Fortschritt der Gärung abschätzen mit Oechslewaage?

Vinometer, Acidometer, Oechslewaage, pH-Meter, Refraktometer usw.
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cgi
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Fortschritt der Gärung abschätzen mit Oechslewaage?

Beitrag von cgi »

Ich habe mir mal ein paar Gedanken gemacht, wie man abschätzen könnte, wie weit die Gärung fortgeschritten ist. Ich freue mich auf eure Kommentare und hoffe von euch auf konstruktive Einschätzungen zur Methode und zur Genauigkeit. Folgendes ist erstmal rein theoretisch. Einige vereinfachende Annahmen wurden gemacht, die hoffentlich nicht stark ins Gewicht fallen. Zum Beispiel, wie viel Zucker in Biomasse der Hefe umgewandelt wird.

Ich habe also einen (verallgemeinerten) Ansatz, der vor der Gärung mit der Oechslewaage zu 75°Oe bestimmt wurde.

Laut Tabelle von www.fruchtweinkeller.de/Wine/oechsle.html enthält er also 170g Zucker pro Liter.

75°Oe bedeutet ja nun, die Suppe hat eine Dichte von 1075 g/L. Damit wären 1075-170=905 g/L Wasser enthalten.

In der Tabelle steht weiterhin, dass in diesem Ansatz bei vollständiger Vergärung 10 Vol-% oder 78,9g/L Alkohol entstehen sollten.

Unter der Annahme, dass bei der Gärung die Volumenänderung vernachlässigbar klein ist und kein Wasser verdunstet, hätte das Ergebnis dann pro Liter 905g Wasser + 79g Alkohol = 985g.
Eventuell gelöstes CO2 sollte nicht viel beitragen (ca 1-2 g/L) und wird daher vernachlässigt. Weiterhin wird angenommen, dass sich an der Oechslewaage keine CO2-Bläschen bilden, die die Messung verfälschen. Wenn doch, dann sollte die Messung so verfälscht werden, dass die Dichte größer erscheint als sie ist, da die Spindel zusätzlich Auftrieb erhält.

Mein Oechslewaage, die zusätzlich noch eine Dichteskala 980-1150g/L enthält, sollte also nun ca 985g/L anzeigen.

Weiterhin sollten alle 17g Zucker ein Prozent Alkohol entstehen. Wieder unter Annahme konstanten Volumens käme ich also auf folgendes (pro Liter):

Code: 1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10: 11: 12: 13: 14:  
Alk(%)     Wasser(g)     Zucker(g)     Alk(g)     Dichte
 0         905           170            0,0       1075,0
 1         905           153            7,9       1065,9
 2         905           136           15,8       1056,8
 3         905           119           23,7       1047,7
 4         905           102           31,6       1038,6
 5         905            85           39,5       1029,5
 6         905            68           47,4       1020,4
 7         905            51           55,3       1011,3
 8         905            34           63,2       1002,2
 9         905            17           71,1        993,1
10         905             0           79,0        984,0

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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Sorry, aber das wird uns in der Praxis wenig weiter helfen. Warum?

1. Die aus Zucker gebildete Alkoholmenge ist nicht über den gesamten Bereich hinweg linear.
2. Die Tabelle gilt für Traubenmost.
3. Faktoren wie Glycerinbildung sind nicht berücksichtigt; Glycerinbildung ist ferner auch nicht über den gesamten Alkbereich hinweg konstant
4.
cgi hat geschrieben:75°Oe bedeutet ja nun, die Suppe hat eine Dichte von 1075 g/L. Damit wären 1075-170=905 g/L Wasser enthalten.
Nein, wie kommst du darauf?

Ein Tabellenwerk zur Umrechnung Dichte in Alkohol findest du zum Beispiel hier:
www.alkohol-lexikon.de/ALCOHOL/A … ichte.html

Da sieht man auch dass da was nicht stimmen kann: Laut deiner Tabelle soll eine Dichte von 0,984 einem Alkoholgehalt von 10% entsprechen, kann aber nicht sein wie aus der Tabelle ersichtlich. Anders herum gesagt: Um auf die Dichte zu kommen brauchst du in einer reinen alkoholischen Lösung ja schon 11%, und im Wein dann noch mehr.

