Richtige Praxis beim Nachzuckern

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Rifunger
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Richtige Praxis beim Nachzuckern

Beitrag von Rifunger »

Hallo zusammen,

meine Frage bezieht sich auf das Nachzuckern oder besser gesagt auf das Einstellen der Restsüße nach Geschmack.

Wie genau geht ihr da vor? Angenommen ich habe einen Wein der an der Toleranzgrenze angekommen ist und bevor ich ihn Schwefele möchte ich nun die Restsüße einstellen. Das Problem was ich dabei sehe ist folgendes:
Ich ziehe mit einer Pipette eine kleine Probe von der oberen Schicht des Weines ab und probiere diese. Meist klärt sich ja in der Phase der Wein nach ein paar Tagen so Schichtenartig. Wenn er mir dann zu trocken schmeckt und ich ihn süßer haben will, füge ich dementsprechend Zucker bzw. Fruktose hinzu. Jetzt muss der Ballon allerdings geschüttelt werden, sonst löst sich der Zucker ja nicht auf. Genau da ist auch schon das Problem. Jetzt habe ich die ganze Hefe aufgewirbelt und wenn ich jetzt eine Probe ziehe, schmeckt er natürlich ganz anders bzw. schlechter. Eben wegen der Hefe, ihr wisst sicherlich was ich meine. Und da hab ich schon den Salat. Die Hefe verfälscht den Geschmack so sehr, dass ich so schlecht beurteilen kann, ob er süß genug für mich ist oder nicht. Dann müsste ich theoretisch wieder ein paar Tage warten um eine Probe zu nehmen und die Restsüße einzustellen.

Wie macht ihr das genau?

Wenn ich so überlege, könnte ich mir natürlich eine definierte Menge Wein abziehen. Z.B. 100ml und eine definierte Menge Zucker hinzugeben bis er mir schmeckt und das dann auf mein Gesamtvolumen im Ballon hochrechnen. Macht ihr das auch so? Ich denke das ist sicherlich die sauberste Methode, zugegeben habe ich daran bisher gar nicht gedacht, erst beim Verfassen dieses Threads :D. Zudem muss ich sagen, dass ich aber auch ein fauler Hund bin und mir das dafür zu viel Aufwand wäre :D :D.

Gut, dieses problem hat man wahrscheinlich weniger, wenn man den Wein filtert. Da kann ich ja die Restsüße vor dem Sterilfiltern einstellen, und da wird man keine Grobhefe mehr drin haben, die diesen typischen Geschmack mit sich trinkt.
Markus_K
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Re: Richtige Praxis beim Nachzuckern

Beitrag von Markus_K »

Hi Rifunger,

Da ich mittlerweile alle Weine sterilfiltere, stelle ich die Restsüße nach dem Grobfiltern (ohne Hefe) ein.
Trotzdem ziehe ich etwa 100ml in ein Glas ab, schlage mit dem Milchaufschäumer das CO2 aus und verwende diese Probe für alle Messungen und auch das Einstellen der Restsüße.

- Ein paar Milliliter gehen in das Vinometer

- 10ml in das Acidometer
(kann man machen, wenn man es genau wissen will, muss man aber nicht, wenn man die Säure am Anfang eingestellt hat ändert sich durch das Nachzuckern nur unwesentlich etwas)

- merere (etwa 3-4 Stk.) 10ml Proben entnehme ich in jeweils ein extra Glas und gebe unterschiedliche Zuckermengen zu (zum Auflösen... Milchaufschäumer)

Die Probe, die mir am besten schmeckt rechne ich auf den Ansatz hoch, löse den Zucker in etwas Wein im Messbecher vor und gebe das dann zum Ansatz dazu.


Bei der Nachzuckermethode würde ich gegen Ende so ähnlich vorgehen und dafür, wie du schon meintest, eine Probe mit wenig Trübstoffen ziehen.
Nach dem Nachzuckern möchtest du natürlich alle Hefe wieder aufgeschüttelt haben. Am besten schwefelst du dann auch nicht gleich, sondern beobachtest weiter, ob die Restsüße stabil bleibt.


Tip am Rande: Diese kleinen Mengen lassen sich super mit Einwegspritzen abmessen, hab ich hier mal irgendwo gelesen und hat sich bewährt.
Und ja, die Prozedur ist zeitaufwändig. Besonders wenn man mehrere Ansätze in einem Rutsch Filtert und zuvor nachzuckert kann man gleich mal ne Stunde extra einplanen.


Gruß
Markus
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Re: Richtige Praxis beim Nachzuckern

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Viele Wege führen nach Rom ;) So mache ich es:
stabile Restsüße ist ein wichtiges Kriterium, um das Gärende zu erkennen. Aber eine zu hohe Restsüße wirkt der Klärung entgegen, deshalb lasse ich den Wein so wie erst bis unmittelbar vor der Flaschenabfüllung: Erst dann stelle ich die Restsüße ein. Das hat zudem den Vorteil, dass Trübstoffe den Geschmack ja noch beeinflussen können. So beurteile ich ehrlich das, was in die Flasche kommt.
Also ggf. nochmals abziehen oder filtern, dann ab in einen Gäreimer damit. Dort gebe ich dann nach und nach Zucker dazu bis es passt. Da hilft freilich auch die Erfahrung, nicht versehentlich zu überzuckern. Ein guter Startpunkt ist beispielsweise 3 g/l. Die Methode mit dem Glas ist natürlich für den Anfänger sicherer.
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(Too much coffee man)

The amount of energy needed to refute bullshit is an order of magnitude bigger than to produce it.
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