Weinsäure im Apfelwein

Roland
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Weinsäure im Apfelwein

Beitrag von Roland »

Hallo liebe Winzer!

Ich habe den Keller voller Apfelwein und bin der Meinung, daß er um einiges zu sauer ist. Gemessen habe ich bisher noch nicht, aber meine Frage ist auch eher theoretischer Natur:

Laut dem Kapitel "Die Säure" läßt sich mit CaCO3 nur die Weinsäure ausfällen, die Äpfelsäure aber nur mit der Doppelsalzfällung (soweit richtig?).
Da Äpfel meines Wissens gar keine Weinsäure enthalten, frage ich mich, was eigentlich ausfällt, wenn ich Apfelwein mit CaCO3 versetze, wie es wohl einige hier im Forum machen.
Oder enthält Apfelwein etwa doch Weinsäure? Wenn mir dann noch jemand das ungefähre Verhältnis zwischen Wein- und Äpfelsäure sagen könnte, wäre ich vollends glücklich ;)

Grüße aus dem Keller,

Roland
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fibroin
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Weinsäure im Apfelwein

Beitrag von fibroin »

Hallo Roland,

Willkommen im Forun!
Ich habe zwar noch nicht gehört, dass Apfelwein entsäuert werden soll, aber warum kann das nicht gehen? Zuerst, ich würde die Säure messen, bevor du dich an die Entsäuerung gibst. Schließlich muß berechnet werden, wieviel Kalk nötig ist, das geht nicht so Pi mal Daumen.

Dann gehe ich davon aus, dass im Apfelsaft im wesentlichen Apfelsäure ist und wenig bis kaum Weinsäure. Die Apfelsäure geht nun mal nur durch Doppelsalzfällung weg. Der Vorgang und die Berechnung steht in der Homepage Fruchtweinkeller. Dabei benötigst du eine Filteranlage, um den Kalk nach getaner Reaktion wieder zu entfernen.

So, jetzt weißt du ungefähr, was auf dich zukommt. Das habe ich im Vorjahr das erste mal gemacht. Ist ne schöne Sauerrei. Und der Kalk nimmt auch noch einiges von der Fruchtigkeit des Weines mit. Dafür ist die Säure von 15 g/l auf 8 g/l gesunken.

Hoffentlich ist diese Nachricht erschöpfend genug, ob sie dich gücklich macht, entschede selbst. 8-)
Wenn du dich wohlfühlst, mache dir keine Sorgen. Das geht wieder vorbei.
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Fruchtweinkeller
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Weinsäure im Apfelwein

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Soweit mir bekannt ist enthalten Äfpel keine Weinsäure (ich bin mir recht sicher und glaube, das steht auch im Kitzinger und in anderen Büchern, an die komme ich aber gerade nicht heran). Bei Zugabe von CaCO3 wird die Säure natürlich entsprechend der zugegebenen Menge neutralisiert, fällt aber eben nicht aus. Dieser Überschuß an nicht-ausgefallener Säure plus gelösten Calcium kann zu einem herb-bitteren Beigeschmack führen. Da das CaCO3 nicht so gut löslich ist sieht die Chose aber immer recht trübe und eklig aus.

Die Apfelsäure schmeckt-fruchtig frisch und nach Apfel und ist einer der wesentlichen Geschmacksträger im Apfelwein. Sollte er Dir subjektiv zu sauer sein würde ich einfach nachzuckern, bis der Geschmack stimmt (siehe auch das Harmoniedreieck zu Beginn des Kapitels "Analytik" ;) .
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Roland
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Weinsäure im Apfelwein

Beitrag von Roland »

Danke für die schnellen Antworten, vor allem für den Hinweis mit der Äpfelsäure als Geschmacksträger!
Nachzuckern kommt nicht in Frage, da der Apfelwein hauptsächlich von Diabetikern getrunken wird, die noch dazu auf Trockene stehen.
Ich ich werde es mal folgendermaßen versuchen (natürlich erst testweise mit einer "kleineren" Menge): Zugabe von so viel Weinsäure, wie Äpfelsäure raus soll und dann ganz normal Doppelsalzfällung und filtern. So müsste der "Kalkgeschmack" theoretisch ausbleiben...

PS: Kennt ihr eigentlich noch das PC-Spiel "Winzer"? ;)
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Weinsäure im Apfelwein

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Nee, kenne ich nicht. Habe früher mal viele Nächte vor dem Compi verdaddelt (vor allem mit CivII), hab aber keine Zeit mehr für sowas...

Aber mal zurück zum Fruchtwein :D Ich glaube nicht, dass die Zugabe von Weinsäure Sinn macht. Anschließend wirst Du mit dem Kalk höchstens die Weinsäure wieder ausfällen, zurück bleibt also ein Wein ohne Weinsäure mit Calciumoxalatschmock am Boden. Was hast Du damit gewonnen? Die Apfelsäure ist und bleibt im Wein gelöst.
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Weinsäure im Apfelwein

Beitrag von Roland »

Ja, das waren noch Zeiten, als man noch genug Zeit zum Computerspielen hatte...