Was spricht eigentlich gegen das das gute, alte Vinometer? Einfacher (und mit Hausmitteln viel genauer) geht es doch wirklich nicht.
Und wenn du unbedingt eine Senkspindel verwenden willst: Wenn deine Gärführung und deine Hefe und dein Säuregehalt immer gleich ist wird die Dichte deines durchgegorenen Weins immer Pi mal Daumen in der selben Größenordnung sein. Das ist Erfahrungssache, und wenn du dich dem Wert näherst weißt du: Alles wird gut ;)
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Beitrag von cgi »

Danke für die Antwort. Zu den Punkten:

1-3 Ich hatte gehofft, dass die Abweichungen so klein sind, dass man sie für eine Abschätzung vernachlässigen kann. Allerdings habe ich keine Ahnung in welcher Größenordnung sie sich tatsächlich bewegen.

4. Das hatte ich irgendwo im Hinterkopf, aber ich hab grad nochmal bei Wikipedia nachgeschaut: https://de.wikipedia.org/wiki/Grad_Oechsle
Vielleicht missverstehe ich das aber auch. Ich interpretiere das so, dass Dichte = Dichte von Wasser + (°Oe/1000)

Zum Vinometer habe ich gelesen, dass das nur dann halbwegs genau ist, wenn im Wein kein Restzucker vorhanden ist. Während der Gärung ist davon aber noch mehr oder weniger viel da. Außerdem sind hier viele Threads im Forum von Leuten, deren Vinometer seltsame Werte liefern.
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Die Definition stimmte schon, der "Wassergehalt" nicht :shock:

[Dieser Beitrag wurde am 27.07.2013 - 01:27 von Fruchtweinkeller aktualisiert]
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Beitrag von cgi »

Ok, Die Wortwahl war unglücklich. Ich hätte wohl besser statt Wasser "andere Bestandteile" oder so geschrieben. Auf jeden Fall nehme ich an, dass die konstant sind.

Vielleicht hab ich ja irgendwann mal Zeit, zu testen, in wie weit das funktioniert.
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Beitrag von Ehli »

Na aus meiner Erfahrung liefert mir die gute alte Senkspindel nur noch den Beweis ob mich mein Lohnbrenner beschissen hat oder nicht.
Selbst das Refraktometer benutze ich nur noch um das zu kontrollieren. (Lügner, ich messe meine Trauben jedes Jahr)
Beim Fruchtwein ist mir reichlich egal wo ich einsteige. Die Hefe bestimmt eh wann genug ist. :-x
Da hilft weder Messung noch Mathematik. :D
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Beitrag von cgi »

Hmm, bisher ist also die einhellige Meinung, dass ich meine Zeit verschwende...

Versteht mich nicht falsch, ich habe nicht gedacht, dass ich auf etwas bahnbrechend neues gestoßen bin. Eher, dass es nur keiner macht, weil es nicht so interessant ist.

Ich hatte doch gehofft, dass wenn die Anfangszuckerkonzentration bekannt ist, sich da was machen lässt.

Ich vertraue meinem blöden Vinometer nicht (oder hat das Leitungswasser bei uns wirklich 5%Alc?).
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Tja, die Natur und die Physik sind halt unerbittlich ?-|

Also nochmal zum Mitschreiben: Klar kann man den Gärverlauf anhand der Dichte verfolgen und man kann das Gärende erkennen. Aber je komplexer das Gemisch, desto fehlerhafter wird naturgemäß die Abschätzung des Alkoholgehalts; das gilt letztlich für alle "einfachen" Messgeräte die der Hobbywinzer verwendet.

Wenn du ein Präzisionsvinometer benutzt und dieses sauber hälst sollte man damit eigentlich arbeiten können.
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Beitrag von cgi »

Ja, mit der Physik kenn ich mich ein bisschen aus. Man vernachlässigt da ständig bestimmte Dinge (Terme O(x^2) und höher und so). Natürlich sollte ich es besser wissen als irgendwelche Effekte zu vernachlässigen, deren Größenordnung ich nicht kenne.

Ja, ich halte mein Vinometer sauber. Was es für eins ist, weiß ich nicht mehr. Aber als es dieses letzte Mal komische Dinge angezeigt hat, habe ich es mit Essigessenz durchgespült. Das hat nichts gebracht, daraus schließe ich, dass es sauber war (oder sich Dinge festgesetzt haben, die Essigessenz nicht löst...)
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Beitrag von Fruchtweinkeller »

Kann sein dass du eine Gurke erwischt hast, das ist bei den billigen Teilen leider eher die Regel als die Ausnahme. Das heißt aber nicht zwangsläufig dass es völlig unbrauchbar ist; eventuell weicht es am Nullpunkt ab, ist im höheren Alkoholbereich aber genau genug. Teste doch mal mit einem trockenen Kaufwein oder einer selbstgemachen Alkohollösung bekannter Konzentration wie sich das Teil im Bereich um Pi mal Daumen 13 Prozent verhält.
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