das reagiert mit Wasser heftig zu Schwefelsäure H2SO4 - diese bildet das Sulfation SO4 2-
Durch Oxidation - auch schon durch Luftsauerstoff kann man schweflige Säure in Schwefelsäure überführen. Darauf beruht die antioxidative Wirkung des Sulfits im Wein.

Gruß Gerald
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Re: Sulfitverträglichkeit der Hefe und pH-Verschiebung

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Nö, nö, bei wenigen Tausend rpm überstehen die Hefchen (genau wie andere Mikroben) auch lange Zentrifugationen unbeeindruckt, und auch top speed in der Tischzentrifuge (14 krpm) macht denen erst einmal nix (zumindest wenn man es nicht übertreibt, und eine Überlebenskurve habe ich nicht aufgenommen). Solche Zentrifugationsschritte sind absolut üblich. Hefen gären zwar bei hohen Drücken irgendwann nicht mehr, sie reißen deswegen aber noch lange nicht die Hufen hoch :mrgreen:

Zum Zellextrakt: Im Labor ist damit die wässrige Suppe gemeint die entsteht, wenn du lebende Zellen aufbrichst. Die Enzyme sind dann noch vorhanden und aktiv, sodass noch eine Weile enzymatische Vorgänge ablaufen können. Wenn du einen so genannten "Zellextrakt" kaufst, dann ist das ein getrocknetes Pulver, und das zerstört die Enzymaktivät (zumindest die meisten) unwiederbringlich. Sprich: Da regt sich nicht der Hauch einer Gärung ;)

Siehe zur "zellfreien Gärung" auch http://de.wikipedia.org/wiki/Alkoholische_Gärung, Abschnitt "Geschichte der Entdeckung"

Ach ja, danke für die Richtigstellung zum "Sulfit", das habe ich übersehen ;)

Achtung, off-topic: Da fällt mir so eine "Urbane Labor-Legende ein", derzufolge mal jemand eine tote Maus in eine Zentrifuge gepackt hat. Hinterher war davon wohl nur noch Mus übrig... wenn die Geschichte stimmt. Die sind uns die Hefchen jedenfalls weit Voraus ;)
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