von Hefen, Prionen, Bakterien und Gärstockungen

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Fruchtweinkeller
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von Hefen, Prionen, Bakterien und Gärstockungen

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Es gibt Neuigkeiten von der Wissenschaftsfront in Bezug auf Gärstockungen. Was es nicht alles gibt in der Natur....

Ich fange mal so an: Viele werden den Begriff "Prion" schon einmal gehört haben, vor allem in Verbindung mit BSE/Rinderwahn und CJE. Gemeint sind damit Proteine die eine "natürliche" und eine "krankheitserregende" Form annehmen können. Das Gemeine an diesen Krankheiten: Die krankheitserregende Form ist infektiös.

Prione gibt es auch bei Hefen, aber keine Sorge, die sind natürlich absolut harmlos für uns (wenn nach dem nächsten Federweißen der Wahnsinn an der Haustür klopft liegt es garantiert nicht an den Hefeprionen, höchstens am Alkohol). Aber das macht sie zu Modellproteinen in der Forschung, man hofft so, Rückschlüsse auf humanpathogene Prione ziehen zu können.

Das alles ist ein alter Hut, hier die Neuigkeit: Prione wurden als mögliche Verursacher von Gärstockungen ausgemacht. Normalerweise verwertet Hefe ja bevorzugt Glukose: Ist genügend Glukose vorhanden, so werden Proteine, die für die Nutzung anderer Kohlenstoffquellen nötig sind, gar nicht erst gemacht, dieser Mechanismus nennt sich "Glukoserepression". Es scheint so zu sein dass Bakterien ein Stellglied für die Glukoserepression, welches in der Zellmembran sitzt, derart beeinflussen können, so dass es eine andere Struktur annimmt. Dann funktioniert die Glukoserepression nicht mehr. Die Folge: Die Hefe verwertet Glukose nur noch ineffizient, die Gärung stockt.

Der Vorteil für die Bakterien ist klar: Die haben mehr Glukose zum Futtern und müssen sich mit weniger Alkohol herumschlagen. Aber auch aus Sicht der Hefen soll das vorteilhaft sein: Letztlich haben auch sie genug zu futtern, und ihre Lebensspanne wird womöglich sogar verlängert.

Also um sich das nochmals auf der Zunge zergehen zu lassen: Bakterien verändern ein Prion-Eiweiß der Hefe sodass diese ihren Stoffwechsel komplett umstellt. Das ist mal eine interessante Mikroben-Kriegsführung :mrgreen:

Das rückt die Bedeutung von Bakterien zur Vermeidung von Gärstockungen weiter in den Fokus: Einige Bakkis sind eben potentiell besonders böse und müssen ggf. bekämpft werden. Wenn ein Winzer weiß dass er die Bösewichte im Weinkeller oder im Weinberg hat kann er das Problem gezielt angehen.

Für uns Hobbywinzer gilt nach wie vor: Sauber arbeiten, dann klappt es auch mit der Gärung :pfeif:

Hier der Link zur Meldung:
http://www.sciencedaily.com/releases/20 ... 170047.htm
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(Too much coffee man)

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