Zur Weinsäure: So wie ich die Chemie der Doppelsalzfällung verstanden habe, _muß_ Weinsäure vorhanden sein, damit das Doppelsalz gebildet wird:

Tartrat(-)
|
Ca(2+)
|
Malat(-)

(Das soll das Doppelsalz darstellen)
Lynx
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Weinsäure im Apfelwein

Beitrag von Lynx »

Außerdem benötigt man für eine Doppelsalzfällung einen ganz speziellen Kalk, der normale Weinentsäuerungskalk funktioniert nicht. Des Weiteren: "Reinschütten" hilf nicht, da sich die besagten Doppelsalzkristalle nur bilden, wenn man den Wein in kleinen Mengen in einen zubereiteten Kalkteig gibt. Der Kalkteig bildet dann
Keim-Doppelsalzkristalle, die die weitere Kristallbildung im nach und nach zugegebenen Wein anregen. Das Ganze funktioniert nur mit einem guten Misch/Rührwerk und nur bei pH-Werten über 4,5 wobei letzteres wohl das geringste Problem sein dürfte. Und nicht zu vergessen sollte der Wein-Ansatz noch nicht geschwefelt sein, weil durch die Entsäuerung auch ein Teil der Schwefelung entfernt wird. Und den genauen Gehalt an Schwefel festzustellen bedarf mindestens eines Testkits für SO2. Nach dieser Entsäuerung kann in der Folgezeit immernoch Trub ausfallen.

Ich denke du solltest mit der Säure leben :D :D :D

Gruß

Lynx
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Weinsäure im Apfelwein

Beitrag von Fruchtweinkeller »

Habe mal gelesen, der Kalk für die Doppelsalzfällung müsse eine geringe Menge Calcium-Malat-Salzes enthalten, eben zur Bildung von Kristallisationskeimen. Ständige pH-Kontrolle und starke Rühren ist sinnvoll. Sofortige Filtration wird ebenfalls angeraten, weil der entsäurte Teil des Weins chemisch und mikrobiell instabil/gefährdet ist. Das ist wirklich nichts für den Hobbywinzer...
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Weinsäure im Apfelwein

Beitrag von Birgit »

@Roland

Warum stellst Du die Restsüße nicht mit einem für Diabetiker unbedenklichen Zucker oder Süßstoff ein?

Gruß Birgit
Aus dem Feuerquell des Weines, aus dem Zaubergrund des Bechers,
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nach dem eig'nen Wert des Zechers, nach des Trinkenden Begabung! (Friedrich von Bodenstedt)

Sorry, aber ich antworte nicht auf PMs, die inhaltlich ins Forum gehören!

Roland
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Weinsäure im Apfelwein

Beitrag von Roland »

Hallo zusammen!

Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr tendiere ich dazu das ganze bleibenzulassen. Auf jeden Fall habt ihr mir sehr interessante Infos (Apfel: keine Weinsäure, Spezialkalk...) gegeben. Danke dafür!
@Birgit: Von "für Diabetiker unbedenklichen Zuckern" halte ich nicht besonders viel (falls du damit Fructose meinst), da das mit der Unbedenklichkeit in der Praxis ein bisschen anders aussieht (z.B. mein Vater bekommt davon ziemliche Probleme mit der Verdauung). Süßstoff mag ich überhaupt nicht, das kann aber auch daran liegen, daß ich die Tabletten als Kind pur gefuttert habe ?-| . Mit Sorbit habe ich keine Erfahrung. Außerdem sind wir Schwaben halt trocken-Fans, was aber nicht auf alle Schwaben zutreffen muß (bevor mich hier jemand lynchen will ;) ).
Ich werde jetzt einfach mal abwarten, wie sich der Apfelwein noch im Geschmack entwickelt, und dann evtl. für mich und andere nicht-Diabetiker noch mit verschiedenen Zuckermengen experimentieren.

Nochmal danke an alle!

Gruß,

Roland
Birgit
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Weinsäure im Apfelwein

Beitrag von Birgit »

Hallo,

mein Vater ist Typ II Diabetiker mit Insulin eingestellt, also ist die Fructoseproblematik für mich auch nichts neues :| Er trinkt allerdings regelmäßig unseren Fruchtwein, bei dem wir mit Haushaltszucker die Restsüße eingestellen ( der Arzt ist informiert). Der Weingenuß hat auf seinen Zuckerspiegel kaum Einfluß (bevor jetzt jemand aufschreit, das scheint individuell verschieden zu sein).

Wenn Du ausschließlich die Restsüße mit Fructose einstellst solltest Du die abführende Wirkung umgehen können.

Gruß Birgit
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sigi
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Weinsäure im Apfelwein

Beitrag von sigi »

Hallo Roland,

bin selbst Schwabe, deshalb folgende Frage:

Geht es bei Deinem Apfelwein um schwäbischen Apfelmost ( Moscht ) ?

Alldieweil:
Mein Moscht wird nicht gezuckert, der Apfelsaft vergärt so wie er vom Küfer kommt, mit den wilden Hefen. Der wird nie süss. Den würde ich auch nie aufzuckern oder entsäuern, obwohl er schon schön "räs" schmeckt.

Gruss... Sigi


Schwäbisches Fünfgängemenü: Ein Zwiebelrostbraten und vier Viertele Trollinger

Der wo koin Wei mog und koin Gsang ond koine luschtige Weiber, der wird nie a Jäger, der bleibt emmer a Treiber

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